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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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geben, damit ich es zurückbekomme. Und ich hab ihm die Kirschbombe dafür gegeben.«
    Sie runzelte die Stirn. »Und?«
    Er starrte sie hilflos an und hoffte inständig, dass sie endlich begreifen würde, aber sie begriff nichts, also sagte er: »Er wollte es nur behalten, damit er einen Grund hatte, dich anzusprechen.«
    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis es ihr dämmerte. Sie lächelte nicht.
    »Du hast gedacht …« Sie verstummte wieder und starrte ihn mit einem durchdringenden Blick lange an. Ig hatte das Gefühl, als würden seine Eier einschrumpeln. »Du meinst, du hast mich eingetauscht? Ig, glaubst du denn wirklich, dass das so gelaufen ist? Und glaubst du, wenn er mir das Kreuz zurückgegeben hätte und nicht du, dass Lee und ich dann…« Aber sie sprach es nicht aus, denn dann hätte sie zugeben müssen, dass Ig und sie jetzt zusammen waren, etwas, worüber sie sich stillschweigend einig waren, was sie jedoch nicht laut auszusprechen wagten. Sie nahm einen dritten Anlauf. »Ig. Ich hab es für dich auf der Bank liegen lassen.«
    »Du hast … was?«

    »Ich hab mich gelangweilt. Ich hab mich ganz schrecklich gelangweilt. Und ich hab mir vorgestellt, dass ich noch hundertmal morgens in der Kirche sitzen und in der Sonne braten würde, während Father Mould mir etwas von meinen angeblichen Sünden vorschwallt. Ich habe unbedingt etwas gebraucht, auf das ich mich freuen konnte. Irgendeinen Grund, um dorthinzugehen. Ich wollte nicht nur zuhören, wie jemand was über Sünden erzählt. Ich wollte selbst sündigen. Und dann habe ich dich gesehen. Wie ein kleiner Spießer hast du dem Father an den Lippen gehangen, als wäre das alles wahnsinnig spannend, und da wusste ich, Ig, da wusste ich einfach, dass es ein Riesenspaß sein würde, dir den Kopf zu verdrehen.«
     
    Schließlich ging Ig doch allein zu Lee. Als er und Merrin wieder ins Gemeindezentrum zurückwollten, um Pizzaschachteln und leere Limonadeflaschen wegzuräumen, ertönte ein Donnerschlag, der zehn Sekunden andauerte, ein tiefes, gleichmäßiges Grollen, das sie mehr fühlten als hörten. Sämtliche Knochen in Igs Leib vibrierten wie eine Stimmgabel. Fünf Minuten später prasselte der Regen so laut auf das Dach, dass er schreien musste, damit Merrin ihn verstand, obwohl sie direkt neben ihm stand. Es war so dunkel, und das Wasser kam mit einer solchen Wucht herunter, dass sie vom Eingang des Gemeindezentrums aus kaum den Bordstein sehen konnten. Sie hatten überlegt, zu Lee zu radeln, aber dann tauchte Merrins Vater mit seinem Kombi auf, und sie hatten keine Gelegenheit mehr, zusammen irgendwohin zu gehen.
    Terry hatte zwei Tage zuvor den Führerschein gemacht - er hatte die Prüfung im ersten Anlauf bestanden -, deshalb konnte er Ig am nächsten Tag nach Harmon Gates fahren.
Der Sturm hatte Bäume gespalten und Telefonmasten aus der Erde gedreht; ständig musste Terry mit dem Jaguar abgebrochenen Ästen und umgestürzten Briefkästen ausweichen. Fast hätte man meinen können, eine unterirdische Explosion, eine gewaltige Detonation hätte die ganze Stadt erschüttert und überall Trümmer zurückgelassen.
    Der Vorort Harmon Gates war ein Gewirr aus Straßen und zitrusfarbenen Häusern mit Doppelgaragen und hin und wieder einem Swimmingpool im Garten. Lees Mutter, die Krankenschwester, eine Frau Mitte fünfzig, war vor ihrem im Queen-Ann-Stil erbauten Haus damit beschäftigt, Äste von ihrem Cadillac zu zerren und hatte die Lippen wütend aufeinandergepresst. Terry ließ Ig aussteigen und sagte, er solle anrufen, wenn er wieder abgeholt werden wollte.
    Lee hatte sein Zimmer im ausgebauten Untergeschoss. Seine Mutter brachte Ig hinunter und öffnete die Tür zu einer düsteren großen Höhle, die nur vom bläulichen Glimmen des Fernsehers erleuchtet wurde. »Du hast Besuch«, sagte sie tonlos.
    Sie wartete, bis Ig an ihr vorbeigegangen war, und schloss dann die Tür hinter ihm.
    Lee saß ohne Hemd auf dem Rand seines Bettes und hielt das Gestell umklammert. Auf der Mattscheibe lief ohne Ton eine Wiederholung von Benson . Sein linkes Auge war von einem Verband bedeckt, der ihm um den ganzen Kopf gewickelt war. Die Jalousie war heruntergelassen. Lee schaute weder Ig an noch den Fernseher; er hatte den Blick gesenkt.
    »Ziemlich dunkel hier drin«, sagte Ig.
    »Vom Sonnenlicht krieg ich Kopfschmerzen«, erwiderte Lee.
    »Wie geht’s deinem Auge?«

    »Das wissen die Ärzte nicht.«
    »Besteht die Möglichkeit…«
    »Sie meinen, ich werd nicht

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