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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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legte zwei Zwanziger auf den Tisch, bevor er den Ausgang ansteuerte. Während er einen Fuß vor den anderen setzte, hatte er das Gefühl, genau das Richtige zu tun. Lass sie einfach sitzen, dachte er. Als er ihr gegenübersaß, hatte er sie zwingen wollen, alles zuzugeben, um ihr möglichst wehzutun. Aber jetzt war sie fort, und er fand, dass es ein Fehler wäre, ihr die Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen. Er wollte nicht hierbleiben und zulassen, dass sie seinen Hass mit ihren Tränen abschwächte, mit ihrem Gerede über Liebe. Er wollte nicht von ihr bemitleidet werden, und er wollte sie auch nicht verstehen.

    Sie würde zurückkommen und den Tisch leer vorfinden. Seine Abwesenheit würde eine deutlichere Sprache sprechen als alles, was er in Wort fassen könnte. Es spielte keine Rolle, dass er versprochen hatte, sie nach Hause zu fahren. Schließlich war sie erwachsen und konnte sich ein Taxi nehmen. Ging es ihr nicht genau darum, wenn sie mit jemandem rumvögelte, während er in England war? Wollte sie sich nicht beweisen, dass sie unabhängig, dass sie erwachsen war?
    Noch nie in seinem Leben war er sich so sicher gewesen, dass er das Richtige tat, und je näher er dem Ausgang kam, umso lauter wurde ein Geräusch, das für ihn wie Beifall klang, wie das Stampfen von Füßen und das Klatschen von Händen. Er öffnete die Tür und blickte hinaus - es goss in Strömen.
    Bis er den Wagen erreicht hatte, war er klitschnass. Noch bevor er die Scheinwerfer anschaltete, legte er den Rückwärtsgang ein. Die Scheibenwischer zuckten rasend schnell hin und her, aber er konnte seine Umgebung trotzdem nur verschwommen erkennen. Er hörte ein Knirschen, wandte sich um und sah, dass er rückwärts gegen einen Telefonmast gefahren war.
    Ihm kam nicht einmal der Gedanke auszusteigen, um sich den Schaden anzusehen. Bevor er auf den Highway fuhr, schaute er noch einmal durch das Fenster auf der Fahrerseite, und da stand sie, keine fünf Meter von ihm entfernt, die Arme um die Brust geschlungen. Die nassen Haare klebten ihr an der Stirn. Voller Verzweiflung blickte sie über den Parkplatz zu ihm herüber, aber sie winkte ihm nicht zu, er solle anhalten und zurückkommen. Ig trat aufs Gas.
    Er starrte durch die Windschutzscheibe - die Straße raste auf ihn zu und blieb hinter ihm zurück, ein impressionistisches
Durcheinander aus Grün- und Schwarztönen. Am späten Nachmittag war die Temperatur auf 35 Grad gestiegen. Die Klimaanlage lief noch immer auf Hochtouren. Ig saß in der eisigen Zugluft und war sich nur ganz entfernt bewusst, dass er in seinen nassen Kleidern entsetzlich fror.
    Seine Gefühle fanden keinen Halt und rotierten um sich selbst. Er wollte Merrin sagen, dass er sie mit jeder Faser seines Körpers hasste, und verspürte gleich darauf einen Stich bei dem Gedanken, dass er sie im Regen hatte stehen lassen, und am liebsten wäre er umgedreht, um sie mit leiser Stimme zu bitten, zu ihm in den Wagen zu steigen. Vor seinem geistigen Auge sah er sie noch immer im Regen stehen und auf ihn warten. Er hob den Blick und schaute in den Rückspiegel, aber natürlich lag das Pit bereits eine halbe Meile hinter ihm. Stattdessen sah er einen Streifenwagen mit ausgeschaltetem Blaulicht, der ihm an der Stoßstange klebte.
    Ig warf einen Blick auf den Tacho und stellte fest, dass er fast sechzig Meilen draufhatte - vierzig waren erlaubt. Seine Oberschenkel zitterten krampfhaft. Mit rasendem Puls nahm er den Fuß vom Gas, und als er den geschlossenen Dunkin’ Donuts sah, fuhr er rechts raus.
    Der Gremlin war noch immer zu schnell, und die Reifen gruben sich in die feuchte Erde; Schottersteine stoben auf. Im Seitenspiegel sah er den Streifenwagen vorbeifahren. Nur dass es kein Streifenwagen war, sondern ein Pontiac GTO mit Gepäckträger auf dem Dach.
    Zitternd saß er hinter dem Steuer und wartete, bis sich sein Herzschlag beruhigte. Nach einer Weile gelangte er zu der Überzeugung, dass es ein Fehler wäre, bei diesem Wetter weiterzufahren, so betrunken, wie er war. Er würde warten, bis es aufgehört hatte zu regnen. Sein nächster Gedanke
war, dass Merrin versuchen würde, ihn zu Hause anzurufen, um sicherzugehen, dass er wohlbehalten dort angekommen war. Es verschaffte ihm eine gewisse Befriedigung, sich vorzustellen, wie seine Mutter sagen würde: »Nein, Merrin, er ist noch nicht hier. Ist alles in Ordnung?«
    Dann fiel ihm sein Handy ein. Merrin würde bestimmt erst versuchen, ihn darüber zu erreichen. Er zog es

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