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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug
Autoren: Joe Hill
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weiß«, sagte Ig. In einem früheren Leben waren Lee und Ig Freunde gewesen, aber das war längst vorbei. Es war zusammen mit Merrin gestorben. Wenn man unter dem Verdacht steht, ein Vergewaltiger und Mörder zu sein, ist es schwer, alte Freundschaften aufrechtzuerhalten.
    »Gestern Abend im Station House saß er hinten in einer Nische, und nachdem du verschwunden bist, hat er mir einen Drink spendiert. Ich hab schon ewig nicht mehr mit ihm gequatscht. Ich hatte ganz vergessen, wie gut man mit ihm reden kann. Du kennst Lee, der kommt mit jedem klar. Er war wirklich nett zu mir. Und nachdem du schon eine ganze Weile weg warst, hat er vorgeschlagen, auf dem Parkplatz nach dir suchen, und wenn du fort wärst, würde er mich nach Hause fahren. Aber dann waren wir draußen und haben angefangen, heftig rumzuknutschen, wie früher. Und da konnte ich mich einfach nicht bremsen und hab ihm einen geblasen, obwohl da ein paar Typen rumhingen und zugeschaut haben. So was Verrücktes hab ich zuletzt mit neunzehn gemacht, und da war ich auf Speed.«
    Ig brauchte Hilfe. Er musste raus hier. Die Luft war stickig, und seine Lunge verkrampfte sich immer mehr.
    Glenna beugte sich wieder über die Schachtel mit den Donuts, ihre Miene gelassen, als hätte sie ihm gerade gesagt, dass ihnen die Milch ausgegangen sei oder dass es kein warmes Wasser mehr gebe.
    »Meinst du, es wäre okay, wenn ich noch einen esse?«, fragte sie. »Meinem Magen geht es schon wieder besser.«
    »Mach, was du willst.«

    Sie drehte den Kopf und starrte ihn an. Ihre Augen leuchteten vor unnatürlicher Erregung. »Wirklich?«
    »Ist mir scheißegal«, sagte er. »Hau rein.«
    Sie lächelte, und auf ihren Wangen bildeten sich Grübchen. Dann beugte sie sich über den Tisch, nahm die Schachtel in die Hand und vergrub ihr Gesicht zwischen den Donuts. Sie schmatzte geräuschvoll und atmete schwer. Erneut musste sie würgen, ihre Schultern zuckten, aber sie aß weiter und schob sich mit der freien Hand noch mehr Donutstücke in den Mund, obwohl ihre Backen bereits dick und voll waren. Eine Fliege surrte aufgeregt um ihren Kopf herum.
    Ig schob sich in Richtung Tür an der Couch vorbei. Glenna setzte sich auf, schnappte nach Luft, rollte die Augen und starrte ihn an. In ihrem Blick lag Panik. Ihre Wangen und der verschmierte Mund waren mit Zucker bedeckt.
    »Mm«, stöhnte sie. »Mmm.« Ob aus Wollust oder Verzweiflung hätte er nicht sagen können.
    Die Fliege landete auf ihrem Mundwinkel. In einem Moment sah er sie noch - im nächsten schoss Glennas Zunge hervor, während sie gleichzeitig die hohle Hand darüberlegte. Als sie ihre Hand wegnahm, war die Fliege fort. Ihre Kiefer zermalmten alles, was sie im Mund hatte, zu Brei.
    Ig öffnete die Tür und glitt hinaus. Als er sie hinter sich schloss, sah er noch, wie sich Glenna von Neuem kopfüber in die Schachtel stürzte … eine Taucherin, die ihre Lunge mit Luft gefüllt hatte und sich nun in die Fluten fallen ließ.

KAPITEL 3
    Er fuhr zur Modern Medical Practice Clinic, wo man auch unangemeldet behandelt wurde. Das winzige Wartezimmer war fast voll, die Luft schlecht, und ein Kind heulte. Das kleine Mädchen lag in der Mitte des Zimmers auf dem Boden und schluchzte und schrie, wenn sie nicht gerade nach Luft schnappte. Ihre Mutter saß, über sie gebeugt, auf einem Stuhl an der Wand und zischte ihr zornig eine ununterbrochene Folge von Drohungen, Verwünschungen und Sprüchen von der Sorte Wenn-du-jetzt-nicht-aufhörst-setzt-eswas zu. Einmal versuchte sie ihre Tochter am Fußgelenk zu packen, aber das kleine Mädchen trat mit ihren schwarzen Schnallenschuhen wild um sich.
    Die anderen Leute im Wartezimmer gaben sich die größte Mühe, das Theater zu ignorieren, und starrten ausdruckslos in Zeitschriften oder auf den Fernseher in der Ecke. Auch hier lief »Mein bester Freund ist ein Soziopath!«, wenn auch ohne Ton. Nicht wenige blickten auf, als Ig eintrat, manche davon hoffnungsvoll, vielleicht von der Vorstellung beseelt, der Vater des kleinen Mädchens könnte gekommen sein, um sie mit hinauszunehmen und ihr ordentlich den Hintern zu versohlen. Doch sobald sie ihn sahen, senkten sie wieder den Blick - sie hatten sofort begriffen, dass er keine Hilfe sein würde.

    Ig wünschte sich, er hätte einen Hut aufgesetzt. Er legte eine Hand vor die Stirn, wie um die Augen abzuschirmen. Dabei wollte er nur die Hörner verbergen. Falls irgendjemandem etwas auffiel, ließ er es sich jedoch nicht anmerken.
    Am hinteren
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