Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
zeigte dann mit dem Finger in die Luft. »Jetzt weiß ich’s wieder. Ich sagte ihm, ich bin deshalb nicht mit Cameron nach Hause gegangen, weil ich ein Vorspiel bei einer Plattenfirma hatte. Dylan hat’s mir abgekauft. Tief in seinem Herzen will jeder Kerl ein Rockstar sein. Sie beschimpft mich als Lügner, und ich ignorier sie auf die Art, wie Jungs nur die Mädchen ignorieren, die sie scheiße finden. Und Dylan wird klar, dass es mir wurscht ist, was er denkt, obwohl ich innerlich total zittrig bin. Ich hab mir nur ständig gesagt, dass ich die Waffe von meinem Kopf wegbringen muss.«
»Wie hast du das geschafft?«
»Ich blieb plötzlich stehen und hab mich weggeduckt, so dass der Typ hinter mir das Gleichgewicht verloren hat. Als er nach vorne stolpert, pack ich sein Handgelenk und verdreh’s und krieg so die Waffe weg. Mein Dad hat mir den Trick beigebracht, und mit dem ganzen Adrenalin war es supereinfach. Diese Waffe war eine Luger Neunmillimeter Halbautomatik.«
Er unterbrach seinen Monolog.
»Ab da ist alles ein bisschen verschwommen. Ich glaub, Dylan hat auf mich geschossen, aber ich war so aufgedreht, dass ich’s nicht gespürt hab. Irgendwie hab ich es hinter ihn geschafft … Dylan … ich bin größer als er … und hab eine Waffe auf seinen Kopf gerichtet. Ich muss ihm die Waffe abgenommen haben.« Er sah Marge an. »Am Ende hatte ich die Luger in der linken und den 22er in der rechten Hand, mit dem ich weiter auf Dylans Kopf ziele.«
»Du bist Linkshänder?«
»Nein, Rechtshänder, aber fast Beidhänder. Ah, jetzt erinner ich mich. Ich wollte die Neunmillimeter in der linken Hand haben, weil sie mehr Munition hat und ich die Gruppe mit einer einzigen Waffe in Schach halten musste. Ich hab immer auf sie gezielt, auf einen nach dem anderen, und jedem Einzelnen befohlen, sich nicht zu bewegen.«
Decker hatte Gabes Hände auf Schmauchspuren getestet und war links fündig geworden. Jetzt war der Zeitpunkt für einen Wahrheitstest: »Gabriel, hast du eine der Waffen abgefeuert?«
»Die Luger. Einer der Typen machte eine Handbewegung Richtung Tasche. Ich hab einen oder zwei Schuss abgegeben, um ihn zu erschrecken … die gingen neben seinen Arm. Möglicherweise hab ich ihn gestreift. Ich erinner mich noch an den Gedanken, dass sich niemand bewegen soll, damit ich meinen Verstand sortieren kann.« Er atmete jetzt schwer. »Mehr wollte ich gar nicht. Sie sollten bloß stillhalten und ihre Hände zeigen, während ich über einen Fluchtplan nachdenke. Ich wollte niemanden erschießen, aber ihnen musste einfach klar sein, dass ich’s ernst meine.«
»Wie oft hast du nun mit der Waffe geschossen?«, fragte Marge.
»Das weiß ich wirklich nicht mehr, Sergeant. Ich würde sagen, zweimal, aber ich bin mir nicht sicher.«
»Gut. Du hältst also den 22er an Dylans Kopf.«
»Genau …« Gabe hatte seine Augen geöffnet, aber im Geiste spielte er die Szene noch einmal durch. »Ich halte den 22er auf Dylan gerichtet und … bedrohe irgendwie die anderen mit der zweiten Waffe. Und dann fiel mir Yasmine wieder ein.« Er sah Marge an. »Ich sagte ihr, sie soll wegrennen, aber sie steht da … wie festgefroren. Sie wollte sich einfach nicht bewegen.«
»Angst bewirkt so etwas.«
»Und ob.« Er lächelte. »Vielleicht wollte sie mich auch nicht alleinlassen. Denn als ich ihre Hilfe brauchte, hat sie sich verdammt schnell von der Stelle bewegt.«
»Wie hat sie dir geholfen?«
»Die ganze Zeit hab ich an den Bus gedacht. Er kommt gegen sieben, und ich dachte mir, wenn wir es zum Bus schaffen …«
Er schwieg einen Moment.
»Rückblickend würde ich sagen, wir hätten einfach abhauen oder die Polizei rufen können. Vielleicht hätten sie uns ja gar nicht gejagt. Aber ich war mir nicht sicher. Die Entscheidungen traf ich in Bruchteilen von Sekunden.«
»Das verstehe ich.«
»Ich dachte, wir müssen nur an einem öffentlichen Ort bleiben. Also fragte ich Yasmine nach der Uhrzeit. Der Bus kam in fünfzehn Minuten, und ich beschloss, die Typen hinzuhalten, bis er in Sicht war.«
»Okay, das war also um Viertel vor sieben?«
»Ungefähr. Ich forderte Yasmine auf, den ganzen Scheiß zu verstreuen … die Handtaschen, die Rucksäcke, die Portemonnaies … ich wollte die Typen ordentlich beschäftigen, damit sie gar nicht dran denken, uns zu verfolgen.«
»Und Yasmine tat, was du ihr gesagt hast?«
Gabe schnippte mit den Fingern. »Aus dem Stegreif. Sie hat sich bewegt . Sie war unglaublich.«
Marge
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