Thai Juwelen
»Mister Tjam ist so etwas wie meine rechte Hand«, erläuterte Mister Ho. »Ohne ihn hätte ich es doch deutlich schwerer hier.«
»Auf Ihr Wohl.« Tjam reichte Grod ein Glas.
»Zum Wohl.«
»Setzen Sie sich zu uns, Tjam.« Ho deutete auf einen freien Sessel.
»Ich hatte nicht erwartet, dass Sie Chinesen sind.« Grod war ehrlich erstaunt.
»Es gibt viele Chinesen in Bangkok«, sagte Ho. In unserem Betrieb sind wir beide jedoch die einzigen. Der Rest unserer Belegschaft sind Thai.
Chinesen gibt es schon sehr lange in Thailand. Die ersten von uns wanderten bereits im 14. Jahrhundert nach Thailand ein. Während des 18. und 19. Jahrhunderts förderte Thailand gar den Zuzug meiner Landsleute. Das Land erwartete einen wirtschaftlichen Aufschwung durch uns«, erklärte Ho stolz.
»Mitte des 19. Jahrhunderts stellten die Chinesen und deren Abkömmlinge bereits die Hälfte der Einwohner Bangkoks. Viele große Geschäfte und Banken sind heute in Händen der Chinesen.«
»Was ist Ihre Muttersprache, Thai oder Chinesisch?« »Beides. Mister Tjam und ich sprechen fließend Thai, Chinesisch und Englisch.« Erneut spürte man den Stolz in seiner Stimme.
»Deutsch allerdings verstehen wir fast gar nicht. Da sind Sie uns weit überlegen.« Ho lachte.
»Wenn Sie in Zukunft öfter in Thailand sind, sollten Sie versuchen, ein wenig Thai zu lernen. Es ist gar nicht so schwer. Ich stelle Ihnen gern einen guten Lehrer zur Verfügung.«
»Vielen Dank. Vielleicht komme ich darauf zurück.« »Sie müssen Thai lernen. Denken Sie nur, die vielen hübschen Thailänderinnen hier. Es ist doch schade, wenn man sich mit ihnen nicht unterhalten kann.« Ho schien sich köstlich zu amüsieren.
»Als erstes jedoch sollte Ihnen Mister Tjam unseren Betrieb zeigen. Ich bleibe hier. Danach laden wir Sie zum Essen ein. Sie müssen alle einheimischen Spezialitäten kennenlernen.«
Die beiden Chinesen schienen es als selbstverständlich zu erachten, dass Grod weder Thai sprach noch jemals in Thailand gewesen war. Das war Grod ganz recht. Er glaubte, so besser ermitteln zu können.
Ho war aufgestanden. Dies war wohl das Zeichen für den allgemeinen Aufbruch. Auch Tjam und Grod standen auf. Tjam nahm den Hörer vom Telefon auf Hos Schreibtisch ab.
»Vingchan soll in Raum elf kommen«, sagte er. »Gehen wir?«, wandte er sich an Grod.
Sie gingen über die Korridore an den finster blickenden Wachleuten vorbei. Vor einer großen Tür saßen auf einer Reihe von Stühlen einige Einheimische, die ihrem Aussehen nach zu urteilen nicht in dieses Umfeld passten. Sie sahen irgendwie abgerissen aus.
Kulis, dachte Grod. Eigentümlich.
Diese Kulis begrüßten Mister Tjam und Grod, indem sie von den Stühlen aufstanden, sich verbeugten und sich dann wieder setzten.
Auch Tjam grüßte diese Männer. Das hatte Grod nicht erwartet. Dass sich solche Leute im Rubin-Tower befanden, war schon eigentümlich genug. Dass Mister Tjam, als sicher recht hochstehende Person, diese Leute grüßte, war für Grod fast unglaublich. Er ließ sich seine Verwunderung jedoch nicht anmerken.
Durch eine mit dunklem Leder gepolsterte Tür betraten sie einen Raum in dem zwei eigentümlich Tische standen, etwa so groß wie normale Wohnzimmertische. Sie waren mit weißem Stoff bespannt, ähnlich wie Billardtische, nur eben in weiß. Ebenfalls mit weißem Stoff bespannte Leisten waren an allen Seiten dieser Tische angebracht, sodass nichts von ihnen herunterfallen konnte. Auf beiden Seiten der Tische standen Ledersessel. Neben der Tür saß eine junge Thailänderin vor einem Computer. Sie war damit beschäftigt, endlose Zahlenkolonnen einzutippen.
Bei ihrem Eintreten war die junge Frau aufgestanden, um sich vor Tjam und Grod zu verneigen. Tjam reagierte gar nicht auf diese Frau. Sie schien zu weit unter ihm zu stehen.
»Setzen Sie sich bitte, Grod.« Tjam deutete auf einen der Ledersessel.
»Ich möchte Ihnen einmal etwas ganz Besonderes zeigen: Wunderschöne Rubine.« Er betonte das Wort ›wunderschöne‹ ein wenig zu stark.
»Wir müssen nur noch auf Vingchan warten.«
»Wer ist Vingchan?«, fragte Grod.
»Einer unserer Edelsteinfachleute. Er ist Thailänder. Ich kenne niemanden, der den Wert eines Steines, egal ob roh oder geschliffen, so exakt taxieren kann. Vingchan ist einer unserer wichtigsten Leute.«
Die Tür öffnete sich und ein etwa dreißig Jahre alter Thai betrat den Raum. Auch er war bestens gekleidet. »Darf ich vorstellen, Mister Jäger aus Deutschland -
Weitere Kostenlose Bücher