Teuflische Stiche
befürchten als durch die Viren des Freiherrn von Eck.«
»Sie wissen schon, dass solche Beschlüsse Sache der Politik sind und nicht der Polizei, oder?« Weis erhob sich. »Ich würde von Eck wirklich gern sprechen. Sollte er hier auftauchen, unterrichten Sie mich dann? Es könnte auch für Sie von Vorteil sein.«
»Was steht denn morgen in der Zeitung?«
»Lesen Sie den Artikel.«
Auf dem Weg zurück nach Oldenburg telefonierte Weis mit Konnert. »Du hast doch noch etwas bei deinem Kollegen Struß gutzumachen. Bei Pauschler werden Akten im großen Stil vernichtet. Gib ihm mal den Tipp.«
»Warum soll das für ihn interessant sein?«
»Weil in Uganda zwei deutsche Mediziner verhaftet worden sind. Sie haben dort eine klinische Testreihe geleitet, die Pauschler in Auftrag gegeben und finanziert hat. Die Ärzte sind in Kampala speziell und ausschließlich für diesen Job eingestellt worden. Aufschlussreich?«
»Ruf du ihn selbst an. Wenn ich es mache, denkt er vielleicht, ich wollte ihm vorschreiben, was er tun soll.«
***
Wieder einmal mussten die Hacken herhalten. Venskes Schuh knallte gegen die Wohnungstür, dass es durchs ganze Haus hallte. Stephanie beobachtete ihn von der gegenüberliegenden Wand aus. Mit dem Rücken zur Tür bekam er den Schatten in dem Türspion nicht mit und trat weiter zu.
Bei seinen Überlegungen, wer möglicherweise noch etwas zum Aufenthaltsort des Freiherrn beitragen konnte, hatte er sich an Addiksen erinnert. Seine Aussage, wann er Renate Dreher zuletzt gesehen hatte, war ganz offensichtlich dreist gelogen. Das wollte er jetzt beweisen.
Langsam öffnete sich die Tür. Ein elend aussehender Addiksen zog sie ganz auf und ließ die Beamten an sich vorbei in die Wohnung. Er raffte seine fleckige Schlafanzughose über dem nackten Bauch zusammen. An seiner Jacke hing nur noch der mittlere Knopf schlaff herunter. Addiksens Kinn und Wangen waren von Bartstoppeln und Hautabschürfungen übersät. Ein Bluterguss im und um das linke Auge und die Schwellung der linken Gesichtshälfte ließen auf einen Kampf schließen. Er schlurfte hinter den Kommissaren her und fiel so matt aufs Sofa, als habe er einen Marathonlauf hinter sich.
»Herr Addiksen«, Stephanie umrundete den Tisch und beugte sich vor, »brauchen Sie einen Arzt?«
Wie in Zeitlupe drehte er seinen Oberkörper in ihre Richtung. »Ich bin nicht krankenversichert.«
»Wir könnten trotzdem dafür sorgen, dass Sie medizinische Hilfe bekommen.«
»Nein, danke. Es muss so gehen.«
»Deine Entscheidung.« Venske setzte sich. »Welche Kellertreppe bist du hinuntergefallen?«
»Haha«, kam es müde zurück. »Vier Schläger sind hinter mir her gewesen. Vier gegen einen. Feige Arschlöcher.« Er atmete flach, mit der Hand auf der linken Seite.
»Sie müssen sich röntgen lassen.«
»Er kommt schon wieder auf die Beine. Unkraut vergeht nicht.«
»Wenn ich jetzt sage, was ich denke, bin ich dran, Sie …«, Addiksen unterbrach sich.
»Kann sich kaum aufrecht halten, aber frech wie eh und je.«
»Wollen Sie Anzeige erstatten?«
Addiksen blickte Stephanie ins Gesicht. »Anzeige? Und morgen steht im Polizeibericht der Zeitung, dass ich zu den Bullen gelaufen bin. Meine Kollegen lachen sich schief, und die Kerle kommen zurück und machen mich alle. Nee, lassen Sie man gut sein.«
»Der alte Addiksen kommt zum Vorschein. Selbstbewusst und stolz. Dann können wir ja endlich mit dem anfangen, was uns hierhergeführt hat.«
Addiksen drehte seinen Oberkörper langsam in Richtung Venske. »Und das wäre?«
»Wie schon einmal: Wann hast du Renate Dreher zuletzt gesehen? Und jetzt lüg mich nicht an.«
»Ich erinnere mich nicht daran.«
»So können sich Politiker vor Untersuchungsausschüssen herauswinden, du bei mir nicht. Wann?«
»Und wenn Sie mich hundert Mal fragen, ich weiß es nicht.«
»Und ich glaube dir zum hundertsten Mal nicht. Ich frage dich jetzt zum einhundertundersten Mal. Irgendwann fällt es dir wieder ein.«
Addiksen schwieg.
»Na gut. Wenn du nicht sagen willst, wann du sie gesehen hast, dann frage ich dich: Wo hast du sie zum letzten Mal gesehen?«
Stephanie registrierte die leichte Veränderung der lädierten Gesichtshaut ins rötliche. »Ich sehe es Ihnen an, dass Sie gut behalten haben, wo es gewesen ist. Sagen Sie es uns.«
Sein Oberkörper wandte sich ihr zur und kippte eine Handbreit zurück, von ihr weg. »Sie sehen meine kaputte Unterlippe und die bunten Farben unter meinen Augen. Sonst sehen Sie
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