Teuflische Schwester
Nicken auf den
Efeuhaufen reichte er ihr die Machete. »Das muß ich
sowieso zusammenhauen. Probier’s einfach.«
Melissa starrte Todd unsicher an. Wollte er sich über sie
lustig machen? Schließlich schloß sie eine Hand zögernd
um den Griff. Fast hätte sie sie fallen lassen, als Todd
losließ.
»Vorsicht«, mahnte Todd. »Wenn dir das auf den Fuß
fällt, kannst du deinen Zehen einen Abschiedskuß geben.«
Melissa packte den Griff mit beiden Händen. »Was soll
ich jetzt tun?« fragte sie mit einem mißtrauischen Blick
auf den Haufen. »Ich komme mir so furchtbar dumm vor.«
»Auf wen bist du sauer?«
»Meine … meine Mom.«
»Dann stell dir vor, der Efeu wäre deine Mom.«
Melissa versuchte sich ihre Mutter im Haufen
vorzustellen. Dann kam ihr ein Gedanke. Die Zweige
waren Haare.
Menschenhaare.
Die Haare ihrer Mutter.
Und plötzlich schwoll die Wut wieder in ihr an. Dabei
hatte sie sie vorhin auf dem Heimweg noch so gut unter
Kontrolle gebracht.
»Ich hasse dich!« brach es aus ihr hervor. Und im
Schreien hob sie die Machete über den Kopf. Sie stellte
sich vor, es sei ihre Mutter, die da unter ihr liege. Im
nächsten Augenblick stieß sie die Klinge mit der Spitze
zuerst in den Haufen, bis es nicht weiter ging.
Wieder und wieder jagte sie die Klinge in den Efeu. Tief
in sich spürte sie, wie der um ihre Wut herum gebaute
Damm nach und nach barst. Der aufgestaute Haß brach
hervor wie eine Sturmflut. Erst schoß er in die Arme, dann
in die Waffe, und sie hackte und drosch mit der Machete
um sich. Sie tobte weiter und trat noch näher an den
Haufen heran. Langsam löste er sich unter ihrer Attacke
auf.
Ihre Arme hoben und senkten sich von selbst. Immerfort
sah und hörte sie ihre Mutter unter sich.
Jetzt machte sie sich über ihre Kleider lustig, mäkelte an
ihrer Figur herum und hatte an ihren Manieren etwas
auszusetzen.
Jetzt beugte sie sich schon wieder über sie und hatte die
verhaßten Riemen in der Hand.
Die Machete hob und senkte sich unablässig weiter. Eins
nach dem anderen zerschlug Melissa die gräßlichen
Bilder.
Plötzlich war der Zornausbruch genauso schnell vorüber,
wie er gekommen war.
Melissa ließ die Machete fallen. Keuchend starrte sie das
Durcheinander an, das sie da angerichtet hatte. Schließlich
drang Todds Stimme an ihr Ohr.
»Fühlst du dich besser?«
Sie blickte ihn verwundert an. Die Arme taten ihr von
der Anstrengung weh, und sie schwitzte am ganzen Leib.
Aber sie fühlte sich besser.
Der Zorn, der schwelende Zorn, dem sie vorhin noch
hilflos ausgeliefert gewesen war, hatte sich gelegt. Ein
verlegenes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit.
»Komisch«, hauchte sie und verstummte. Nach einer
Pause sagte sie: »Aber es war toll. Ganz toll.«
Nach einer Stunde hatte Charles sein Match gegen Teri
verloren. Während sie sofort gegen Brett Van Arsdale
antrat, sank Charles auf seinen Stuhl auf der Terrasse und
nippte dankbar am Cocktail, den Phyllis für ihn bestellt
hatte. »Ich merke, daß ich nicht mehr der Jüngste bin«,
ächzte er nach einer Weile, als er wieder zu Luft
gekommen war. »Ich muß schon ein Riesenkompliment an
Teris Tennislehrer machen, wer immer es auch war.«
Phyllis verfolgte glücksstrahlend einen Volley von Teri
gegen Brett. »Sie ist wunderbar, nicht wahr? Ist es nicht
schön, daß wir uns endlich im Club blicken lassen können,
während unsere Tochter mit ihren Freunden Tennis
spielt?«
Charles kniff die Augen zusammen. »Falls du es
vergessen haben solltest, unsere Tochter ist deinetwegen
in Tränen aufgelöst weggerannt«, sagte er gereizt, doch
leise genug, daß es am Nachbartisch nicht gehört werden
konnte.
»Einmal in allen heiligen Zeiten könntest du ihr ruhig
mal einen Punkt gönnen.«
Phyllis gefror das Lächeln auf den Lippen. »Ich habe nur
ihr Bestes im Auge«, entgegnete sie. »Indem du sie
ständig gewinnen läßt, schadest du ihr nur.« Sie hielt inne,
um Kay Fielding zuzuwinken, die ihren Gruß mit einem
Nicken entgegennahm. »Aber sie ist nicht dumm, weißt
du«, wandte sie sich wieder an ihren Mann. »Sie merkt
genau, was du tust, und das untergräbt ihr Selbstvertrauen
noch mehr.«
Nachdenklich nippte Charles an seinem Drink. Hatte sie
recht? Verwöhnte er Melissa? Es stimmte wohl. Im
Sommer bekam er sie ja nur am Wochenende zu sehen,
und auch in der Stadt hatte er soviel zu tun, daß er oft nur
eine Stunde täglich für sie Zeit fand.
Er hatte noch im Ohr, was Burt Andrews ihm vor
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