Teuflisch erwacht
Jacke. Ein leichter Schweißfilm überzog ihre Stirn. »Die Loa begann eigene Wege zu gehen. Seit geraumer Zeit hat sie den eigentlichen Göttern den Rücken gekehrt. Sie handelt mit schwarzer Magie, übergibt die Opfer an Dämonengötter und zapft ihnen im Gegenzug Kräfte ab. Sie dealt quasi mit Dämonenmächten.«
Eine große Pranke griff nach Annas Herzen. Sie erinnerte sich gut an den Dämon, den sie versehentlich mit dem Ouija-Brett beschworen hatte. Übelkeit schwappte auf. Hatte Marla Magie von Dämonengöttern gekauft?
»Die Götter entlohnen die Loa für ihre Dienste. Sie alle nähren sich gemeinsam an den Opfergaben und ihre Macht steigt dadurch ins Unermessliche. Das bisschen Kraft, das die Götter im Gegenzug an die Menschen abtreten, ist ein Witz gegen die, die sie bekommen.«
»Also bescherte euch dieser Salim Magie von Dämonengöttern?« Annas Stimme klang kratzig. Wollte sie die Antwort wirklich hören?
Marla nickte geistesabwesend. »Ja, dies tat er wohl. Zunächst war uns gar nicht klar, woher Salim die Kräfte nahm, die er uns gab. Ehrlich gesagt war es uns auch vollkommen egal. Wir gaben ihm Blut. Unser eigenes oder das von Tieren. Im Gegenzug erhielten wir Macht. Es war ein unbeschreibliches Gefühl und wir bekamen Kräfte, die sich ein normaler Mensch kaum vorstellen kann. In unseren höchsten Momenten waren wir imstande zu fliegen, den Himmel zu erklimmen und nach den Sternen zu greifen. Doch der Rausch hielt nie lang an. Zunächst vielleicht eine Woche, später war die Zeitspanne, bis wir Nachschub brauchten, kürzer. Du musst wissen, Dämonenmagie ist nicht für den menschlichen Körper bestimmt und verweilt nicht in uns. Unser Körper gewöhnt sich an die Zufuhr, und mit der Zeit braucht es mehr Magie, um das Level zu halten. Aber mehr Kräfte zu tanken, bedeutete, einen höheren Preis zu zahlen. Die Loa war nicht mehr zufrieden mit dem wenigen Blut, das wir ihr boten.« Marla schüttelte sich.
Anna fröstelte. Marlas Tonfall missfiel ihr. »Es nahm kein gutes Ende, oder?« Eine dumme Frage. Wann hatte ein Höhenflug je ein gutes Ende genommen? Die Bücher waren voll von großen Stürzen und Katastrophen.
»Nein«, sagte Marla und seufzte. Sie umklammerte das Lenkrad, als hielte sie sich daran fest. »Die Loa forderte höhere Opfer. Salim verlangte, dass wir einen Menschen opferten.«
Die große Pranke schien dem Teufel persönlich zu gehören. Sie drückte ihr Herz zusammen. Anna schnappte nach Luft, versuchte, sich zur Ruhe zu rufen, aber es gelang nicht. Marla hatte einen Menschen getötet? War die vertraute Freundin eine Mörderin? »Marla, du hast doch nicht …?« Sie verbot sich, den Satz zu Ende zu sprechen und weigerte sich, zu glauben, dass die Hexe das wirklich getan hatte.
»Nein, ich habe keinen Menschen ermordet.«
Die Faust lockerte den eiskalten Griff. Für einen kurzen Moment hatte sie sich wirklich vor der Antwort gefürchtet.
»Aber es öffnete mir endlich die Augen. Ich flehte Heather an, zu verschwinden und augenblicklich mit dem Wahnsinn aufzuhören. Zusammen verließen wir fluchtartig den Hinterhof, obwohl es mir vorkam, als ob sie mich nur widerwillig begleitete. Zu Hause schloss ich mich ein, schimpfte über meine Naivität und fragte mich, wie wir uns nur auf so etwas hatten einlassen können. Ich hasste mich dafür und ertrank in Schuldgefühlen. Allerdings erhielt ich auch meine gerechte Strafe.«
Anna strich eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie schien elektrisch geladen zu sein und ließ sich nur schwer bändigen. »Was für eine Strafe?« Aber wie auch immer sie dafür gebüßt hatte, es war wohlverdient.
»Magie macht süchtig, Anna. Und das meine ich wörtlich. Ich war abhängig von Dämonenkräften. Mein Körper schmerzte, verlangte nach neuem Voodoozauber und ich schob einen schlimmeren Affen als manch Drogenabhängiger. An einigen Tagen wusste ich nicht, ob ich die Sache überlebe. Ich ging keinen Meter vor die Tür, lag nur im Bett und bemitleidete mich. Aber ich schaffte es, saß die Sache aus und betete, im Nachhinein nicht noch daran zu zerbrechen. Leider verschwendete ich keinen Gedanken an Heather, der es ähnlich gehen musste. Ich war zu sehr mit meiner Qual beschäftigt.« Der bittere Vorwurf, den sie sich machte, klang in ihrer Stimme nach. Sie unterdrückte ein Schluchzen.
»Sie hat es nicht geschafft?«
Marla schüttelte den Kopf. Eine Träne schlich sich in ihren Augenwinkel, doch sie fand keinen Weg hinaus, denn sie vermied es,
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