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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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und blickte dann auf.
    Ihre Pupillen wurden winzig klein. Ihr Gesicht verlor jede Farbe. Mit einem lauten Krachen ließ sie die Teller auf den Tisch fallen. Überraschenderweise ging nichts zu Bruch. Sie schnappte nach Luft, wie um einen Schrei auszustoßen, doch dann sah sie die Hörner. Der Schrei erstarb ihr im Hals. Sie rührte sich nicht.
    »Da stand, man kann sich den Tisch selbst aussuchen«, erklärte Ig.
    »Ja. In Ordnung. Ich wische ihn nur schnell ab und … und bringe Ihnen die Speisekarte.«

    »Eigentlich«, sagte Ig höflich, »habe ich bereits gegessen.« Er wies mit einer Handbewegung auf die leeren Teller.
    Ihr Blick schweifte mehrmals zwischen seinem Gesicht und seinen Hörnern hin und her. »Sie sind doch dieser Kerl«, sagte sie. »Ig Perrish.«
    Ig nickte. »Sie haben mich und meine Freundin vor einem Jahr bedient, an unserem letzten gemeinsamen Abend. Ich möchte mich für mein Benehmen damals entschuldigen. Ich würde ja gern sagen, dass ich einen schlechten Tag hatte, aber im Vergleich zu heute war das noch gar nichts.«
    »Es tut mir nicht im Geringsten leid.«
    »Aha. Gut. Ich hatte schon befürchtet, mich schrecklich blamiert zu haben.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich hab gemeint, es tut mir nicht im Geringsten leid, dass ich die Polizei angelogen habe. Es ist nur schade, dass sie mir nicht geglaubt hat.«
    Ig spürte, wie er sich innerlich verkrampfte. Es ging wieder los. Sie redete halb mit sich selbst oder, genauer gesagt, mit ihrem eigenen kleinen Dämon, der zufälligerweise aussah wie Ig Perrish. Wenn er keinen Weg fand, das unter Kontrolle zu bekommen - den Einfluss der Hörner zu dämpfen -, würde er über kurz oder lang den Verstand verlieren, wenn er nicht schon längst verrückt geworden war.
    »Was für Lügen?«
    »Ich habe der Polizei gesagt, Sie hätten damit gedroht, sie zu erwürgen. Ich habe erklärt, dass ich gesehen hätte, wie Sie sie geschlagen haben.«
    »Warum?«
    »Damit Sie nicht straflos davonkommen. Und? Was hat es genützt? Die Frau ist tot, und Sie sitzen hier! Niemand hat Sie für das bestraft, was Sie getan haben, genauso wie niemand meinen Vater für das bestraft hat, was er meiner
Mutter und mir angetan hat. Ich wollte, dass man Sie einsperrt!« Sie warf den Kopf in den Nacken und schob sich eine Strähne aus der Stirn. »Außerdem wollte ich meinen Namen in der Zeitung lesen. Ich wollte bei dem Prozess aussagen. Dann wäre ich sogar ins Fernsehen gekommen.«
    Ig starrte sie sprachlos an.
    »Ich habe mein Bestes versucht«, fuhr sie fort. »Als Sie an dem Abend gegangen sind, ist Ihre Freundin Ihnen hinterhergelaufen, und sie hat ihren Mantel vergessen. Ich hab ihn ihr nachgetragen und gesehen, wie Sie ohne sie weggefahren sind. Aber der Polizei hab ich was anderes erzählt. Dass ich gesehen hätte, wie Sie sie in den Wagen gezerrt haben und davongerast sind. Damit haben sie mich drangekriegt. Anscheinend sind Sie rückwärts gegen einen Telefonmast gefahren, und einer der Gäste hat das Knirschen gehört und rausgeschaut. Er hat ausgesagt, Sie hätten Ihre Freundin hier stehen lassen. Der Inspektor hat gesagt, ich müsste meine Aussage am Lügendetektor wiederholen, und da hab ich diesen Teil zurückgenommen. Und dann haben sie mir den Rest auch nicht mehr geglaubt. Aber ich weiß, was passiert ist. Ich weiß, dass Sie ein paar Minuten später zurückgekehrt sind, um sie abzuholen.«
    »Sie irren sich. Jemand anderes hat sie mitgenommen.« Bei dem Gedanken, wer das getan hatte, wurde Ig übel.
    Aber die Möglichkeit, dass sie sich irren könnte, interessierte die Kellnerin anscheinend nicht. Sie redete weiter, als hätte Ig überhaupt nichts gesagt. »Ich wusste, dass ich Sie irgendwann wiedersehen würde. Werden Sie mich zwingen, mit Ihnen raus auf den Parkplatz zu gehen? Und nehmen Sie mich dann irgendwohin mit und ficken mich in den Arsch?« Sie klang eindeutig hoffnungsvoll.
    »Was? Nein! Was soll das?«

    Die Erregung wich ein wenig aus ihrem Blick. »Werden Sie mir wenigstens drohen?«
    »Nein.«
    »Ich könnte ja behaupten, dass Sie mir gedroht haben. Ich könnte Reggie sagen, Sie hätten mir erklärt, ich soll bloß aufpassen, wenn ich spät nach Hause gehe. Das wäre eine coole Geschichte.« Ihr Lächeln verblasste noch ein wenig mehr, und sie warf dem Bodybuilder hinter der Bar einen düsteren Blick zu. »Aber wahrscheinlich würde er mir nicht glauben. Reggie hält mich für eine zwanghafte Lügnerin. Wahrscheinlich hat er recht. Ich erzähle

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