Texas
überquert hatten, um in amerikanischen Läden einzukaufen. Für den entwerteten Peso bekamen sie nichts mehr.
Dafür strömten amerikanische Bürger nach Mexiko, um dort zu Spottpreisen so viel Benzin, Babynahrung, Gemüse und Fleisch einzukaufen, wie der mexikanische Markt hergab; denn wenn der Peso unten war, mußte der Dollar oben sein. »Die Norteamericanos rauben uns aus!« hieß es in berechtigter Empörung südlich der Grenze. In dieser Krise wurde der aktive Simon Garza, jetzt Bürgermeister von Bravo, zu einer prominenten Persönlichkeit. Als er ganz einfach auf der amerikanischen Seite der internationalen Brücke Polizei aufstellte und seinen Bürgern verbot, zum Einkaufen nach Mexiko zu fahren, erntete er Zustimmung und Lob im ganzen Staat.
Doch dann sah sich Bürgermeister Garza mit eigenen Problemen konfrontiert, denn als der mexikanische Besucherstrom zum Erliegen kam, fingen die Läden in Bravo an, dichtzumachen, wie das überall am Rio Grande geschah. Um dem drohenden wirtschaftlichen Niedergang seiner Gemeinde Einhalt zu gebieten, besuchte er eine in Laredo stattfindende Tagung von Bürgermeistern der Städte am Rio Grande. In Laredo herrschte geradezu Panik: Vierzig Prozent der eleganten Läden waren mit Brettern verschlagen. Das
Geschäft war nicht etwa zurückgegangen - es war zum völligen Erliegen gekommen. Man hatte alle Angestellten gefeuert und zusperren müssen.
Wenn es je eines Beweises für die symbiotische Beziehung zwischen Nordmexiko und Südtexas bedurft hätte, hier war er: Jedes seiner Ufer auf seine Weise der wirtschaftlichen Grundlage beraubt, taumelten beide dem Zusammenbruch entgegen. Die Arbeitslosigkeit auf der amerikanischen Seite stieg auf zwanzig und dann auf vierzig Prozent; es wurden Forderungen laut, die betroffenen Bezirke zum Notstandsgebiet zu erklären.
Die Besonnenheit, mit der Simon Garza gegen diese Katastrophe ankämpfte, hob ihn aus der Menge der führenden Persönlichkeiten auf beiden Seiten des Flusses heraus. Er hatte stets darauf hingearbeitet, seine Mitbürger mexikanischer Herkunft von der Notwendigkeit zu überzeugen, das College zu besuchen und sich mit den Tricks der amerikanischen Lebensweise vertraut zu machen. Dabei wurde er von seinem Bruder Efrain, dem Professor, tatkräftig unterstützt, der von allen amerikanischen Universitäten Stipendien erbat, um die sich intelligente Mädchen und Jungen aus Bravo bewerben konnten.
Ransom Rusk erhielt einen dringenden Anruf seiner Bank in Midland. »Bitte kommen Sie sofort und helfen Sie uns!« Er flog mit seiner Privatmaschine zum Midland-Odessa-Flughafen, wo er von den drei Managern seiner Versorgungsbetriebe empfangen wurde. Sie kündigten ihm ein trauriges Ende des Erdölbooms an.
»Für den aufbereiteten Schlamm gibt es überhaupt keine Abnehmer mehr. Ich fürchte, wir werden alle Mitarbeiter entlassen müssen«, meinte einer der Herren. Aber erst als er auf dem großen Parkplatz zwischen den zwei Ölstädten hinausfuhr, fand Rusk den sichtbaren Beweis dafür, wie übel diesem bisher vom Glück so begünstigten Gebiet mitgespielt worden war. Ordentlich in Reihen aufgestellt, Dinosauriern gleich, die sich überlebt hatten, rosteten hier im grellen Sonnenlicht neunzehn der dreiundzwanzig Riesenbohrtürme, die normalerweise stolz auf den Ölfeldern hätten stehen müssen.
»Was haben wir für diese letzte Partie bezahlt?« erkundigte sich Rusk, und einer der Manager antwortete: »Dreizehn Millionen das Stück.« Rasch rechnete Rusk dreizehn mal neunzehn und bemerkte ganz ruhig: »Das sind
zweihundertsiebenundvierzig Millionen Dollar zum Fenster hinausgeworfen.«
Er überlegte kurz. »Schließen Sie den aufbereiteten Schlamm. Machen Sie einfach zu. Für die Spitzenkräfte werden wir etwas anderes finden, bis sich das Öl wieder erholt hat. Aber was machen wir damit?« Mit der Spitze seines Stiefels berührte er einen der Bohrtürme. »Was in aller Welt machen wir damit?«
Da keiner seiner Berater einen vernünftigen Vorschlag machen konnte, ordnete Rusk an: »Schwärmen Sie über ganz Texas aus. Suchen Sie junge Männer, die bereit sind, ein Risiko einzugehen. Verkaufen Sie diese neunzehn Bohrtürme für jeden Betrag, den Sie kriegen können, aber sehen Sie zu, daß Sie sie loswerden. Wir behalten die vier, die jetzt im Einsatz sind - für später, wenn es wieder aufwärts geht.«
Nachdem er diese harte Entscheidung getroffen hatte, fuhr er nach Midland zurück, wo ihn die Direktoren seiner
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