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Teuflische Stiche

Teuflische Stiche

Titel: Teuflische Stiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Brüning
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Maria zu mir.«
    »Gern. Ich bin Adi.« Er überlegte. »Maria? So heißen bei uns viele in Bayern oder auch in Österreich. Bist du nicht in Afrika zur Welt gekommen?«
    »Doch, ich komme aus Afrika, aus Burkina Faso.«
    Konnert versuchte, sich Afrika vorzustellen. Westafrika? Sahelzone?
    »Meine Eltern haben zur christlichen Minderheit gehört«, erzählte Zahras Mutter, »darum Maria.« Nach einem Zug an ihrer Zigarette sagte sie: »Und du bist Polizist.«
    Konnert wusste nicht, ob das als Frage oder als Feststellung gemeint war. Er antwortete ausweichend: »Das ist wohl so.«
    Es entstand eine Pause, in der jeder rauchte und an dem anderen vorbeisah.
    Konnert meinte etwas sagen zu müssen und fragte: »Warum bist du nach Deutschland gekommen?« Im selben Augenblick, in dem er die Frage aussprach, merkte er, dass es wieder eine Polizistenfrage war.
    »Keine Frage ist mir in Deutschland häufiger gestellt worden. Einige haben so gefragt, dass ich merken musste, ihnen wäre es lieber, ich wäre dort geblieben oder würde bald wieder verschwinden.«
    Konnert hätte seine Frage gern zurückgenommen oder anders gestellt oder dazu gesagt, warum er sich dafür interessierte.
    »Ich hatte die Wahl, entweder Gefängnis, Folter und Tod oder Flucht. Für was hättest du dich entschieden?«
    Konnert schwieg. Ihm war es peinlich, zu antworten. Natürlich wäre er auch geflohen oder hätte sich irgendwo verkrochen. Ich bin kein Held, dachte er.
    »Ich bin 1980 am Lehrerstreik gegen die Regierung beteiligt gewesen. Unser Aufstand ist gescheitert und ich musste verschwinden. Da hat meine Familie etwas Geld für mich gesammelt. Das hat für ein Flugticket nach Frankreich gereicht. In Paris habe ich mich in einen Deutschen verliebt und bin ihm nach Bremen gefolgt. Wir haben geheiratet, und Zahra ist unsere Tochter. Wegen ihr bin ich immer noch in Deutschland. Ihr Vater hat uns verlassen, noch bevor Zahra geboren wurde. Ich sage es dir gleich: Frauenpower steht vor dir.« Sie lachte wieder, wiegte sich dabei in den Hüften und klatsche vor Freude über ihren Ulk in die Hände.
    »Du sprichst außergewöhnlich gut Deutsch.« Warum muss ich immer alles gleich beurteilen?, ärgerte sich Konnert und versuchte, die Feststellung abzuschwächen: »Ich bewundere dich dafür.«
    »In Burkina Faso bin ich Lehrerin für Französisch und Deutsch gewesen. Möglicherweise ist das der Grund. Vielleicht aber auch, weil Zahra mich dauernd korrigiert. Sie ist sehr streng mit ihrer Mutter.«
    »Und was machst du jetzt?«
    »Ich arbeite im Hafen, in einer Futtermühle. Das ist ein guter Job, immer im Trockenen, immer warm.« Sie lachte wieder. »Und du bist der erfolgreichste Polizist in Oldenburg, sagt Zahra.«
    Konnert erwiderte das Lachen und wiegte seinen Kopf leicht hin und her. »Ich gehöre zu einem fleißigen Team. Das stimmt schon.« Ihm fiel Venske im Kommissariat ein.
    Während Maria Yaméogo ihre Kippe zu einem Aschenbecher brachte, wanderten Konnerts Gedanken erneut ab zu Sibelius von Eck. Wohin ist der verschwunden? Hat er so viel Geld, dass er sich ins Ausland absetzen kann? Vielleicht nach Holland oder Dänemark?
    Er fummelte sein Handy aus der Hosentasche und schlenderte ein paar Schritte an den Rand des Platzes, um Venske anzurufen.
    Es gab keine neuen Informationen.

    Maria Yaméogo diskutierte in einer Gruppe junger Frauen. Konnert mochte sich nicht dazustellen, konnte sich aber auch nicht entschließen, ins Haus zu gehen. Das Gefühl als Weißer unter all den Schwarzen fehl am Platz zu sein, kroch in ihm hoch. Verlegen werkelte er an seiner Pfeife herum.
    Gemächlich begannen die Glocken der Kirche zu läuten. Die Gruppen lösten sich auf und gingen ins Gemeindehaus. Konnert blieb an der Tür zum Saal stehen.
    Helfer hatten die Tische zusammengeklappt, an den Wänden eine Reihe Stühle aufgestellt, auf die sich vor allem ältere Frauen und Männer setzten. Die jungen Leute bewegten sich in die Mitte. Er suchte Zahra oder ihre Mutter im Gewühl. Er konnte sie nicht entdecken.
    Mit einem Mal trat jemand hinter ihn und verdeckte ihm mit gut riechenden Händen die Augen. »Komm mit!« Zahra zog ihn zu den jungen Leuten. Er wäre gern an der Tür stehen geblieben und hätte erst einmal alles aus der Distanz beobachtet.
    Es wurde still im Saal.
    Vor Konnert senkte eine Frau ihren Kopf. Ein Mann neben ihr hob beide Hände zur Decke. Konnert sah zur Seite. Zahra streckte ihre hellen Handflächen vor. Auf ihrem Gesicht strahlte ein

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