Teuflische Versprechen
zitterte am ganzen Körper, während sie sprach, trank ihr Glas leer und drehte es zwischen den Händen.
»Ich kann in etwa nachvollziehen, wie Sie sich fühlen, aber …«
»Nein«, stieß sie hervor und sah Durant an, »das können Sie nicht, denn Sie haben so etwas ganz sicher noch nie erlebt. Sie haben bestimmt schon einige Tote gesehen, aber noch nie miterlebt, wie Ihre beste Freundin langsam umgebracht wird,während Sie hilflos ein paar Kilometer weiter am Telefon stehen und nichts tun können. So etwas kann sich keiner vorstellen. Und Rita war meine beste Freundin!« Sie schluchzte, nahm ein Taschentuch und wischte sich über die Augen und die Wangen und putzte sich leise die Nase.
»Frau Michel, Ihre Freundin hat heute Vormittag auf meinem Apparat angerufen, aber ich war nicht im Büro. Mein Chef hat das Gespräch entgegengenommen, weil ich auf ihn umgestellt hatte. Sie hat ihm jedoch nicht sagen wollen, um was es ging. Können Sie sich vorstellen, was sie wollte, und können Sie sich auch vorstellen oder wissen Sie vielleicht sogar, woher sie meine Nummer hatte, denn sie hat nicht über die Zentrale angerufen, dann wäre sie nämlich direkt mit meinem Vorgesetzten oder einem anderen Mitarbeiter verbunden worden?« Noch während sie den letzten Satz sprach, durchfuhr es sie, ohne es sich anmerken zu lassen. Sie dachte unwillkürlich an die beiden Anrufe in Abwesenheit, die in ihrem Telefon gespeichert waren. War das vielleicht auch Rita Hendriks gewesen? Hatte sie womöglich versucht mich zu erreichen, während wir meinen Geburtstag gefeiert haben? Verena Michel senkte den Blick und nestelte an ihrem Taschentuch. Sie wirkte nach der Frage noch nervöser.
»Frau Michel, haben Sie meine Frage verstanden?«
»Ja«, kam es kurz und zögerlich zurück.
»Und? Hören Sie, normalerweise rufen die Leute nicht zum Spaß bei mir an. Ich will den Mörder haben, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten kann. Aber dazu brauche ich Ihre Hilfe.«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Dann erzählen Sie sie mir, ich habe Zeit. Wenn es sein muss, die ganze Nacht. Und ich garantiere Ihnen, dass ich vorerst mit niemandem darüber sprechen werde, wenn Sie esnicht wünschen. Ich kann Ihnen nur so viel sagen, dass ich für die Kollegen in meiner Abteilung die Hände ins Feuer legen würde.«
»Vergessen Sie’s, ich würde für niemanden mehr meine Hände ins Feuer legen!«, stieß Verena bitter hervor. »Wir haben uns da auf etwas eingelassen, das jetzt außer Kontrolle geraten ist.«
»Auf was haben Sie sich eingelassen?«, fragte Durant behutsam nach. »Etwas Illegales?«
Verena hob das leere Glas hoch und signalisierte damit der Bedienung, ihr noch einen Tequila Sunrise zu bringen. »Vielleicht ist es illegal, aber ist es das, wenn man einem Menschen in Not hilft? Rita und ich haben es zumindest versucht, und jetzt ist Rita tot. Wir werden nie mehr hier sitzen und bis zum Morgengrauen quatschen, wir waren nämlich öfter hier …«
»Ich unterbreche Sie nur ungern, doch wovon reden Sie genau? Ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Wem haben Sie zu helfen versucht?«
Verena Michel sah Durant traurig an, und doch wirkte ihr Blick, als wollte sie herausfinden, was für eine Frau ihr gegenübersaß. Schließlich überwand sie sich, beugte sich weit nach vorn und sagte langsam und bedächtig und so leise, dass niemand mithören konnte: »Es geht um eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, die vorgestern in meine Praxis gestürmt kam und mich bat, ihr zu helfen. Ich habe sie mit zu mir nach Hause genommen und dort erfahren, dass man sie seit beinahe vier Jahren zur Prostitution zwingt. Sie wollte aber unter gar keinen Umständen, dass die Polizei eingeschaltet wird, Sie können vielleicht verstehen, warum …«
»Sie sind Ärztin?«, fragte Durant, ohne auf das Letzte einzugehen.
»Nein, Psychotherapeutin. Aber das ist unwichtig. Jedenfallshabe ich überlegt, was wir tun können, bis mir als einzige Lösung Rita eingefallen ist. Schließlich ist sie Anwältin und würde uns vielleicht ein paar Tipps geben können. Ich rief sie an, sie kam noch am selben Abend, wusste aber auf die Schnelle auch keinen Rat. Sie sagte mir jedoch, dass sie sich mit einem Freund in Verbindung setzen wolle, um sich mit ihm zu besprechen. Ein Journalist …«
»Halt«, unterbrach Julia Durant sie mit zusammengekniffenen Augen. Ihre Pulsfrequenz erhöhte sich schlagartig, als sie das Wort Journalist hörte. »Hat Frau Hendriks gesagt, wie dieser
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