Teuflischer Sog
Tijitu-Brosche trägt.«
»Eine was?«
»Das ist das taoistische Symbol für Yin und Yang. Eine Hälfte ist schwarz, die andere weiß. Aber, hören Sie, das ist nicht so wichtig. Ihre Hilfsstudentin hat mich eben noch einmal angerufen. Sie sagt, sie habe gestern noch einen Anruf von einem Mann bekommen, der sich nach Tamara erkundigt hat. Ihr ist gerade eingefallen, mich deshalb anzurufen.«
Juans Magen krampfte sich zusammen. »Was hat sie diesem Mann gesagt?«
»Alles. Sie hatte nicht das Gefühl, die Angelegenheit vertraulich behandeln zu müssen.«
»Hat sich der Mann identifiziert?«
»Ja, er meinte, er sei ein Fachkollege aus Argentinien und wolle mit Tamara ein Treffen vereinbaren.«
Der Krampf wanderte bis in Cabrillos Brust hoch. Er ließ den Blick über den kleinen Parkplatz schweifen und rechnete damit, den argentinischen Major jeden Moment zu entdecken.
»Das ist nicht gut, nicht wahr?«, fragte Perlmutter.
»Nein. Das ist es nicht. Es bedeutet, dass Professor Wrights Leben in Gefahr ist.«
Als Max Hanley das hörte, begann er ebenfalls, Gesichter zu kontrollieren.
»Danke für die Warnung, St. Julian«, sagte Cabrillo und klappte sein Mobiltelefon zu.
»Hartnäckiges Volk, diese Typen, nicht wahr?«, sagte Max.
»Sie waren ständig höchstens eine Stunde hinter uns.«
»Was meinst du, wie sie von Professor Wright erfahren haben?«
»Genauso wie wir, wenn ich Perlmutter nicht gekannt hätte. Ich hab sie gestern Abend gegoogelt, nachdem du zu Bett gegangen bist. Sie ist wegen ihres Wissens über die alte chinesische Schifffahrt und den Seehandel weltbekannt. Wenn ich mehr über Admiral Tsai hätte erfahren wollen, wäre sie diejenige gewesen, mit der ich mich hätte unterhalten wollen.«
»Ich vermute, das heißt, dass dieses Reibebild, dass du in Ronishs Haus in die Küche geschleudert hast, nicht verbrannt ist«, stellte Max fest.
»Was soll ich dazu sagen? Es war ein schlechter Wurf. Komm, wir gehen an Bord und machen uns dort auf die Suche nach Dr. Wright. Ich komme mir hier draußen vor, als trüge ich eine Zielscheibe auf dem Rücken.«
Trotz ihres antiken Äußeren war die Natchez Belle ein modernes Schiff mit sämtlichen Annehmlichkeiten für die siebzig Passagiere, die sie beherbergen konnte, während sie zwischen St. Louis und New Orleans hin und her fuhr. Ihre beiden hohen schlanken Schornsteine dienten ausschließlich der Dekoration, desgleichen das mächtige rote Schaufelrad am Heck, das das Wasser rhythmisch aufwühlte. In Wirklichkeit trieben aber herkömmliche Schrauben unter dem erhöhten Heck das Schiff an.
Das Schiffsinnere wirkte genauso dekorativ und prachtvoll wie sein Äußeres. Das Holzwerk glänzte von zahllosen von Hand ausgeführten Poliergängen, und alle Messingteile funkelten so hell wie Gold. Der Teppich unter ihren Füßen machte, als sie zur Rezeption gingen, einen genauso luxuriösen Eindruck, wie sie es von der Oregon kannten.
Die beiden checkten ein. Auf Grund der Notwendigkeit, ihren Mietwagen in Washington zu verbrennen, hatte Juan nur noch einen Satz falscher Ausweispapiere. Er fragte nach Dr. Tamara Wright, doch die Empfangsdame in ihrem Krinolinenrock und engen Mieder erklärte, sie gäben grundsätzlich keine Informationen über andere Passagiere weiter. Sie müssten sie schon selbst ausfindig machen.
Ihre holzgetäfelte Kabine war winzig, aber wenigstens verfügte sie über einen Balkon mit Blick auf die Louisiana-Seite des Flusses. Max ließ die Bemerkung fallen, das Bad sei ja noch kleiner als eine Telefonzelle, worauf Cabrillo erwiderte, sie seien schließlich nicht zum Vergnügen an Bord begangen. Also verzichteten sie darauf, ihre Reisetaschen auszupacken, und verließen die Kabine sofort wieder.
Ehe sie an Bord gingen, hatten sie sich die Leute beim Cocktailempfang auf dem Kai genau angesehen. Dr. Wright befand sich nicht unter den Gästen, daher wäre der nächste logische Ort entweder ihre Kabine oder das Sonnendeck oben. Sie hofften, sie zu finden und davon überzeugen zu können, dass sie in Gefahr schwebte, und sie dann von dem Heckraddampfer herunterzubringen, ehe die Argentinier auftauchten. Wenn nicht, dann würden sie sie eben bis zum nächsten Anlaufhafen beschützen und dort die Flucht ergreifen.
Im hinteren Teil des Oberdecks befand sich eine Bar, von der aus man auf das Schaufelrad blicken konnte, das sich träge in der Flussströmung drehte. Sie war mit einer weißen Plane überdeckt, die die letzten Strahlen der
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