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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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es überhaupt eine Rolle, ob seine Familie zu Hause war? Er konnte einfach an ihnen vorbeischlendern, und sobald er das Zimmer verlassen hatte, würden sie vergessen, dass er überhaupt da gewesen war. Was eine weitere Frage aufwarf: Würde Eric Hannity vergessen, was gerade in Glennas Wohnung geschehen war? Nachdem Ig ihm den Kopf weichgekocht hatte? Ig wusste es nicht.
    Er wusste auch nicht, ob er seine Familie aus dem Spiel lassen konnte. Terry auf keinen Fall, so viel war klar. Natürlich musste er sich mit Lee Tourneau befassen, aber er wollte auch mit Terry reden. Es wäre nicht richtig, zuzulassen, dass Terry sein altes Leben wieder aufnahm, als wäre nichts geschehen. Die Vorstellung, dass er nach L.A. zurückflog, um auf Hothouse weiter seine bescheuerten Jazznummern abzuziehen und dabei irgendwelchen Filmstars zuzublinzeln, erfüllte Ig mit Hass. Dieser Scheißkerl war ihm noch ein paar Antworten schuldig. Und wäre es nicht schön, ihn allein zu Hause anzutreffen?
    Ig überlegte, ob er nicht lieber einen Kilometer weiter an der Feuerschneise parken sollte. Er könnte zur Rückseite des Hauses seiner Eltern laufen, über die Gartenmauer klettern
und sich reinschleichen. Aber dann dachte er sich scheiß drauf und lenkte den Gremlin direkt in die Einfahrt. Es war zu heiß für Heimlichkeiten, und er hatte Hunger.
    Terrys gemieteter Mercedes stand als einziger Wagen vor dem Haus.
    Ig hielt direkt daneben, schaltete den Motor aus und lauschte. Eine Wolke funkelnden Staubes war ihm den Hügel hinauf gefolgt und wallte um den Gremlin auf. Ig betrachtete das Haus, das in der heißen Reglosigkeit des frühen Nachmittags schlummerte. Vielleicht hatte Terry den Wagen hiergelassen und war mit ihren Eltern ins Krankenhaus gefahren. Das war am wahrscheinlichsten, nur glaubte Ig nicht daran. Er wusste, dass sein Bruder zu Hause war.
    Ig gab sich keine Mühe, leise zu sein. Nachdem er ausgestiegen war, knallte er sogar die Tür des Gremlin ins Schloss und blieb abwartend stehen. Er rechnete damit, dass etwas passieren, dass Terry den Vorhang beiseiteschieben würde, um hinauszuschauen. Aber nichts regte sich.
    Er schloss die Haustür auf und ging hinein. Der Fernseher im Wohnzimmer war aus, der Computer im Arbeitszimmer seiner Mutter auch. In der Küche schwiegen die Edelstahlarmaturen einander an. Ig zog sich einen Stuhl heran, öffnete die Tür und aß direkt aus dem Kühlschrank. In acht Schlucken trank er eine halbe Milchtüte leer und wartete dann auf die unvermeidlichen Kopfschmerzen, ein durchdringendes Stechen hinter den Hörnern. Kurzzeitig wurde ihm schwarz vor Augen. Als die Kopfschmerzen nachließen und er wieder klar sehen konnte, entdeckte er unter einer Frischhaltefolie einen Teller mit Teufelseiern. Bestimmt hatte seine Mutter sie für Grandmas Geburtstag gemacht, aber jetzt würde sie keinen Bedarf mehr dafür haben. Vera würde
sich heute Nachmittag mit einem nahrhaften Schluck aus dem Plastikschlauch zufriedengeben müssen. Er aß sie alle, stopfte sich eines nach dem anderen in den Mund. Sie schmeckten ungefähr 666-mal besser als die gekochten Eier, die er sich bei Glenna hatte machen wollen.
    Er drehte den Servierteller gerade wie ein Lenkrad in den Händen und schleckte ihn ab, als er glaubte, eine männliche Stimme zu hören. Er erstarrte und lauschte angestrengt. Nach einer Weile hörte er die Stimme wieder; sie kam aus dem Obergeschoss. Er stellte den Teller in die Spüle und nahm ein Küchenmesser von der magnetischen Metallschiene an der Wand, das größte, das er finden konnte. Es löste sich mit dem leisen melodischen Klirren von Stahl auf Stahl. Er wusste selbst nicht, was er damit vorhatte, aber es war ein gutes Gefühl, es in der Hand zu halten. Nach dem, was in Glennas Wohnung passiert war, hatte er wenig Lust, unbewaffnet irgendwohin zu gehen. Er stieg die Treppe hinauf. Das alte Zimmer seines Bruders befand sich am Ende der langen Galerie im Obergeschoss.
    Ig verharrte mit dem Messer in der Hand in der halb geöffneten Tür. Vor ein paar Jahren hatten seine Eltern den Raum zu einem Gästezimmer umgestaltet. Jetzt wirkte er so kalt und unpersönlich wie ein Zimmer im Ramada . Sein Bruder schlief auf dem Rücken und hatte eine Hand über die Augen gelegt. Er stieß einen leisen Laut des Abscheus aus und schmatzte mit den Lippen. Igs Blick fiel auf den Nachttisch, wo er eine Schachtel Benadryl entdeckte. Ig hatte Asthma, dafür war sein Bruder gegen alles Mögliche allergisch: gegen

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