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Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)

Titel: Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urs Bigler
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der ausgestreckten Hand, atemlos vor ihn hin.
    «Ich habe», schnaufte er, «ich habe einen Brief, aus Haldenburg. Eilbote. Von Bruder Michael.»
    Er überreichte ihm den Brief, tastete nach der Lehne des nächsten Stuhls und nahm Platz.
    Dem Abt fielen die blutleeren Wangen, die Schatten unter den Augen und die dicken Schweißperlen auf der Stirn auf, und unweigerlich musste er an das Schreckgespenst einer letzten Ölung denken. Er bemühte sich, nicht allzu entsetzt dreinzublicken, berührte ihn an der Schulter und fragte besorgt: «Bruder Lorenz, wie fühlt Ihr Euch?»
    Zu seiner Erleichterung hörte er ein «Geht-schon-geht-Schon» und zusehends füllte sich das rundliche Antlitz mit Farbe.
    «Ruhig und tief atmen, das ist wichtig, langsam und keine Hast!»
    Er erlaubte es sich, einen Schritt zurückzutreten, und richtete nervös das Augenmerk auf den Gegenstand der Unruhe.
    «Hat der Bote etwas gesagt, etwas über den alten Fürsten?»
    «Nein», japste Bruder Lorenz, «er hatte Hunger und Durst, er hat um etwas Brot, Suppe und um Unterkunft gebeten. Tag und Nacht ist er geritten.»
    Der Abt erbrach das Siegel und überflog wie von schwerem Wein berauscht die Zeilen. Und tatsächlich, was sich seinem Auge in Bruder Michaels vertrauter Handschrift darbot, rechtfertigte die Aufregung.
    Es war die Nachricht, die heiß ersehnte Nachricht!
    «Ferdinand! Schnell…»
    Er schnappte nach Atem und versuchte, den hämmernden Schläfen zum Trotz einen klaren Gedanken zu fassen.
    «Sofort, holt Ferdinand herbei, hört Ihr mich. Es ist so weit. Sofort müsst Ihr aufbrechen.»
    «Ferdinand», meldete sich Bruder Lorenz mit kaum hörbarer Stimme. «Ihr meint den Einsiedler aus dem Wald?»
    «Ja, ja, den meine ich, zu ihm müsst Ihr, sofort! Er soll hierherkommen. Er soll alles liegen lassen, was immer es auch ist. Jetzt geht es um Stunden, Minuten. Lauft, so schnell Ihr könnt!»
    «Ihr vergesst, ich bin nicht mehr der Jüngste!»
    Bruder Lorenz stotterte es und blickte verzweifelt zu ihm hoch.
    «Entschuldigt, Bruder Lorenz, ich bin verwirrt!»
    Der Abt schüttelte den Kopf und schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn.
    «Natürlich, Ihr seid ja noch immer außer Atem. Der Brief hat mich verwirrt.»
    «Was steht im Brief?»
    «Der Herzog von Haldenburg ist vom Herrn gerufen worden, er hat einen Schlagfluss erlitten, er liegt im Bett, ohne Bewusstsein. Oder er klopft schon an die Pforten des Himmels. Holt Bruder Max herbei, der ist gut auf den Füssen!»
    Wieder ein rechtes Stück bleicher, murmelte Bruder Lorenz ein schwaches Wenn’s-sein-Muss und stemmte sich aus dem Sessel.
    Da fiel die Türe erneut mit einem lauten Knall ins Schloss.
    «Wartet, ich glaube…»
    Hastig machte der Abt einen ausholenden Schritt zur Brüstung und ließ seinen Blick der Flucht der Gestelle entlang schweifen. Und diesmal bestätigte sich seine Vermutung, Arno stand in der Halle der Bibliothek und schien ihn zu suchen.
    Ohne Rücksicht auf seine brennenden Gelenke stieß sich der Abt vom Geländer ab und hetzte die engen Stufen hinunter.
    Nieder mit den stechenden Knochen, nieder mit den Gebresten!
    Kein Leiden würde ihn jetzt daran hindern zu rennen, jetzt, da der Thron von Haldenburg frei war und Ferdinands aufreibende Warterei ein Ende hatte. Sie würden handeln, schnell und entschlossen, und endlich ginge in Erfüllung, wofür er gelebt hatte!
    «Hier, Arno», rief er ihm von der Treppe zu, «du musst zu Ferdinand, gleich!» Dann, als er unten stand: «Es ist sehr wichtig. Es gibt jetzt nichts Wichtigeres auf der Welt. Da, dieser Brief, ich gehe jetzt kurz in die Studierstube, versiegle ihn, und du bringst ihn Ferdinand! So schnell wie der Wind!»
     

Kapitel 2
Arno
    Juli anno domini 1587
    Zehn Minuten später
     
     
    Langsam trottete Arno den Pfad zum Triefenberg hoch, langsamer als sonst, denn er hatte beschlossen, dass er kein Meldeläufer war und schon gar nicht wie eine gurrende Brieftaube auf Geheiß losschwirrte. Zudem war es zu heiß, viel zu heiß für einen forschen Gang. Und Schweiß würde er für diesen Dienst nicht vergießen, ganz gewiss nicht.
    Beim Waldrand angekommen, genoss er den Schatten und entschied, eine erste längere Pause einzulegen.
    Er brach einen Zweig ab, sprang auf einem Bein von Wurzel zu Wurzel und warf Tannzapfen den Abhang hinunter.
    Als ihn der Arm zu schmerzen begann und die Wald-und Wiesenmunition fast verschossen war, blieb er stehen und tastete nach dem Brief im Wams.
    Sollte er ihn

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