Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
viel. Um die Wahrheit zu sagen, wusste er kaum, was er eigentlich aß.
»Tut mir leid, dass Hannah dein Privatleben gepostet hat«, entschuldigte Rina sich bei ihm.
»Geht schon in Ordnung.« Er war stärker von der Rolle, als er es jemals vor einem Vorspielwettbewerb gewesen war. »Ich steh bloß nicht gern im Mittelpunkt. Also, nicht dass ich keine Beachtung finden will … Ich würd ja nicht auftreten, wenn mir das nicht gefallen würde. Aber es gibt eine Art von Aufmerksamkeit, die ist okay, und eine andere, die ist es eben nicht …« Ihm war klar, dass er dummes Zeug redete. Komm auf den Punkt, Gabe. »Am Donnerstag spiele ich einem Agenten vor.«
»Tatsächlich«, sagte Decker.
»Das ist aufregend«, sagte Rina.
»Ja, mein Lehrer bringt mich mit diesem Spitzenagenten zusammen, der alle Kammerorchester bei Sommerfestivals besetzt. Ich hoffe, ein paar Auftritte im Nebenprogramm abzukriegen. Ich glaub, das wär lustig.«
»Heißt das, du wirst für deine Auftritte bezahlt?«, fragte Decker.
»Ja, ich schätze schon.«
»Nicht schlecht.«
Die Sandwiches wurden serviert. In diesem Moment erhob sich die Nourmand-Familie von ihrem Tisch. Sohala winkte zum Abschied, und Rina winkte zurück.
Auf Deckers Lippen machte sich ein Lächeln breit. »Sie mag dich, weißt du«, sagte er zu Gabe.
Der Junge spürte, wie sein Gesicht wieder zu glühen begann. »Was?«
Decker wandte sich an Rina: »Welches der Mädchen hat die kleine Schwester so in Verlegenheit gebracht?«
»Daisy«, sagte Rina. »Sie geht in die elfte Klasse, und sie ist ein richtiger Schlaumeier.«
»Genau, sie mag dich.« Decker drohte ihm im Scherz mit erhobenem Finger. »Lass dich bloß nicht darauf ein.«
»Hör auf, ihn zu hänseln«, sagte Rina.
»Tue ich gar nicht, ich sage ihm nur die Wahrheit.« Er sah Gabe an. »Der Vater würde dir den Kopf abreißen. Und danach wäre er hinter mir her und würde mir den Kopf abreißen.«
»Hör auf«, bat Rina.
»Er ist eher ein finsterer Typ.«
»Bakshar ist Ende sechzig mit vier Töchtern, und jetzt muss er eine gigantische Hochzeit bezahlen. Wie sähe deine Laune dann aus?«
»Finster.« Decker biss in sein Sandwich, kaute und biss gleich noch mal ab. »Lecker.«
Rina blickte zu Gabe. Er hatte sein Sandwich kaum angerührt. »Hast du keinen Hunger mehr?«
»Ich glaub, ich bin satt von den Hackfleischbällchen.« Er sah zu Decker hinüber, der sein Abendessen restlos verputzt hatte. »Willst du noch was von meinem, Peter?«
»Wenn du es nicht isst?«
»Hier, nimm’s.«
»Siehst du, deshalb bist du dünn und ich dick.« Decker ertappte Gabe dabei, wie er auf die Uhr schaute. »Musst du los?«
»Ich muss für das Vorspielen üben.«
Decker legte das Sandwich ab und bestellte die Rechnung. Dann wandte er sich an Gabe, plötzlich voller Sorge. »Fühlst du dich wohl bei dem Gedanken, so jung bereits zu arbeiten?«
»In diesem Geschäft gelte ich gar nicht mehr als besonders jung.«
»Im wirklichen Leben bist du es.« Decker wurde auf einmal klar, dass er einem Kind gegenübersaß – einem sehr begabten, sehr klugen, aber immer noch einem Jungen. »Ich meine es ernst, Gabe. Ich weiß, dass du dein ganzes Leben … auf diesen Weg vorbereitet wurdest. Trotzdem, versichere dich, dass es auch das ist, was du willst. Bleib offen für alles.«
Gabe nickte.
»Ehrlich, mein Sohn. Nur du kannst dein Leben leben.«
Gabe lächelte. »Das ist wohl das erste Mal, dass mir jemand sagt, ich solle auch mal etwas anderes als die Musik in Betracht ziehen.«
»Da siehst du, wie originell ich bin«, sagte Decker.
Gabe nahm sein halb gegessenes Sandwich in die Hand und biss ab. Auf einmal hatte er wieder Appetit.
»Möchtest du dein Sandwich zurückhaben?«, fragte Decker.
»Nö, der Happen hier reicht mir.« Es ging ihm gut. »Mir gefällt, was ich mache. Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu tun.«
»Genau das wollte ich hören.« Decker war kaum mit dem Bezahlen fertig, als sein Handy klingelte. »Das ist Marge, ich sollte rangehen.«
»Aber sicher.«
»Kann ich dich zurückrufen?«, fragte Decker. »Ich bin gerade erst mit dem Essen fertig.«
»Gut«, sagte Marge.
Sie klang ernst. »Zwei Minuten.«
Rina stand mit Gabe zusammen auf. Sie gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange. »Wir sehen dich zu Hause.«
»Hoffentlich.«
»Einer dieser Anrufe?«
»Scheint so.«
»Viel Glück.« Sie warf Gabe die Autoschlüssel zu. »Ja, du darfst fahren.«
Decker begleitete sie zu Rinas Volvo
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