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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Hochzeitsnacht nicht neben unserem Bett stand und mir erklärt hat, wie ich mit ihr zu vögeln habe!« Als er daran zurückdachte, musste er lächeln. »Das war, als Heidi und ich noch zusammen über so was lachen konnten. Sie konnte wirklich komisch sein und ganz schön versaut, bevor sie diesen Jesusfimmel entwickelt hat. Bevor die Welt ihr die Schläuche in den Körper gesteckt und alles Blut abgezapft hat. Ich wünsche mir nichts so sehr, wie sie einfach sitzen zu lassen, aber sie hat doch sonst niemanden … außer Jesus vermutlich.«
    »Ganz so sicher wäre ich mir da nicht«, sagte Ig und atmete hörbar aus. Dabei musste er daran denken, wie Heidi Williams alle Bilder von Merrin abgehängt und versucht hatte, das Andenken ihrer Tochter dem Staub und der Finsternis anheimzugeben. »Sie sollten mal bei ihr vorbeischauen, wenn sie morgens für Father Mould in der Kirche arbeitet. Ganz überraschend. Sie werden möglicherweise feststellen, dass ihr Verhältnis zu Father Mould … intimer ist, als Sie dachten.«
    Dale warf ihm einen fragenden Blick zu, aber Ig verzog keine Miene und schwieg. Schließlich schenkte Dale ihm ein schwaches Lächeln und sagte: »Du hättest dir schon vor Jahren den Kopf rasieren sollen, Ig. Sieht gut aus. Ich wollte das auch immer mal probieren, aber Heidi hat gesagt, wenn ich das mache, lässt sie sich scheiden. Ich durfte mir nicht einmal den Kopf rasieren, um Regan beizustehen, nachdem
sie eine Chemo hatte. Manche Familien machen das. Um zu zeigen, dass sie das gemeinsam durchstehen wollen. Bei uns war das nicht drin.« Er runzelte die Stirn. »Wir sind wir jetzt darauf gekommen? Worüber haben wir gerade gesprochen?«
    »Wie Sie aufs College gegangen sind.«
    »Ja. Richtig. Mein Vater hat mir nicht erlaubt, das Theologieseminar zu belegen, das ich unbedingt besuchen wollte, aber er konnte mich nicht daran hindern, ab und an hinzugehen. An die Dozentin kann ich mich noch gut erinnern - eine Schwarze, Professor Tandy. Sie sagte, dass Satan in vielen Religionen aufseiten des Guten steht. Oft ist er derjenige, dem es gelingt, die Fruchtbarkeitsgöttin ins Bett zu kriegen, und nachdem sie ein wenig rumgemacht haben, erschaffen sie die Welt. Oder lassen die Ernte wachsen. So was halt. Er taucht in den Geschichten auf, um die Unwürdigen hereinzulegen oder sie in Versuchung zu führen - oder ihnen wenigstens den Schnaps wegzutrinken. Nicht einmal die Christen wissen so recht, was sie mit ihm anfangen sollen. Ich meine, überleg doch mal. Er und Gott führen angeblich Krieg miteinander. Aber wenn Gott die Sünde hasst und Satan die Sünder bestraft, arbeiten sie dann nicht für dieselbe Seite? Gehören Richter und Henker nicht demselben Team an? Die Romantiker. Die Romantiker mochten Satan, glaube ich. Warum, weiß ich nicht mehr genau. Vielleicht wegen dem tollen Bart oder weil er hinter den Weibern her war und wusste, wie man ordentlich feiert. Die mochten Satan doch, oder täusche ich mich?«
    »Keep on whispering in my ear«, flüsterte Ig. »Tell me all the things I wanna hear.«
    Dale musste wieder lachen. »Nein. Nicht die Romantiker.«
    »Das sind die Einzigen, die ich kenne«, sagte Ig.
    Dann ging er hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.

KAPITEL 43
    Ig saß am Boden des Kamins in einem nachmittäglich heißen Lichtkreis und hielt sich das glänzende Mammogramm von Merrins Brust über den Kopf. Von hinten angestrahlt, sah das Gewebe darin aus wie eine schwarze Sonne, die sich in eine Nova verwandelt hatte - der Weltuntergang vor einem Himmel aus Sackleinen. Der Teufel wandte sich seiner Bibel zu - nicht dem Alten Testament oder dem Neuen, sondern dem hinteren Vorsatz, auf den er vor Jahren aus dem Lexikon seines Bruders das Morse-Alphabet abgeschrieben hatte. Noch bevor er die Blätter in dem Umschlag entziffert hatte, wusste er, dass sie ein Testament von ganz anderer Art waren. Merrins Vermächtnis.
    Er fing mit den Punkten und Strichen auf der Vorderseite des Umschlags an, einer recht einfachen Buchstabenfolge. VERPISS DICH, IG, stand da.
    Er lachte - ein schmutziges, krampfhaftes Krächzen wie von einem spottenden Raben.
    Dann zog er die beiden Blätter Notizpapier heraus, die auf beiden Seiten mit Punkten und Strichen bedeckt waren, die Arbeit von Monaten, eines ganzen Sommers. Mit der Bibel auf dem Schoß machte sich Ig an die Entzifferung, wobei er gelegentlich mit dem Kreuz an seinem Hals spielte - Merrins Kreuz. Er hatte es sich, nachdem er Dale allein
gelassen

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