Texas Queen
sah es so aus, als sei dieser Romanze keine Zukunft beschieden.
Clay schob ein paar schmutzige Gläser heran, damit Niki sie auch in ihre Plastikwanne mit Geschirr packen konnte. “Du weichst mir aus”, stellte er leise fest.
“Den Grund dafür kennst du genau.”
“Nein, den weiß ich nicht.” Er neigte den Kopf zur Seite. “Du bist doch nicht etwa immer noch wegen dieses Telefonanrufs sauer auf mich?”
“Das ist ein Punkt unter vielen.” Sie hob die Wanne hoch und drehte sich um.
Clay nahm ihr die schwere Wanne ab. “Du musst aber mit mir reden, Niki.”
“Ehrlich gesagt will ich das nicht. Wir wissen beide sehr genau, wie die Dinge stehen, und da wir uns ohnehin niemals einig werden, sehe ich in weiteren Diskussionen keinen Sinn.”
“Vielleicht sollten wir einen Kompromiss suchen”, schlug er vor und blickte sich ungeduldig um. “Gibt es hier keinen Ort, wo wir etwas ungestörter sind?”
“Mit dir allein an einem ungestörten Ort sein, das ist das Letzte, was ich mir wünsche. Wenn du mir nicht das Geschirr wiedergibst, dann bring es wenigstens in die Küche. Ich muss nach den Getränken sehen, wenn du mich also bitte entschuldigst …”
Sie schlängelte sich durch die Gästeschar und lächelte automatisch, wenn sie jemanden ansah oder ihr Platz gemacht wurde. Die kleine Holzbühne zum Tanzen und für die Showeinlagen war voller Paare, und die kleine dreiköpfige Band spielte ausgelassen.
Am einen Ende des Raums standen Grandma und Dobe Whittaker, die sich wie üblich stritten, und auf der anderen Seite tanzten Eve und Travis verträumt und eng umschlungen. Die Äste der großen Bäume, die die Fläche überragten, waren mit Lampions geschmückt, und der Mond tauchte alles in romantisches silbernes Licht.
Und hier stand Niki und fühlte sich einsamer als zu der Zeit, als sie Clay Russell noch nicht gekannt hatte. Sie seufzte.
Die meisten Gäste hatten sich bereits in ihre Zimmer zurückgezogen. Niki hatte fast alle Überreste der Party schon weggeräumt, während Grandma noch die Küche sauber machte. Niki wusste nicht, wohin Clay verschwunden war, doch es war ihr nur lieb, dass sie ihn nicht zu sehen brauchte. Sie glaubte ihm kein Wort, und daran konnte er auch nichts ändern, also erübrigte sich jede Unterhaltung.
Dass sie miteinander geschlafen hatten, machte alles nur noch schlimmer. Niki schloss die Augen und versuchte, die Erinnerung an die letzte Nacht zu verdrängen. War das tatsächlich erst gestern geschehen? Sex war wirklich etwas Merkwürdiges. Wieso fühlte sie sich zu diesem Mann so sehr hingezogen? Er sah zugegebenermaßen gut aus, aber in ihrem Leben hatte es viele gut aussehende Männer gegeben, die ihr förmlich zu Füßen gelegen hatten. Clay war charmant und begabt, aber das konnte doch auch nicht den Ausschlag geben.
Lass es dir eine Lehre sein, sagte sie sich erschöpft. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Eve vor sich, die sie fragend anblickte. Travis stand hinter ihr.
“Sind Sie wieder unter uns, Niki?”
Sie lachte verlegen. “Tut mir leid, dass ich kurzzeitig abgeschaltet habe. Was kann ich für Sie tun?”
“Geben Sie mir bitte einen Hausschlüssel.”
“Einen was?”
Eve musste lachen. “Ich komme mir ein bisschen so vor, als sei ich in der Jugendherberge und müsste mich vor der Herbergsmutter rechtfertigen, wenn ich später nach Hause kommen will. Ich fahre noch mit zu Travis, um mir seine Briefmarkensammlung anzusehen.”
Travis räusperte sich verlegen, und Eve lachte wieder. “Was ist denn los, nennt man das heutzutage anders? Also, dann im Klartext: Ich werde mich diesem Mann wahrscheinlich hingeben, aber ich brauche einen Schlüssel, damit ich auch noch ins Haus komme, wenn schon abgeschlossen ist.”
Die Offenheit dieser Frau machte Niki fassungslos. Sie sah zu Travis, der aussah, als könne er jeden Moment vor Scham im Boden versinken. “Nehmen Sie sich einen Schlüssel vom Haken neben dem Schreibtisch im Aufenthaltsraum”, sagte sie. “Und viel Spaß allerseits.”
Auffordernd drückte Eve Travis’ Arm. “Den werden wir haben. Ihnen auch eine Gute Nacht.”
Arm in Arm verschwanden die beiden im Haus. Niki setzte sich auf eine der Bänke. Betrübt sah sie zu den Sternen hinauf und fühlte sich unglaublich einsam. Das war ganz allein Clays Schuld. Er weckte Wünsche in ihr, von denen sie gedacht hätte, das alles würde längst hinter ihr liegen. Auf einmal sehnte sie sich nach Sex und nach ewiger Liebe.
Auf keinen
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