Teuflische Schwester
sagen, daß das geschehen ist, bevor ich heimgekommen
bin. Dann glaubt sie, du seist noch ans Bett gefesselt
gewesen.«
Melissa schlang impulsiv die Arme um Teri. »Das
würdest du wirklich für mich tun?«
»Aber klar doch. Ich bin doch deine Schwester, oder?
Du würdest sicher das gleiche für mich tun.«
Melissa nickte, war aber noch nicht recht überzeugt. Teri
behielt jedoch recht.
»Melissa kann es gar nicht gewesen sein«, erklärte sie
Phyllis nachdrücklich. »Cyndi und Ellen sind ja zur
gleichen Zeit wie ich aufgebrochen. Das ganze muß also
geschehen sein, während du dich mit mir unterhalten hast.
Außerdem habe ich nach dem Zubettgehen noch
mindestens eine Stunde gelesen. Ich hätte Melissa also
unbedingt gehört. Sie hätte an meinem Zimmer
vorbeigehen müssen, und eine von den Dielen knarzt.«
Zu Melissas Erleichterung hatte ihre Mutter diese
Version akzeptiert. Und da Phyllis seitdem nicht mehr
damit rechnete, daß sie im Schlaf aufstand, durfte sie jetzt
ohne Fesseln schlafen. Aber wenn ihre Mutter sich heute
wieder über sie ärgerte und weil ihr Vater zudem am
Abend abreisen mußte …
Mit einem Lächeln wachte sie aus ihrer Träumerei auf.
»Okay, willst du aufschlagen?«
»Was soll der Unsinn? Wir spielen um den Aufschlag.«
Ihre Mutter schaufelte ihr den Ball vor die Füße. Melissa
gelang der Return. Sofort kam der Ball zu ihr zurück, und
sie brachte ihn ein zweites Mal übers Netz. Nach dem
dritten Return machte ihre Mutter einen schnellen Schritt
zur Seite und drosch den Ball mit der Vorhand blitzschnell
an ihr vorbei, bevor sie überhaupt reagieren konnte.
»Ich schlage auf«, triumphierte Phyllis. Zwanzig
Minuten später stand es im zweiten Satz drei zu null für
Phyllis. Tränen der Enttäuschung traten Melissa in die
Augen. Bislang hatte sie keinen einzigen Punkt gegen ihre
Mutter gemacht. Je länger die Prozedur dauerte, desto
quälender wurde sie.
Auf dem anderen Platz tobte ein verbissener Kampf
zwischen Teri und ihrem Vater. Ihr Vater wehrte sich
verzweifelt gegen die Niederlage. Für einen Blick zu
Melissa hinüber blieb ihm keine Zeit.
Während ihre Mutter sich zum nächsten Aufschlag
anschickte, wanderte Melissas Blick wieder zum
Nachbarplatz. Teri stand dicht am Netz und schmetterte
den Ball gerade ins Feld ihres Vaters zurück. Der hetzte
mit schweißgetränktem Hemd hin und her, um die Bälle
mit Ach und Krach noch übers Netz zu bringen. Plötzlich
hörte Melissa ein trockenes Geräusch. Ihre Mutter hatte
aufgeschlagen. Sie versuchte sich auf das Spiel zu
konzentrieren, doch es war zu spät. Bevor sie sich darauf
einstellen konnte, sprang der Ball vor ihr auf und ihr mit
voller Wucht mitten gegen die Brust. Sie schrie vor
Schmerz auf. Zum Protestieren kam sie nicht mehr. Schon
folgten die Vorwürfe dem Ball.
»Also wirklich, Melissa! Wenn du dich nicht
konzentrierst, können wir gleich aufhören. Meinst du
vielleicht, es macht Spaß, mit so jemand zu spielen?«
Auf einmal ließen sich Melissas Gefühle nicht mehr
unterdrücken. »Du hast doch genau gesehen, daß ich nicht
bereit war!« schrie sie. Der Schmerz war vergessen.
Tränen der Empörung strömten ihr über die Wangen.
»Und mir macht es auch keinen Spaß. Ich bin ja nur deine
Ballholerin!«
Am Nachbarplatz ließ Charles Teris letzten Ball an sich
vorbeisausen. Statt dessen bekam er gerade noch mit, wie
seine jüngste Tochter den Schläger von sich warf und mit
eingezogenem Kopf davonrannte.
»Melissa!« rief er und wollte ihr nachlaufen.
»Herrgott noch mal, Charles!« gellte Phyllis’ Stimme
durch die Morgenluft. »Laß sie doch gehen! Sie muß
lernen, sich wie ein fairer Verlierer zu benehmen. Aber
wenn du dir ins Hemd machst, sobald sie in Tränen
ausbricht, begreift sie es nie!«
Charles ließ sich von seiner Frau nicht beirren, doch
dann meldete sich Teri zu Wort.
»Daddy? Wollen wir denn nicht zu Ende spielen?«
Unschlüssig sah er Melissa nach. Dann wandte er sich zu
Teri um. Enttäuschung stand in ihren Augen geschrieben.
Er unterdrückte einen Seufzer und kehrte zum Spiel
zurück. Wenn er Melissa zuliebe Teri jetzt stehenließ,
hätte das wieder einen Streit mit Phyllis zur Folge.
Diesmal sollte Melissa allein damit fertig werden.
Seine Hand spannte sich um den Schläger; er wartete auf
Teris Aufschlag. Phyllis ließ sich auf der Zuschauerbank
nieder.
Todd packte die Machete mit beiden Händen, hob sie wie
einen Golfschläger über die rechte Schulter und
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