Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Texas

Texas

Titel: Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
Vom Netzwerk:
die ungewohnt große Menge von Gästen und auf den Methodistenpfarrer genügte ihm, um zu begreifen, was hier vor sich gegangen war, aber er tat, als hätte er nichts bemerkt. Er begrüßte Reverend Harrison so herzlich, als wäre der ein Farmer wie jeder andere, lächelte denen zu, die er kannte, und sagte zu den Neuankömmlingen: »Ich glaube nicht, daß ich Sie kenne. Ich bin Vater Clooney aus Ballyclooney in Clare County in Irland, von der mexikanischen Regierung zum Seelsorger dieses Pfarrbezirks bestellt.«
    Nachdem er den Verschwörern ihre Verlegenheit genommen hatte, stieß er die Gemeindeältesten vor den Kopf, indem er Mattie Quimper fragte: »Hätten Sie wohl ein Schlückchen für einen durstigen Pilger?« Sie reichte ihm einen Becher, und Reverend Harrisons Augen funkelten so böse, als wollte er den Inhalt des Bechers in Vitriol verwandeln.
    Vater Clooney hatte viel Neues bei einer Versammlung der katholischen Geistlichkeit erfahren, die kurz zuvor in San Antonio stattgefunden hatte, und war begierig, die bedeutsamen Nachrichten bekanntzugeben:
    »Wie ihr sicher alle schon gehört habt, hat in Mexiko im vergangenen Jahr eine wunderbare Revolution stattgefunden. Kaiser Iturbide wurde von einer Gruppe wahrhafter Patrioten gestürzt, und der herrschenden Lasterhaftigkeit wurde ein Ende gemacht. Ein neues Mexiko, ein neues Leben für uns in Texas!
    Der Held dieses Umschwungs ist ein brillanter Mann, gottesfürchtig, rechtschaffen und tapfer. Es ist der General Antonio Lopez de Santa Anna. Von ihm werden wir in Zukunft noch viel Gutes hören. Doch die größte Neuigkeit ist, daß Santa Anna und seine Kameraden uns eine neue Verfassung gegeben haben, die uns die Freiheiten sichert, die wir ersehnt haben. Sie gibt Coahuila-y-Tejas eine eigenstaatliche Verwaltung. Sie schützt uns. Und sie garantiert uns den Bestand der Republik. Welch ruhmreicher Tag für Mexiko!«
    Er steckte die Zuhörer mit seiner Begeisterung an, denn wenn es stimmte, was er über die neue Verfassung gesagt hatte, würde es fortan keine Reibereien mit der Zentralregierung mehr geben. Texas würde mit einer eigenen Regierung die Chance haben, selbständig seinen Weg zu machen. Doch Reverend Harrison hatte eine Frage: »Was steht denn in dieser neuen Verfassung in bezug auf die Religion?« Vater Clooney antwortete ohne Umschweife: »Es heißt darin, daß Mexikos offizielle Religion für alle Zeiten die römisch-katholische sein muß.«
    »Und wird die offizielle Kirche von unseren Steuergeldern erhalten werden?« Auch diese Frage beantwortete Vater Clooney freimütig: »Wie schon bisher, so wird die Kirche auch in Zukunft aus den Staatseinkünften erhalten werden.«
    »Wenn das so ist, dann muß jeder freiheitsliebende Mann Ihre neue Verfassung ablehnen!«
    Es dämmerte schon. In dem überfüllten Balkenhaus standen sich zwei Männer gegenüber, die grundverschiedene Ansichten hatten: der strenge Reverend Harrison, der von einem größeren Texas träumte und kraft eines Gesetzes nicht als der Seelsorger auftreten durfte, der er war, und Vater Clooney, der zuweilen schwankende römisch-katholische Priester, der, wenn auch von seiner eigenen Kirche nicht ganz akzeptiert, mutig weitermachte - gestärkt durch seine Liebe zu Jesus Christus und sein Mitgefühl für die verlorenen Seelen in der Wildnis Texas.
    Ganz ruhig fragte Clooney den Reverend: »Sie sagen, Sie können diese ausgezeichnete neue Verfassung nicht akzeptieren?«
    »Nicht, wenn sie mich zwingt, für die Erhaltung einer Religion zu zahlen, die ich ablehne.«
    Clooney zuckte mit keiner Wimper. »Reverend Harrison! Seit dem Tag, da Sie angefangen haben, Ihre heimlichen Versammlungen abzuhalten, wußte ich, wer Sie waren und wo Ihre Interessen lagen. Habe ich jemals versucht, Sie an Ihrer Arbeit zu hindern? Habe ich Sie von Soldaten verhaften lassen, wie es nach dem Gesetz meine Pflicht gewesen wäre? Sind Sie und ich nicht freundschaftlich miteinander umgegangen, und sind wir nicht heute abend Freunde? Wenn wir einander unter der alten schlechten Verfassung vertraut haben, können wir das doch auch unter dieser guten neuen tun.«
    Das Wissen um ihre Aktivitäten, das Vater Clooney offensichtlich besaß, bestürzte Harrison und einige seiner Leute, denn sie begriffen, daß man sie jederzeit verhaften konnte. »Wo Sie es jetzt wissen, was werden Sie tun?« fragte eine Frau. Clooney antwortete: »Nichts. Mir ist lieber, wenn ich im katholischen Texas Leute habe, die gute Methodisten

Weitere Kostenlose Bücher