Teufelszorn - Funkenfluch (German Edition)
den Fingern die Nase zu, so dass sich seine Brust zu spannen und die Schläfen zu pochen anfingen.
Er würde umkippen, ohnmächtig werden, vergessen.
Er begann mit dem ersten Selbstaus-der-Welt-Räumungsversuch und brach ihn wieder ab, nicht besser erging es ihm mit dem zweiten und dritten. Beim vierten hielt er schon länger durch und beim fünften wurde ihm recht schwindlig.
Da raschelte es auf einmal im Gras.
Sofort nahm er die Finger von der Nase.
Er hörte das Rascheln wieder, deutlicher, hörte Schritte, leichte Schritte.
Mit hämmernden Schläfen schnellte er herum und glotzte in die Nacht hinaus.
Und tatsächlich, er erkannte eine schmale Gestalt, sie kam den Hügel hoch, sie huschte durch die Dunkelheit, sie eilte durch das kniehohe Gras auf ihn zu.
Mirjam, sie war es, er träumte nicht.
Er schoss auf, rannte ihr entgegen und fiel ihr in die Arme.
Wer wen heftiger drückte, wusste er nicht zu sagen, er hielt und wurde gehalten, er spürte ihre warme Haut, spürte ein Zittern durch den Stoff ihrer Kleider hindurch, das weder ein Zittern der Kälte noch ein Zittern der Erschöpfung sein konnte.
Ihr Duft stieg ihm in die Nase. Er strich ihr durch ihr offenes Haar, schnappte nach ihren Lippen, küsste sie.
Jetzt hätte er platzen dürfen, auf der Stelle, hätte in der Erde versinken oder in einen heißen, glühenden Schlund stürzen können.
Alles, einfach alles hätte er jetzt auf sich genommen, um sie nie wieder loszulassen und allein durch die Welt stolpern zu müssen.
«Wo warst du?»
Sie antwortete nicht, fuhr ihm über den Kopf und klammerte sich an ihm fest.
«Ich habe geglaubt, du kommst nicht mehr!»
«Denk’ so etwas nicht!», sagte sie mit ihrer leicht dunkel gefärbten Stimme und hielt ihm den Zeigefinger auf die Lippen.
«Mein kleiner Bruder hat uns gestern gesehen und gepetzt. Ich musste den ganzen Tag in der Küche bleiben, rüsten, waschen, putzen, da!»
Mit den Fingerspitzen hüpfte sie ihm über den Arm und kratzte ihn leicht.
«Spürst du es? Ganz rau von der Arbeit! Ich getraute mich erst weg, als alle schliefen!»
Er zog sie wieder fester an sich und presste seine Lippen auf ihren Mund.
«Nicht so stürmisch!»
«Ein Kuss wie gestern!», haspelte er.
Ein leises Gurren war die Antwort, mehr Einverständnis als Protest, und nach kurzem Drängen öffnete sie den Mund. Es wurde daraus ein neckisches Zungenstupsen, ein ausgedehnter, lippenwindender Kuss, der jäh das Blut erhitzte und der erst ein Ende fand, als er mit ihr herumwirbelte und schnaufend ins Gras plumpste.
«Mein Waldbär!»
Er spürte ihren Atem im Gesicht und ließ es sich gefallen, wie sie heftig über seinen Rücken strich und sich an ihn schmiegte.
Unerklärlich waren ihm nun die Zweifel von vorhin.
Nun würde sie ihn nicht mehr zurückstoßen. Und er würde sie ganz besitzen, mit allen Sinnen, er würde sich an ihre warme sanfte Haut drücken, um eins mit ihr zu werden, würde nackt auf ihr liegen, verschmelzen und Liebe machen wie Ferdinand und Lena.
Behutsam nestelte er an ihrem Leinenhemd und schob seine Hand auf ihren Bauch.
«Bist du kitzlig?»
Er blies ihr warmen Atem ins Ohr und versuchte, ihre festen Brüste zu betasten.
«Kitzlig? Lass’ das!»
Sie löste sich aus der Umarmung und warf ihm einen Blick zu, den er auch in der Dunkelheit als streng empfand.
«Ich habe es dir gestern gesagt, das dürfen wir erst, wenn wir Mann und Frau sind!»
«Nur berühren, bitte!»
«Nein, Arno, küssen, kuscheln, das geht, mehr nicht, alles andere ist Sünde!»
«Wer behauptet das? Sünde ist ein schlimmes Wort und kann unmöglich für das stehen, was wir hier tun. Wir haben uns gern, wir gehören zusammen, niemand auf der Welt liebt so, wie wir uns lieben. Darum wäre es Sünde, wenn wir uns nicht berührten, wenn wir nicht das täten, was Mann und Frau einfach tun müssen!»
Dass sie darauf nicht sogleich antwortete, nährte seine Hoffnung, noch in dieser Nacht das Glücksrad in die richtige Stellung zu drehen, und ruhig fügte er bei:
«Glaub mir, echte Liebe ist keine Sünde, Gott sieht es gern, wenn sich Menschen von Herzen lieb haben, über die hält er seine schützende Hand!»
Mit der Schulter gab er ihr einen zärtlichen Stupser und deutete auf die Wiese, auf der in der Dunkelheit kaum erkennbar die Raketen staken.
«Ich will dir dafür auch etwas schenken, etwas ganz Außergewöhnliches!»
«Ein Geschenk?»
«Eine Überraschung! Sag einfach ja, dann kriegst du es!»
Mit einem
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