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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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wir endlich aufhörten, danach zu suchen. Genau dass meine ich, Ig. Du und deine Scheißphantasie. Wir können nicht einfach nur vögeln. Nein, es muss eine transzendente Erfahrung sein! Das ist deprimierend, und es ist mir unheimlich, und ich bin es leid, so zu tun, als wäre es normal. Bekommst du überhaupt mit, was du da redest? Warum zum Teufel unterhalten wir uns über ein verdammtes Baumhaus?«
    »Hör bitte auf, alles in den Dreck zu ziehen.«
    »Passt dir das nicht? Darf ich nicht sagen, dass wir einfach miteinander gevögelt haben? Warum, Ig? Passt das nicht zu dem Bild, das du von mir hast? Du möchtest wohl nicht mit einem Menschen aus Fleisch und Blut zusammen sein. Du brauchst eine heilige Jungfrau, bei deren Anblick du dir einen runterholen kannst.«
    Die Kellnerin stand wieder am Tisch. »Sie haben sich wohl noch nicht entschieden, oder?«, sagte sie.
    »Zweimal das Gleiche«, sagte Ig, und sie ging wieder.
    Sie starrten einander an. Ig hielt den Tisch umklammert; er stand kurz davor, ihn umzuwerfen.
    »Wir waren noch Kinder, als wir uns kennengelernt haben«, sagte Merrin. »Wir haben zugelassen, dass das alles viel ernster wurde, als eine Highschool-Freundschaft eigentlich sein sollte. Wenn wir endlich mehr Zeit mit anderen Leuten verbringen, dann sehen wir unsere Beziehung bestimmt mit anderen Augen. Vielleicht können wir dann später daran anknüpfen und uns als Erwachsene so lieben, wie wir uns als Kinder geliebt haben. Ich weiß es nicht. Wenn etwas Zeit verstrichen ist, können wir vielleicht besser beurteilen, was wir einander anzubieten haben.«
    »›Was wir einander anzubieten haben‹? Du klingst wie ein Kreditberater.«

    Sie rieb sich mit einer Hand den Hals und sah Ig bekümmert an. Da bemerkte er, dass sie ihr Kreuz nicht trug. Er fragte sich, ob das etwas zu bedeuten hatte. Das Kreuz war fast so etwas wie ein Verlobungsring gewesen, lange bevor sie auch nur darüber geredet hatten, ob sie ein Leben lang zusammenbleiben würden. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie jemals ohne gesehen haben - ein Gedanke, bei dem er ein Stechen in der Lunge verspürte.
    »Hast du dir denn schon jemanden ausgesucht?«, fragte Ig. »Jemanden, mit dem du vögeln willst, um unsere Beziehung nachher besser beurteilen zu können?«
    »So meine ich das doch gar nicht. Ich will nur …«
    »Und ob du das tust. Genau darum geht es doch, das hast du selbst gesagt. Wir sollen mit anderen Leuten vögeln.«
    Sie öffnete den Mund, schloss ihn und öffnete ihn wieder. »Ja, kann sein, Ig. Ich glaube, das gehört dazu. Ich meine, ich muss genauso mit jemand anderem schlafen. Sonst gehst du noch da rüber und lebst wie ein Mönch. Es wird dir leichter fallen, darüber hinwegzukommen, wenn du weißt, dass mir das gelungen ist.«
    »Es gibt also schon jemanden.«
    »Ich … ich bin mit jemandem ausgegangen. Ein- oder zweimal.«
    »Während ich in New York war.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Mit wem?«
    »Niemand, den du kennst. Das spielt keine Rolle.«
    »Ich will es trotzdem wissen.«
    »Das ist unwichtig. Ich werde dich auch nicht fragen, was du in London treibst.«
    »Mit wem ich es in London treibe«, sagte er.
    »Meinetwegen. Ich will es gar nicht wissen.«

    »Aber ich! Wann war das?«
    »Was?«
    »Seit wann triffst du dich mit ihm? Seit letzter Woche? Was hast du ihm erzählt? Hast du ihm gesagt, dass ihr warten müsst, bis ich in London bin? Habt ihr überhaupt gewartet?«
    Als sich ihre Lippen langsam voneinander lösten, um zu antworten, sah er etwas in ihren Augen, etwas Kleines, Ängstliches. Plötzlich schoss ihm das Blut in den Kopf - und er begriff etwas, was er gar nicht hatte wissen wollen. Er begriff, dass sie den ganzen Sommer auf diesen Augenblick hingearbeitet hatte, schon damals, als sie angefangen hatte, ihn zu drängen, er solle den Job annehmen.
    »Wie weit seid ihr gegangen? Habt ihr schon gevögelt?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber er wusste nicht, ob sie verneinte oder sich weigerte, die Frage zu beantworten. Sie blinzelte Tränen fort. Er konnte nicht sagen, wann sie angefangen hatte zu weinen. Zu seiner Überraschung verspürte er nicht das Bedürfnis, sie zu trösten. Ihn hatte etwas gepackt, das er nicht nachvollziehen konnte, eine perverse Mischung aus Wut und Erregung. Einerseits war er bestürzt darüber, wie gut es sich anfühlte, wenn einem Unrecht zugefügt wurde - eine Rechtfertigung zu haben, anderen wehzutun. Er wollte herausfinden, wie sehr er ihr

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