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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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gern kleine Geschichten. Trotzdem. Aber ich hätte Reggie nicht erzählen sollen, dass mein Freund Gordon im World Trade Center umgekommen ist, nachdem ich Sarah - die arbeitet auch hier - erzählt habe, dass er im Irak gefallen ist. Ich hätte mir denken können, dass sie miteinander darüber sprechen würden. Trotzdem. Vielleicht ist Gordon ja tot. Für mich ist er es jedenfalls. Er hat per E-Mail mit mir Schluss gemacht, das alte Arschloch. Warum erzähle ich Ihnen das alles?«
    »Weil Sie nicht anders können.«
    »Stimmt. Ich kann nicht anders«, sagte sie und erschauerte lustvoll.
    »Was hat Ihr Vater denn getan? Hat er … hat er Ihnen wehgetan?«, fragte Ig, obwohl er es so genau eigentlich gar nicht wissen wollte.
    »Er hat gesagt, er würde uns lieben. Aber das war eine Lüge. Er ist zusammen mit meiner früheren Lehrerin nach Washington abgehauen. Sie haben eine Familie gegründet, und er hat noch eine Tochter bekommen, die er viel lieber mag als mich. Wenn er mich wirklich geliebt hätte, hätte er mich mitgenommen, anstatt mich bei meiner Mutter zu lassen, die eine nachtragende alte Schlampe ist. Er hat gesagt,
er würde sich immer um mich kümmern, aber dann hat er sich einfach verpisst. Ich hasse Lügner. Andere Lügner, meine ich. Meine kleinen Geschichten tun niemand weh. Möchten Sie wissen, was ich allen Leuten über Sie und Ihre Freundin erzähle?«
    Die Pizza, die Ig gegessen hatte, lag ihm wie ein Stein im Magen. »Eigentlich nicht.«
    Ihr Gesicht wurde ganz rot vor Erregung, und jetzt lächelte sie auch wieder. »Manchmal kommen hier Leute rein und fragen, was Sie mir ihr gemacht haben. Ich seh immer auf den ersten Blick, wie viel sie wissen wollen - nur die Basics oder sämtliche schmutzigen Einzelheiten. Die Studenten wollen meistens alles wissen. Ich erzähle ihnen, dass Sie ihr erst den Schädel eingeschlagen und dann die Leiche in den Arsch gefickt haben.«
    Ig wollte aufstehen, stieß sich die Knie an der Unterseite des Tischs und krachte gleichzeitig mit den Hörnern gegen den Lampenschirm aus buntem Glas. Die Lampe schwang hin und her, und sein gehörnter Schatten stürzte sich auf die Kellnerin, wich vor ihr zurück, stürzte sich auf sie. Ig musste sich wieder hinsetzen; seine Kniescheiben taten höllisch weh.
    »Sie war nicht …«, sagte er. »Das war nicht … du miese kleine Lügnerin!«
    »Das bin ich, ja«, gab die Kellnerin zu und klang dabei geradezu stolz. »Ich bin wirklich mies! Aber Sie sollten die Gesichter der Leute sehen, wenn ich ihnen das alles erzähle. Den Mädchen gefällt das ganz besonders gut. Es ist immer aufregend, wenn man hört, wie jemand geschändet wird. Ein Sexualmord ist einfach eine geile Sache, und meiner Meinung nach gibt es keine Geschichte, die durch ein bisschen Analverkehr nicht noch besser wird.«

    »Begreifst du denn überhaupt, dass du da über jemanden sprichst, den ich geliebt habe?«, sagte Ig. Seine Lunge fühlte sich wund an, und er bekam nur schwer Luft.
    »Na klar«, sagte sie. »Deshalb haben Sie sie ja auch umgebracht. Das ist doch immer so. Nicht der Hass ist schuld. Sondern die Liebe! Manchmal wünsche ich mir, mein Vater hätte meine Mutter und mich so sehr geliebt, dass er erst uns und dann sich selbst umgebracht hätte. Dann wäre es eine schreckliche Tragödie gewesen und keine langweilige, deprimierende Trennung. Wenn er den Mumm zu einem Doppelmord gehabt hätte, wären wir ins Fernsehen gekommen.«
    »Ich habe meine Freundin nicht getötet«, sagte Ig.
    Bei diesen Worten zeigte die Kellnerin endlich eine Reaktion: Sie runzelte die Stirn und schürzte, sichtlich verwirrt und enttäuscht, die Lippen. »Hm. Wie langweilig. Ich finde, dass Sie viel interessanter sind, wenn Sie jemanden umgebracht haben. Immerhin wachsen Ihnen Hörner aus dem Kopf. Das ist cool! Sind das Mods?«
    »Mods?«
    »Körpermodifikationen. Haben Sie sich das selbst eingebrockt?«
    Obwohl Ig sich noch immer nicht an den gestrigen Abend erinnern konnte - nur der Wutanfall im Wald hinter der Gießerei war ihm im Gedächtnis geblieben -, wusste er die Antwort darauf sofort.
    »Ja«, sagte er. »Das habe ich.«

KAPITEL 23
    Die Kellnerin hatte gesagt, er wäre interessanter, wenn er jemanden umbringen würde, warum sollte er also nicht Lee Tourneau umbringen?
    Glücklich darüber, endlich wieder ein Ziel vor Augen zu haben, stieg er in den Wagen. Er gab Gas, und die Reifen wirbelten Schotter auf. Lee arbeitete in Portsmouth, New Hampshire, im Büro eines

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