Teuflischer Sog
konnte.
Als er über die vordere Kante des Auflegers blickte, sah er die acht rotierenden Antriebsräder des Sattelschleppers und, durch den Rahmen des Chassis, die vorbeirasende schotterbedeckte Piste. Ein Fehltritt – und er landete unter zwanzig Tonnen exotischem Hartholz.
Anstatt zu springen, kletterte er an den Kopfenden der Baumstämme nach unten und setzte vorsichtig einen Fuß auf das Chassis der Zugmaschine. Durch das Heckfenster des Führerhauses konnte er den Kopf des Fahrers ausmachen, und wenn der Mann zufälligerweise einen Blick in den Rückspiegel warf, würde auch er seinen ungebetenen Mitfahrer sehen. Juan trat auf den rautenförmigen Treibstofftank, der so breit wie ein großes Fass war. Er packte mit der rechten Hand den Griff, den man dicht hinter der Fahrertür ans Führerhaus geschraubt hatte, und legte die andere Hand auf den Türgriff. Das bärtige Gesicht des Fahrers füllte den großen Außenspiegel direkt vor ihm.
Der Blick des Argentiniers wanderte nach links, und in der Sekunde, die sein Gehirn brauchte, um zu registrieren, was er sah, riss Juan die Tür auf und packte den Mann am Kragen. Die Tür schwang zurück gegen Juans Arm, entwickelte jedoch nicht genügend Druck, um Juan zu bremsen, als er den unglücklichen Mann aus seinem Sitz hievte und weit genug vom Laster wegschleuderte, so dass er nicht unter seine Räder geriet.
Juan zog die Maschinenpistole vom Rücken nach vorn und schwang sich in den Sitz. Dabei stellte er fest, dass das Führerhaus, obwohl beide Seitenfenster vollständig geöffnet waren, nach saurem Schweiß, stark gewürzten Speisen und einem Hauch Cannabis stank. Er hatte den Fuß schon auf dem Gaspedal, bevor der Laster drei oder vier Stundenkilometer langsamer geworden war. Er blickte in den Rückspiegel und sah, dass der Fahrer langsam wieder auf die Füße kam. Zwar wirkte er noch benommen, sicher, aber offensichtlich war er nicht ernsthaft verletzt.
Jetzt käme also der schwierige Teil, dachte Cabrillo grimmig. Als er kurz nach oben zur Straße schaute, konnte er eine zarte Staubwolke erkennen, die wahrscheinlich von den Männern stammte, die Jagd auf ihn machten. Vor ihm war die Straße immer noch frei. Die Soldaten der Neunten Brigade näherten sich auf ihrer langen Talfahrt wahrscheinlich gerade der nächsten Haarnadelkurve. Juan lenkte den Sattelschlepper vorsichtig zur Seite, so dass die äußeren Räder immer näher an den Straßenrand und den Steilabbruch heranrückten. Der Untergrund war außerhalb der bei hunderten von Durchfahrten festgestampften Fahrspuren erheblich lockerer. Geröll knirschte unter den Reifen und tanzte den mit Baumstümpfen übersäten Steilhang hinab.
Da!
Der Höhenvorteil auf dem oberen Abschnitt der Transportstraße erlaubte Juan einen ungehinderten Blick auf die näher kommenden Pick-ups unter ihm. Sie fuhren bei weitem nicht so schnell, wie er erwartet hatte. Und so fragte er sich, ob sie mit der letzten Kurve wohl Probleme gehabt haben mochten. Der Gedanke weckte in ihm aufrichtigen Respekt vor den Männern, die doch ein Dutzend Mal am Tag den Berg hinauf- und hinunterfuhren.
Juan lenkte den Laster noch näher an den Straßenrand. Die Vorderreifen gruben tiefe Furchen in das Straßenbankett, während die äußeren Antriebsräder und die Außenräder auf der rechten Seite des Auflegers praktisch im Freien hingen. Mit einer Aufholgeschwindigkeit von fast neunzig Stundenkilometern, aber durch achtzig vertikale Meter voneinander getrennt, rasten die drei Fahrzeuge aufeinander zu.
Ohne den Blick von der Straße zu lösen, tastete Juan nach dem Türgriff und vergewisserte sich, dass die Tür nicht verriegelt war. Jetzt kam es nur noch auf den richtigen Zeitpunkt an. Zu früh – und sie würden anhalten. Zu spät – und er würde sie verfehlen.
Juan rechnete es sich so genau wie möglich aus. Er riss das Lenkrad nach rechts und warf sich aus dem Führerhaus, landete hart auf der Straße, rollte sich jedoch wie ein Akrobat über die Schulter ab und kam sofort wieder auf die Füße.
Der Sattelschlepper schwankte eine weitere Sekunde lang auf der Kante, bevor er von der Straße rollte. Er kippte auf die Seite, wobei sein Schwung den Kühlergrill durch den aufgewühlten Untergrund pflügen ließ, bis er gegen den Stumpf eines Baumes prallte, der sicherlich hundert Jahre dort gestanden hatte, ehe die Profitgier sein Schicksal besiegelte. Dampf wallte aus dem geplatzten Kühler, und die Windschutzscheibe wurde in zwei noch
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