Teuflisch erwacht
Fleisch seiner Handgelenke. Der Schmerz riss ihn aus seiner Starre, aus dem betäubenden Kokon, in dem die Welt in Ordnung war. Er versuchte, sich die Schläfen zu reiben, denn hinter der Stirn dröhnte es mächtig. Doch das Etwas, das ihm auch wehgetan hatte, hielt ihn zurück. Sebastian schlug die tonnenschweren Lider hoch. Hinter einem Grünschleier kam ein verschwommenes Bild zum Vorschein. Wo war er? Vielleicht sollte er sich die Frage später stellen und weiterschlafen, bis die Kopfschmerzen nachließen. Es kam ihm richtig vor und er schloss die Augen. Plötzlich zuckte er zusammen. Die Erinnerung brach aus seinem Gedächtnis, sein Verstand erwachte. Es dauerte einen Moment, bis er den Bildern einen Sinn verlieh. Die wohlige Wärme verflog, machte dem Winter im Herzen Platz, und eine kratzige Stimme flüsterte die Wahrheit in seinen Verstand. Das hatten sie nicht wirklich getan!
»Da bist du ja wieder. Alles klar?« Patrick trat an ihn heran.
Aus seiner Perspektive wirkte der schmächtige Kerl plötzlich riesig. Sebastian blickte an sich hinunter und stellte fest, dass er in einem Bett lag. Seine Füße waren gefesselt. Er brauchte nicht zum Kopfende sehen, um zu wissen, dass es seinen Händen ebenso erging. Wieso hatten sie das getan? »Was habt ihr gemacht?«, fragte er mit brüchiger Stimme, die ihm nur schwer gehorchte. Sein Hals fühlte sich trocken an.
»Wir konnten das nicht auf uns sitzen lassen. Du wirst das in Ordnung bringen«, antwortete Patrick fest.
Unglaublich. Er hatte sich wirklich von einem Hexenpaar überlisten lassen. »Wie spät ist es?«
»Du hast zwei Stunden geschlafen«, erklärte Patrick. »War etwas viel Maikraut, entschuldige.«
»Bind mich los.« Er riss an den Stricken, doch ein elektrisierender Schlag zuckte durch seinen Körper.
»Keine Chance. Nicht, bevor du Cynthia von dem Fluch befreit hast. Du hast sie hart getroffen. Sie weiß nicht einmal mehr ihren Namen.«
Patrick klang wütend. Was bildete er sich ein? Verdammt, er wollte die beiden beschützen und vor allen Dingen dafür sorgen, dass sie ihm nicht im ungünstigsten Moment in die Quere kamen. Magische Dunkelheit stieg langsam die Kehle hinauf, breitete sich in seiner Brust aus. Er lenkte die seichte Welle in die Glieder und konzentrierte sich darauf, die Fesseln zu lösen. »Autsch.« Die Stricke versengten ihm die Haut.
»Sie sind besprochen. Versuch es nicht weiter, du tust dir nur weh.«
»Du hast den Verstand verloren.« Oder er hatte nie einen besessen.
»Wir wollen dir nichts Böses. Ich möchte nur, dass du Cynthia von diesem Fluch befreist. Wir lassen uns nicht gern im Hirn rumspielen.« Patrick zog Cynthia ans Bett.
Ihre dunklen, glasigen Augen starrten ins Leere. Sein Fluch saß tiefer als beabsichtigt. Schon wieder. »Mach mich erst los«, forderte er Patrick auf.
»Klar. Meinst du, ich bin bescheuert? Du hast sie eiskalt verflucht, obwohl wir dir nur helfen wollten.«
Sebastian seufzte. Er konnte es auf die harte Tour machen. Das bisschen Hexenhokuspokus hielt ihn nicht auf. Aber er sorgte sich, dass er die Magie nicht unter Kontrolle bekäme, wenn er sie haltlos auflodern ließe. Er wollte den beiden nicht wehtun, auch wenn sie ihn in eine brenzlige Lage brachten. »Du willst mit mir in einen Kampf ziehen, den wir wahrscheinlich auch dann nicht überleben werden, wenn wir zusammenhalten, aber vertraust mir nicht?«, fragte Sebastian ruhig.
»Du hast sie verflucht.«
»Und du mich betäubt und an ein Bett gefesselt. Glaubst du wirklich, dass ich nicht längst auf den Beinen stehen und dir den Hals umdrehen würde, wenn ich es darauf anlegen wollte?«
Patrick sah ihn an und zuckte die Schultern. »Gib mir dein Wort, dass du sie von dem Fluch befreist.«
»Du hast mein Wort. Und jetzt binde mich los. Wenn ich es selbst tun muss, garantiere ich für nichts mehr.« Allmählich reichte es ihm. Musste er erst einem von ihnen den Todesstoß verpassen, damit sie begriffen, dass sie sich besser nicht mit ihm anlegten?
Patrick nickte, ließ Cynthia los und kniete sich neben das Kopfteil.
Also hatte der Herr ihn doch mit einem Gehirn gesegnet.
Mit flinken Fingern, die zu seinem hektischen Auftreten passten, löste er den Strick. Der Typ war die reinste Spitzmaus. Rasch löste er auch die restlichen Knoten.
Blut floss in Sebastians Glieder und brannte. Er richtete sich auf, rieb die abgeschnürten Handgelenke und sah sich um. Er befand sich in einem Hotelzimmer.
»Wo sind wir?« Hoffentlich hatten
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