Teuflische Stiche
Küchentür, verstellte den Sender und fand das aktuelle Magazin von Oldenburg1. Sie wartete geduldig auf eine Bestellung.
«Was möchten Sie trinken?« Stephanie hatte gehofft, Geiger würde von sich aus anfangen zu reden. Er hatte die Seite mit den Speisen vor sich. »Haben Sie Hunger?«
» Ich könnte einen Happen vertragen.«
» Ich zahle. Suchen Sie sich etwas aus.«
» Seelachs mit Kartoffelsalat? Ist das recht?«
» Kaffee dazu oder ein Bier?«
» Einen Pharisäer bitte.«
Stephanie wählte für sich eine Cola light und bestellte Kaffee mit Rum und Seelachs. Es dauerte, bis die Wirtin zurückkam. So lange hörten die Kommissarin und ihr Gegenüber der laut geführten Diskussion an der Theke zu. Es ging um die eben gesendeten Vorschläge für Einsparungen im städtischen Haushalt. Kleine Windkraftanlagen sollten bei Sozialhilfeempfängern aufgebaut werden, weil die sich sowieso nicht wehren würden und die Stadt über kurz oder lang ohnehin deren Stromkosten bezahlen müsse.
» Ich kenne ja Ihre Lage, aber Sie scheinen sie nicht als katastrophal zu empfinden. Möglicherweise haben Sie einen Weg gefunden, Ihre Zeit auszufüllen. Hat Ihr Zeitvertreib etwas mit von Eck zu tun?«
» Nicht schlecht gezielt, aber daneben.«
» Jetzt sind Sie dran.«
» Es geht doch gar nicht um mich. Sibelius soll aufgestöbert werden, und zufällig gehe ich Ihnen ins Netz.«
» Treffer!«
» Der Kommissar musste aufbrechen, weil man von Eck festgesetzt hat.«
» Daneben. Wir haben keine Ahnung, wo sich von Eck aufhalten könnte. Wir suchen ihn nicht, um ihn zu verhaften. Wir wollen ihn nur befragen. Helfen Sie uns bitte, ihn zu finden.«
» Warum sollte ich das tun?«
» Weil Sie ihn kennen.«
» Ich sage Ihnen, weshalb ich Ihnen helfen will. Es ist in meinem eigenen Interesse. Uns verbindet mehr als nur diese unwürdige Lebensweise, von Sozialhilfe oder Almosen abhängig zu sein.« Geiger schob Kartoffelsalat auf die Gabel. Bevor er sie zum Mund führte, folgten seine Augen einer Frau, die den Schankraum betrat und sich zu den Männern an die Theke stellte. »Ich würde bei von Eck nicht von einem Freund sprechen. Eher trifft wohl die Bezeichnung Kollege zu.«
Die Kriminalbeamtin sah zu, wie er Kartoffel- und Seelachsreste zusammenkratzte.
» Die ganze Wahrheit ist, ich habe Sibelius vor drei Jahren in Rastede kennengelernt. Er hat auf eine Anstellung in der Forschung bei Pauschler gehofft. Doktor Pauschler und von Eck haben nämlich dasselbe Gymnasium besucht. Pauschler ist ein paar Jahre älter und wohl so etwas wie ein Vorbild für von Eck gewesen. Später haben beide im Abstand von einigen Semestern Pharmazie in Heidelberg studiert. Der eine hat promoviert, der andere hat das Studium abgebrochen und ist in der Welt verschwunden. Und vor gut drei Jahren hier aufgetaucht. Mein damaliger Chef hat ihn mir vorgestellt.« Er machte eine Pause, als überlege er, wie oder was er weiter erzählen könne.
» Pauschler hat ihn aber abblitzen lassen. Ohne abgeschlossenes Studium keine Anstellung, hat er sich mir gegenüber gerechtfertigt, und außerdem wäre sowieso keine Stelle frei. Später habe ich erfahren, dass von Eck ein ganz bestimmtes Forschungsprojekt im Blick hatte. Er hat eigentlich nur ein Labor für seine privaten Experimente gesucht. Da ist die Weigerung von Pauschler verständlich, habe ich zuerst gedacht. Ein paar Tage darauf hat von Eck mir aufgelauert und ist mir in einigem Abstand gefolgt, bis ich stehengeblieben bin und ihn angesprochen habe. Langer Rede, kurzer Sinn: Er hat mir in einer Nacht seinen Forschungsansatz erklärt und mich überzeugt.«
Geiger führte seinen leeren Kaffeebecher zum Mund und stellte ihn dann demonstrativ vor Stephanie ab.
» Noch einen?«
» Gern.«
Er hielt der Wirtin den Becher hin, die seine Bestellung mit einem Nicken quittierte.
» Dann haben wir einen Fehler gemacht. Statt uns ein eigenes Labor einzurichten oder anzumieten, ich hätte sogar das Geld dafür aufbringen können, habe ich begonnen, heimlich in Pauschlers Labor an unserem Projekt zu forschen. Ab und zu habe ich Sibelius eingeschleust, und wir haben gemeinsam gearbeitet.«
» Was genau haben Sie gemacht?«
» Sibelius hatte eine fünfte Untergruppe des Denguefiebererregers entdeckt. Er glaubt, sein Bruder sei daran gestorben. Ein Stich einer Mücke und er war tödlich infiziert , hat er immer wiederholt, ein teuflischer Stich . Die vier schon früher entdeckten Untergruppen führen ja nicht in
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