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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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er war froh darüber gewesen. Beim Gedanken an sein Bett, die frischen weißen Laken und seine Daunendecke war er fast vor Wonne erschaudert. Das Beste an seinen Abstechern nach Hause ist, in seinem alten Zimmer aufzuwachen, in seinem alten Bett, während von unten der Duft von Kaffee heraufzieht, das Sonnenlicht durch die Ritzen der Rollläden dringt und ein Tag auf ihn wartet, der ganz ihm gehört. Auf den Rest von Gideon könnte Terry allerdings gut verzichten.
    Die heutige Nacht ist ein Musterbeispiel dessen gewesen, was er nicht vermisst hat. Terry hat eine Stunde an dem Lagerfeuer zugebracht, ohne das Gefühl zu haben, irgendwie dazuzugehören - ebenso gut hätte er hinter Glas stehen und zuschauen können: die Pick-ups, die an der Böschung parkten, die Besoffenen, die im flachen Wasser miteinander rangelten, während ihre Freundinnen sie anfeuerten, und das Arschloch Judas Coyne aus dem Ghettoblaster, ein Kerl,
dessen Vorstellung von musikalischer Komplexität ein Song ist, der aus vier statt aus drei Metalriffs besteht. Ein Abend unter Rednecks. Als dann Donner über den Himmel grollte und die ersten fetten Tropfen zu fallen begannen, war Terry froh gewesen. Er findet es unbegreiflich, wie es sein Vater hier zwanzig Jahre lang ausgehalten hat. Zweiundsiebzig Stunden waren für ihn das absolute Maximum.
    Den einzigen Grund, warum er überhaupt so lange durchgehalten hat, hält er in der linken Hand, und obwohl er weiß, dass er seine Grenzen bereits überschritten hat, juckt es ihn, den Joint wieder anzuzünden. Das würde er auch tun, wenn nicht ausgerechnet Lee Tourneau neben ihm säße. Lee würde sich zwar nicht beschweren - er würde ihm nicht einmal einen bösen Blick zuwerfen. Aber Lee arbeitet für einen Kongressabgeordneten, der sich den Krieg gegen Drogen auf die Fahnen geschrieben hat, so ein superchristlicher Konservativer. Und wenn sie rausgewinkt wurden und die Karre roch nach Hanf, dann säße Lee ganz schön in der Scheiße.
    Lee hatte um halb sieben vorbeigeschaut, um sich von Ig zu verabschieden. Dann war er noch etwas geblieben, um mit Ig und Terry und Derrick Perrish ein paar Runden Poker zu spielen. Ig hatte jedes Mal gewonnen und ihnen dreihundert Mäuse abgeknöpft. »Hier«, hatte Terry gesagt und eine Faustvoll Zwanziger nach seinem jüngeren Bruder geworfen. »Wenn du und Merrin eure postkoitale Flasche Champagner trinkt, dann denkt an uns. Wir haben dafür bezahlt.« Ig hatte gelacht und sich ganz offensichtlich sauwohl gefühlt, auch wenn er, als er aufstand, etwas verlegen gewirkt hatte. Er hatte seinen Vater umarmt und dann seinem Bruder einen Kuss auf die Schläfe verpasst, eine unerwartete Geste, bei der Terry überrascht zusammenzuckte. »Deine Zunge hat in
meinem Ohr nichts zu suchen«, hatte Terry gesagt, und Ig hatte noch mal gelacht und war dann verschwunden.
    »Und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Abend?«, hatte Lee daraufhin gefragt, und Terry hatte erwidert: »Keine Ahnung - ich wollte mal schauen, ob Family Guy läuft. Und du? Geht heute irgendwas ab?« Zwei Stunden später befanden sie sich auf der Sandbank, und ein Freund aus der Highschool, an dessen Namen sich Terry nicht mehr erinnern konnte, reichte ihm einen Joint.
    Vorgeblich waren sie losgezogen, um was zu trinken und ein paar Kumpels zu treffen, aber als sie auf der Sandbank am Lagerfeuer standen, erzählte Lee Terry, der Kongressabgeordnete sei ein großer Fan seiner Show und würde ihn gern kennenlernen. Terry prostete Lee, ohne mit der Wimper zu zucken, zu und erwiderte, klar, natürlich, irgendwann würde sich das einrichten lassen. Er war nicht weiter überrascht gewesen, dass Lee ihm mit so etwas kam, und nahm ihm das auch nicht übel. Lee muss seine Brötchen verdienen, genau wie jeder andere auch. Und Lee tut bei seiner Arbeit eine Menge Gutes; Terry weiß, dass Lee sich für Habitat for Humanity engagiert und jeden Sommer zusammen mit Ig Zeit im Camp Galilee verbringt, um sozial benachteiligten Großstadtkids zu helfen. Schon seit Jahren hatte Terry ein schlechtes Gewissen wenn er mit Lee und Ig zusammen war. Er selbst war nie ein Weltverbesserer gewesen. Terry hatte sich sein ganzes Leben lang immer nur gewünscht, dass ihn jemand für seine Trompetenspielerei bezahlt. Und vielleicht noch ein Mädchen, das gern mit ihm feiert - kein L.A.-Model, das nur Handy und Cabrio im Kopf hat. Einfach eine Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, lebensfroh und im Bett vielleicht etwas

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