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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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hier aufgewachsen, ihre ganzen Verwandten leben hier. Bei uns zu Hause hat es sich irgendwie nicht mehr richtig angefühlt. Ohne Regan.«
    Regan war im Alter von zwanzig Jahren an einer seltenen und äußerst aggressiven Form von Brustkrebs gestorben. Er hatte nur vier Monate gebraucht, sie umzubringen.
    »Muss schrecklich gewesen sein«, murmelte Ig, was ein bescheuerter Allgemeinplatz war, aber etwas anderes traute er sich nicht zu sagen. »Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn Terry tot wäre. Er ist mein bester Freund.«
    »Das dachte ich von Regan und mir auch.« Sie waren in Merrins Zimmer; sie hatte ihm den Rücken zugewandt, hielt den Kopf gesenkt und bürstete ihr Haar. Ohne ihn anzuschauen, fuhr sie fort: »Aber als sie krank war, hat sie ein paar Sachen gesagt - wirklich gemeine Sachen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie so über mich denkt. Als sie starb, hatte ich das Gefühl, sie gar nicht richtig gekannt zu haben. Dabei bin ich im Vergleich zu meinen Eltern noch gut weggekommen. Ich glaube nicht, dass ich ihr jemals verzeihen kann, was sie meinem Dad an den Kopf geworfen hat.« Sie sagte das in einem beiläufigen Ton, als würden sie etwas besprechen, was nicht weiter von Bedeutung war, und dann schwieg sie.
    Es sollten Jahre vergehen, bevor sie wieder über Regan sprachen. Als Merrin ihm jedoch ein paar Tage später sagte, sie wolle Ärztin werden, brauchte er sie nicht zu fragen, auf was sie sich spezialisieren wollte.
    Am letzten Augusttag halfen Ig und Merrin bei der Blutspendeaktion, die im Gemeindezentrum gegenüber der Kirche stattfand. Sie verteilten Gebäck und Pappbecher mit
Limonade. Ein paar Deckenventilatoren rührten träge in der stickigen Luft herum, und Ig und Merrin tranken ebenso viel Limonade, wie sie ausgaben. Ig hatte sich gerade dazu durchgerungen, sie zu fragen, ob sie nicht mal zum Schwimmen zu ihm kommen wolle, als Terry hereinkam.
    Er blieb auf der anderen Seite des Raums stehen und suchte nach Ig. Ig hob die Hand, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Terry nickte unwirsch mit dem Kopf: Komm sofort her! Er wirkte steif und angespannt, als wäre etwas Schlimmes passiert. Für gewöhnlich machte Terry an freien Sommernachmittagen einen großen Bogen um jede Veranstaltung, die von der Kirche organisiert wurde. Ig war sich nur halb bewusst, dass Merrin ihm folgte, als er sich zwischen den Liegen, auf denen die Blutspender mit Kanülen im Arm lagen, hindurchschlängelte. Es roch nach Desinfektionsmittel und Blut.
    Kaum stand Ig vor seinem Bruder, packte der ihn so fest am Arm, dass es wehtat. Terry zog ihn durch die Tür ins Foyer hinaus, wo sie allein waren. Der Eingang stand weit offen, und draußen dräute der helle, heiße, tot geborene Tag.
    »Hast du es ihm gegeben?«, fragte Terry. »Hast du ihm das Ding gegeben?«
    Ig musste nicht fragen, was er meinte. Terrys Stimme, die dünn und schroff klang, machte ihm Angst. Panik stieg in ihm auf und drückte ihm die Brust zusammen.
    »Ist mit Lee alles in Ordnung?«, fragte er. Es war Sonntagnachmittag. Gestern war Lee auf die Party bei Gary gegangen. Erst jetzt wurde Ig bewusst, dass er Lee heute Morgen gar nicht in der Kirche gesehen hatte.
    »Er und ein paar andere Witzbolde haben die Kirschbombe an die Windschutzscheibe von einem verschrotteten
Wagen geklebt und sind weggerannt. Aber sie ist nicht gleich explodiert, und Lee hat gedacht, die Zündschnur ist bloß ausgegangen. Kommt ja mal vor. Er ist zurückgelaufen, um nachzuschauen, und da ist die Scheibe explodiert. Ig. Sie haben ihm einen gottverdammten Splitter aus dem linken Auge gezogen! Es heißt, er kann von Glück reden, dass er nicht bis zum Gehirn vorgedrungen ist.«
    Ig hätte am liebsten losgeschrien, aber in seiner Brust krampfte sich alles zusammen. Seine Lunge war taub geworden, als hätte ihm jemand eine Dosis Novocain gespritzt. Er bekam nicht den leisesten Ton heraus.
    »Ig«, sagte Merrin. »Wo ist dein Inhalator?« Ihre Stimme klang völlig ruhig. Sie wusste über sein Asthma Bescheid.
    Er mühte sich, den Inhalator aus der Tasche zu ziehen, und ließ ihn prompt fallen. Merrin hob ihn auf, und er steckte ihn sich in den Mund und atmete das lindernde Spray ein.
    »Hör zu, Ig«, sagte Terry. »Es geht nicht nur um sein Auge. Er steckt bis zum Hals in der Scheiße. Ich hab gehört, dass nach dem Krankenwagen auch die Bullen da waren. Du weißt doch, sein Mountainboard? Wie sich herausgestellt hat, ist es gestohlen. Und seiner Freundin haben sie eine

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