Teuflische Schwester
kurzen
Augenblick lang, wollte sie sich umdrehen und wenigstens
Jeff sagen, daß sie es nicht so böse gemeint hatte. Doch
die Demütigung brannte noch zu sehr in ihr.
Hätte sie sich umgedreht, wäre ihr das Lächeln auf Teris
Gesicht nicht entgangen.
Dieses Lächeln hätte ihr gesagt, daß sie Teris
Erwartungen mehr als erfüllt hatte.
17
Ein Blick zur Uhr auf dem Schreibtisch ihres Mannes
sagte Phyllis Holloway, daß sie gerade noch Zeit hatte,
sich frischzumachen, bevor die Vorstandssitzung des
Wohltätigkeitsvereins um halb vier losging. Trotzdem
kontrollierte sie noch schnell Coras Eintragungen ins
Haushaltsbuch. Angesichts des fast unleserlichen
Gekritzels kniff sie die Lippen zusammen. Die Alte sollte
ihre Ausgaben doch wenigstens so deutlich aufschreiben,
daß ein normaler Mensch das auch lesen konnte. Schlimm
genug, daß sie jede Woche einen halben Tag damit verlor,
das alles durchzugehen! Und dann auch noch diese
unerträglichen Hieroglyphen!
Und natürlich half ihr absolut niemand dabei. Unzählige
Male hatte sie mit Charles über Coras schlampige
Buchführung gesprochen, aber seine Reaktion war stets
dieselbe gewesen: »Warum machst du dir überhaupt die
Arbeit? Seit meiner Geburt kauft Cora für die Familie ein.
Vater hatte mehr Vertrauen zu ihr als zu seinem
Rechtsanwalt.«
»Ach ja?« hatte Phyllis beim allerersten Gespräch
gereizt erwidert. »Das wundert mich allerdings. Man hat ja
keine Vorstellung, wie viele Leute sich von ihrem
Personal bis auf das letzte Hemd ausrauben lassen. Als ich
damals Gouvernante …« Sie hatte sich jäh auf die Zunge
gebissen. Selbst allein mit Charles mied sie nach
Möglichkeit jede Erinnerung an ihr Vorleben. »Es geht
ums Prinzip«, hatte sie ihn belehrt. »Sobald das Personal
merkt, daß es nicht kontrolliert wird, nutzt es das schamlos
aus. Es ist auch so schlimm genug. Ich möchte nicht
wissen, wieviel von unserem Essen in Coras eigener
Küche verschwindet.«
»Wen stört das schon?« hatte Charles achselzuckend
gemeint. »Selbst wenn sie ihre Lebensmittel stehlen würde
– und ich lege meine Hand dafür ins Feuer, daß sie das
nicht tut –, würde ich mich darüber nicht aufregen. Aber
wenn du dich besser fühlst, dann führe halt ein
Haushaltsbuch ein. Verlang nur bitte nicht von mir, daß
ich es durchgehe. Ich käme mir vor, als würde ich die
Ausgaben meiner eigenen Mutter kontrollieren.«
Phyllis hatte der Haushälterin die Wut an den Augen
abgelesen, als sie ihr vor zehn Jahren das erste
Buchführungsheft überreicht und den Grund kurz erklärt
hatte. Trotzdem hatte Cora sich vor einem lauten Protest
gehütet. Statt dessen hatte sie pflichtgetreu Tag für Tag
ihre Ausgaben vermerkt und das Heft Phyllis jeden
Mittwochmorgen zur Prüfung überreicht.
Seitdem verbrachte Phyllis fast den ganzen Mittwoch
damit, die Eintragungen durchzugehen, die Quittungen mit
den ins Heft gekritzelten Zahlen zu vergleichen und sogar
Stichproben in der Küche zu machen, ob die angegebenen
Sachen auch wirklich da waren. Abweichungen waren
kaum vorgekommen. Entdeckte sie einmal welche, so
handelte es sich um minimale Beträge. Phyllis war jedoch
felsenfest davon überzeugt, daß Coras Ehrlichkeit nur von
ihren wöchentlichen Kontrollen herrührte.
Mit einem Seufzer klappte sie das Heft zu und sah zum
Fenster hinaus. Am anderen Ende des Rasens, am
Waldrand, tauchte Todd auf. Stirnrunzelnd ließ sie den
Blick über die Hecke am Nordrand des Grundstücks
schweifen. Sie hatte Cora aufgetragen, sie solle dafür
sorgen, daß Todd sie heute beschnitt. Selbst von hier ließ
sich der unregelmäßige Wuchs erkennen. Was würden nur
wieder die Nachbarn denken?
Erzürnt nahm sie den Telefonhörer in die Hand und
drückte einen Knopf, der jeden Nebenanschluß schrillen
ließ. »Cora, komm unverzüglich in Mr. Holloways Büro.«
Sie warf den Hörer auf die Gabel und wartete. Ihre
Finger trommelten ungeduldig auf den Schreibtisch. Nach
einer halben Minute trippelte Cora geschäftig herein.
»Ja, Ma’am?« fragte die Haushälterin und sah ihre
Arbeitgeberin beunruhigt an. Sie war sich keines Fehlers
bei ihrer Buchführung bewußt. Gestern war sie bis
Mitternacht aufgeblieben, um jede Eintragung noch
einmal zu überprüfen.
»Was macht Todd?« verlangte Phyllis zu wissen. Ihr
Blick war auf das Fenster gerichtet, von wo der Junge
nach wie vor zu sehen war, wie er langsam den
Tennisplatz absuchte.
Coras Finger spielten
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