Teuflische Stiche
nichts. Sie können mir vor den Kopf blicken, aber nicht hinein. Sie können keine Gedanken lesen.«
»Herr Addiksen, es gibt die Aussage eines Bewohners des Hauses, in dem der Lederne wohnt. Zwei Männer seien am 19. März aus dessen Wohnung gekommen. Das ist ein Dienstag gewesen. Gestern vor zwei Wochen. Sind Sie das zusammen mit Schäperklaus gewesen?«
»Ich sage nichts.«
»Wo bist du am Dienstag vor zwei Wochen gewesen?«
»Das habe ich doch schon bei Ihrer letzten Befragung gesagt. Mit Karl …«, er schluckte. Für drei Sekunden sah es so aus, als kämen ihm die Tränen. Dann redete er weiter: »Wir haben die Hände aufgehalten und anschließend das Geld in Alkohol umgesetzt.«
»Mit Karl? Das glaube ich dir nicht. Der hat nie gebettelt, das musste seine Frau für ihn machen.«
»Ich habe mal gelesen, dass man sich vor der Polizei nicht selbst belasten muss. Aussageverweigerungsrecht heißt das, glaube ich.«
»Addiksen, ich bin ein geduldiger Mensch, wie du weißt. Mach hin. Wo bist du am Dienstag der vorigen Woche gewesen?«
»Das Recht zu schweigen haben Sie nur als Beschuldigter, Herr Addiksen. Das sind Sie nicht.«
»Rede!«
»Ihr dreht mir ja doch nur einen Strick aus meinen Aussagen. Ich will einen Anwalt.«
»Du kennst dich in der Strafprozessordnung gut aus«, sagte Venske grinsend. »Jetzt mache ich aus dir einen Beschuldigten. Ich beschuldige dich der Tötung von Renate Dreher und nehme dich vorläufig fest. Deine Rechte kennst du ja auswendig.«
***
Das Telefon riss Konnert aus Grübeleien. Babsi meldete sich: »Ihr seid kurz vor der Lösung des Falls, höre ich. Mir geht es gut. Da will ich wieder mit dabei sein. Was kann ich tun?«
»Du bist Gold wert, Babsi. Wir bemühen uns, jeden zu fragen, der möglicherweise eine Aussage über von Ecks Aufenthaltsort machen kann. Wir müssen ihn dringend finden, denn wir befürchten, dass er Denguefiebererreger mit sich herumträgt. Ich habe mich schlau gemacht. Eigentlich darfst du nur noch im Innendienst arbeiten. Aber die Leute im Tagesaufenthalt kennen dich. Willst du da hingehen und noch einmal versuchen, etwas herauszukriegen?«
»Alles klar, Chef. Ich melde mich wieder.«
Der nächste Anrufer war Alois Weis. »Damit du mir später nicht vorwirfst, ich hätte was sagen können: Die beiden von Pauschler angestellten Ärzte wurden in Kampala verhaftet …«
»Das weiß ich schon.«
»Aber nicht warum. Nämlich weil es zu Todesfällen bei den Probanden gekommen ist. Die Behörden gehen davon aus, dass die Toten nicht freiwillig an den Testreihen teilgenommen haben.«
»Danke für die Information. Sprich mir noch einmal vor, wie man sich in Bayern verabschiedet.«
»Pfiat di.«
Bevor Konnert nachsprechen konnte, hatte sein Spezi schon aufgelegt.
Wenige Augenblicke später klingelte das Telefon erneut. »Ich bin’s, Zahra.«
»Zahra?«
»Ja, wir kennen uns«, sie lachte. »Können wir wieder gemeinsam Abendbrot essen? Vielleicht heute mal bei dir?«
Konnert suchte seine Uhr in der Hosentasche. Zehn nach drei, und ich habe noch nicht mal ans Mittagessen gedacht. Und schon gar nicht ans Abendessen. »Dazu kann ich jetzt nichts sagen. Wir rotieren hier alle.« Er machte eine Pause. »Nein, ich glaube nicht, dass ich dich zu mir zum Abendessen einladen kann. Es tut mir leid, Zahra, es geht heute wirklich nicht.«
»Schade!«
Aus dem einen Wort hörte er deutlich ihre Enttäuschung heraus. Sofort war die Erinnerung an Hunderte Anrufe präsent, in denen er seiner Frau diesen Satz gesagt hatte. Es tut mir leid, es geht wirklich nicht. Ein anderer Gedanke hängte sich an: Kann ich Zahra zumuten, immer wieder auf mich warten zu müssen? Ich habe noch ein paar Dienstjahre mit unregelmäßigen Arbeitszeiten vor mir. Will ich auch sie ständig vertrösten müssen?
»Bist du noch dran, Adi?«
»Ja, natürlich. Ich habe nur meinen Kopf voll mit …« Mit wichtigeren Dingen, hatte er sagen wollen und sich gerade noch bremsen können. »Es tut mir wirklich leid, Zahra. Wir sehen uns dann morgen zum Frühstück im Backshop.«
»Ist gut, Adi. Dann bis morgen.«
Ist gut. Sage ich das nicht zu Bernd, wenn er mir auf die Nerven geht?
Er kam mit seinen Überlegungen nicht zum Ende, weil er schon wieder angerufen wurde.
»Es gibt erste Ergebnisse aus dem Landeskriminalamt.« Van Stevendaal war am Apparat. »Auf der DVD scheinen fortlaufende Einträge zu sein. Sie vermuten, der Freiherr hat seine Forschungsarbeit täglich wie in einem Logbuch
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