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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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zurückgeprügelt, und bekommen hatte er dafür nichts. Ein paar CDs für hundert Dollar war nichts. Nichts.
    »Du kannst sie behalten«, sagte Ig.
    Lee schaute ihn verwirrt an. »Für die Zeitschriften? Die musst du bar bezahlen.«
    »Nein. Nicht für die Zeitschriften.«
    »Wofür dann?«
    »Dafür, dass du mich nicht im Stich gelassen hast.«
    Lee betrachtete den Stapel CDs und legte zögernd die Hand darauf.
    »Vielen Dank«, sagte er. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Außer dass du wahrscheinlich verrückt bist. Und dass das nicht nötig ist.«
    Ig öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder - seine Gefühle gingen wild durcheinander, und was er für Lee Tourneau empfand, konnte er nicht in Worte fassen. Lee sah ihn wieder kurz verdutzt an und wandte dann schnell den Blick ab.
    »Spielst du auch wie dein Dad?«, fragte Lee und nahm Igs Trompete aus dem Koffer.
    »Mein Bruder spielt. Ich weiß, wie es geht, spiele aber eigentlich nicht.«
    »Warum nicht.«
    »Ich kann nicht atmen.«
    Lee runzelte die Stirn.

    »Ich meine, ich habe Asthma. Mir geht die Luft aus, wenn ich versuche zu spielen.«
    »Dann wirst du wohl nie berühmt.« Er sagte es nicht unfreundlich. Es war nur eine Feststellung.
    »Mein Dad ist nicht berühmt. Mein Dad spielt Jazz. Wenn man Jazz spielt, kann man nicht berühmt werden.« Nicht mehr jedenfalls, fügte Ig im Stillen hinzu.
    »Ich habe noch nie eine Platte von deinem Dad gehört. Mit Jazz kenne ich mich nicht aus. Das sind doch die Sachen, die in den alten Gangsterfilmen immer im Hintergrund laufen, oder?«
    »Meistens.«
    »Das würde mir bestimmt gefallen. Musik zu einer Szene mit Gangstern und diesen Mädchen in kurzen, glatten Röcken. Flapper.«
    »Genau.«
    »Und dann kommen die Killer mit den Maschinenpistolen hereinspaziert«, sagte Lee, und zum ersten Mal, seit Ig ihn kannte, schien er sich für etwas zu begeistern. »Killer mit Filzhüten. Und sie ballern wild in der Gegend rum. Champagnergläser zerspringen, und ein paar reiche Leute und alte Mafiosi fallen tot um.« Während er das sagte, tat er so, als hielte er eine MP in Händen. »Ich glaube, die Musik gefällt mir. Musik, zu der Leute gekillt werden.«
    »So Sachen hab ich auch. Warte mal.« Ig zog eine CD von Glenn Miller und eine von Louis Armstrong heraus. Er legte sie zu den Beatles. Und dann, weil Armstrong unter AC/DC einsortiert war, fragte er: »Hat dir Back in Black gefallen?«
    »Ist das ein Album?«
    Ig schnappte sich Back in Black und legte es auf Lees Stapel, der immer größer wurde. »Da ist ein Stück drauf,
das heißt ›Shoot to Thrill‹. Passt super zu Schießereien und wenn man irgendwas kaputt macht.«
    Lee hatte sich inzwischen über den offenen Instrumentenkoffer gebeugt und betrachtete Igs andere Schätze - und strich über das Kruzifix an dem Goldkettchen, das der Rothaarigen gehörte. Ig sah es überhaupt nicht gern, wie er es anfasste, und am liebsten hätte er den Instrumentenkoffer zugeknallt … auf Lees Finger, wenn er seine Hand nicht schnell genug wegzog. Ig konnte sich gerade noch beherrschen. Er war von sich enttäuscht, dass er so etwas empfand. Lee sah aus wie ein Kind, das bei einer Überschwemmung obdachlos geworden war. Ihm tropfte noch immer kaltes Wasser von der Nase, und Ig bereute es, dass sie nicht in der Küche vorbeigeschaut hatten, um sich Kakao zu machen. Er hätte Lee gern eine Tasse heiße Suppe angeboten und etwas Toast mit Butter. Es gab eine Menge Sachen, die Lee gern von ihm haben konnte. Das Kreuz gehörte nicht dazu.
    Er ging in aller Ruhe zum Bett hinüber, nahm das Bündel Geldscheine heraus und drehte die Schulter so, dass Lee sich aufrichten und die Hand von dem Kreuz nehmen musste. Ig zählte einen Fünfdollarschein und zehn Eindollarscheine ab. Ihm blieben noch rund sechs Dollar.
    »Für die Zeitschriften«, sagte er.
    Lee faltete das Geld zusammen und steckte es ein. »Magst du Fotzenbilder?«
    »Fotzen?«
    »Mösen.« Er sagte es ohne jede Verlegenheit - ebenso gut hätten sie immer noch über Musik reden können.
    Ig hatte irgendwie den Übergang verpasst. »Klar. Wer nicht?«
    »Mein Lieferant hat alle möglichen Zeitschriften. In seinem Lager hab ich ein paar echt merkwürdige Sachen gesehen.
Du würdest ganz schön staunen. In einer Zeitschrift geht es nur um schwangere Frauen.«
    »Igitt!«, rief Ig ebenso begeistert wie angewidert aus.
    »Wir leben in traurigen Zeiten«, sagte Lee, ohne dass es missbilligend geklungen hätte. »In einer geht es

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