Teuflischer Sog
die Tür einen Spaltbreit geöffnet wurde.
»Was wollen Sie?«, fragte James Ronish säuerlich.
Soweit Juan erkennen konnte, war er ein großer Mann mit Bauch, schütterem grauem Haar und misstrauischen Augen. Er stützte sich auf einen Aluminiumgehstock. Unter seiner Nase war eine Sauerstoffkanüle aus transparentem Plastik zu sehen. Schläuche führten zu einem Sauerstoffkonzentrator, der so groß wie ein Mikrowellenherd war.
»Mr. Ronish, mein Name ist Juan Cabrillo. Dies ist Max Hanley.«
»Und?«
Der Bursche ist wirklich die Freundlichkeit in Person, dachte Juan. Er war sich nicht sicher, was er erwartet hatte, aber er nahm an, dass Mark mit seiner Einschätzung richtiglag. Ronish schien ein alter Mann zu sein, der die Kalenderblätter zählte, bis er starb.
»Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, daher komme ich gleich damit heraus.«
Juan machte keine Pause, aber Ronish unterbrach ihn sowieso. »Machen Sie sich keine Mühe«, sagte er und schickte sich an, die Tür zu schließen.
»Mr. Ronish, wir haben den Flying Dutchman gefunden. Na ja, eher das Wrack.«
Sein ganzes Gesicht bis auf die rote Säufernase verlor jegliche Farbe. »Meine Brüder?«, fragte er.
»Wir fanden einige Überreste auf dem Pilotensitz.«
»Das dürfte Kevin gewesen sein«, sagte der alte Mann leise. Dann schien er sich einen Ruck zu geben und wurde wieder wachsam. »Was haben Sie damit zu tun?«
Max und Juan wechselten einen kurzen Blick, als wollten sie sagen, dass es überhaupt nicht so lief, wie sie es geplant hatten.
»Na ja, Sir …«
»Wenn Sie wegen Pine Island hier sind, das können Sie vergessen.«
»Sie verstehen nicht. Wir waren gerade in Südamerika. Wir arbeiten für …« – Juan hatte die Absicht gehabt, die Vereinten Nationen als Tarnung zu benutzen, doch er vermutete, dass jemand wie Ronish dann noch misstrauischer werden würde – »eine Bergwerksgesellschaft, die nach Bodenschätzen sucht, und so haben wir also die Absturzstelle gefunden. Wir mussten umfangreich recherchieren, um zu erkennen, was wir eigentlich gefunden hatten.«
In diesem Moment setzte der Regen ein. Eisnadeln, die durch die Kieferäste rauschten und wie Hagelkörner auf den Erdboden prasselten. Ronishs Hauseingang hatte kein Vordach, daher öffnete er widerstrebend die Tür, damit die beiden Männer eintreten konnten.
Es roch nach alten Zeitungen und Speisen, die sich kurz vor dem Verderben befanden. Die Geräte in der Küche gleich neben dem Eingang waren mindestens vierzig Jahre alt, der Fußboden hatte das matte Finish von altem Linoleum. Die Wohnzimmermöbel zeigten das gleiche Mausbraun wie der zerschlissene Teppich. Illustrierte stapelten sich auf den Tischen und an den Wänden. Neben der Haustür waren fünfzehn oder zwanzig Sauerstoffflaschen aufgestapelt. Die nackte Neonröhre in der Küche gab ein elektrisches Pfeifen von sich, das auf Cabrillo genauso quälend wirkte wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer Schultafel.
Die einzige Beleuchtung kam von einer Stehlampe neben dem Sessel vor dem Fernsehapparat. Juan hätte schwören können, dass sie eine Fünf-Watt-Glühbirne hatte.
»Sie haben sie also gefunden, hm?« Ronish klang nicht so, als würde es ihn sonderlich interessieren.
»Ja. Sie sind in Nordargentinien runtergekommen.«
»Das ist merkwürdig. Als sie aufbrachen, sagten sie, sie würden entlang der Küste suchen.«
»Wissen Sie, wonach genau sie gesucht haben?« Max ergriff zum ersten Mal das Wort.
»Natürlich. Aber es geht Sie nichts an.«
Ein unbehagliches Schweigen entstand für einige Sekunden. Dies war nicht der tröstliche Moment, den sich Juan erhofft hatte. In Ronishs Reaktion lag nichts, das in irgendeiner Weise lindern konnte, was mit Jerry Pulaski geschehen war.
»Nun, Mr. Ronish« – Juan hielt das Bündel hoch, das sie aus dem abgestürzten Luftschiff geborgen hatten –, »dies haben wir im Wrack gefunden und dachten, dass es vielleicht wichtig ist. Wir wollten es Ihnen übergeben und Ihnen ein wenig Gewissheit über das Schicksal Ihrer Brüder verschaffen.«
»Ich will Ihnen mal was sagen«, entgegnete Ronish, und zornige Falten entstanden um seine Augen herum. »Wenn diese drei nicht gewesen wären, würde Don noch am Leben sein, und ich hätte nicht diese dämlichen Ideen von Romantik und Abenteuer gehabt, wegen denen ich freiwillig nach Korea gegangen bin. Wissen Sie, wie es ist, wenn einem die Chinesen ein Bein weggeschossen haben?«
»Eigentlich
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