Thanatos
Kreis reserviert hielt. »Warte nur mal ab, bis du in deine Schränke siehst.«
Immer noch lächelnd beugte er sich vor und küsste sie auf die Nasenspitze. So wie sein Sinn für Humor waren auch seine Gesten der Zuneigung dezent und überraschend. »Ich kann es kaum erwarten, was du mit meiner Schublade voller Sexspielzeug gemacht hast.«
Ihre Wangen wurden heiß. »Du hast eine Schublade mit Sexspielzeug?«
»Nein, aber ich glaube, ich werde mir eine zulegen, nur um zu sehen, wie du anfängst zu zucken, wenn ich alles durcheinanderbringe.« Schnell wurde er wieder nüchtern und strich mit dem Finger über ihre Kinnlinie. »Dann hat diese Zwangserkrankung also bei dieser Familie in London angefangen?«
Sie nickte. »Aber nicht allmählich. Nein, einfach so – mit einem Schlag wurde aus mir eine Sauberkeitsfanatikerin. Alles musste geordnet, planvoll und in perfektem Abstand zueinander sein. Ich konnte nichts anfangen oder irgendwohin gehen, ehe der Minutenzeiger meiner Armbanduhr nicht auf einer der Markierungen für fünf Minuten stand. Alles so seltsames Zeug halt. Es war für uns alle frustrierend. Und dann, nachdem ich gerade mal ein Jahr bei ihnen gelebt hatte, brachte meine Fähigkeit, Seelen auszusaugen, einem Mann den Tod.«
»Was ist passiert?«
»Ich war mit ein paar anderen Wächtern auf Dämonenjagd. Wir hatten einen Seelenschänder in einer Seitenstraße in die Enge getrieben, und er versetzte mir mit seinen Klauen einen Hieb quer über die Rippen.« Der Schmerz war unerträglich gewesen und hatte sie zur Furie werden lassen. »Dann weiß ich nur noch, dass ein Licht aus meinem Körper herausschoss und den Dämon angriff. Es riss ihm die Seele heraus, und die Seele brauchte einen Körper. Sie fand irgendeinen Mann auf der Straße und nahm ihn sich.« Sie erschauderte bei der Erinnerung an das Grauen, das nur noch schlimmer geworden war, als sie gezwungen gewesen waren, den armen Kerl zu töten.
»Das war nicht deine Schuld«, sagte Than sanft. »Du konntest es nicht wissen.«
»Ich wusste es. Die Aegis hatte meine Fähigkeit identifiziert, als ich elf Jahre alt war, und ich hatte trainiert, um damit fertigzuwerden. Ich dachte, ich hätte sie unter Kontrolle, aber da habe ich mich geirrt.«
»Die Aegis hat sich geirrt. Nicht du. Du warst doch erst vierzehn. Du konntest es nicht besser wissen.«
»Das haben meine Pflegeeltern auch gesagt. Und vielleicht haben sie es sogar geglaubt. Aber danach begannen sie, immer öfter zu streiten.« Das Baby trat um sich, und sie veränderte ihre Position, um dem kleinen Kerl ein bisschen mehr Platz zu lassen. »Ich habe gehört, wie sie sich in ihrem Schlafzimmer meinetwegen stritten. Sie ließen sich scheiden, kurz vor meinem sechzehnten Geburtstag.«
Jetzt war sie also schon für zwei Scheidungen verantwortlich. Ihre Zwangserkrankung erreichte einen neuen Höhepunkt, und dazu wurde sie auch noch bulimisch. Sie brauchte ständige Kontrolle zu einer Zeit, in der sie das Gefühl hatte, über nichts mehr die Kontrolle zu haben.
»Jedenfalls befand die Aegis danach, dass ich stärkere Überwachung brauchte, als Pflegeeltern mir hätten geben können, und damit hatten sie recht. Ich zog also ins Hauptquartier, und während der ersten Monate meines Trainings brachte meine Fähigkeit noch jemand anderen um. Diesmal einen Wächter.« Sie hatte wirklich geglaubt, ihre Kollegen würden sie auf der Stelle lynchen. Zum Glück konnte Valeriu, der nach ihrer Geburt schon dafür plädiert hatte, sie am Leben zu lassen, die Ältesten davon überzeugen, ihr noch eine Chance zu geben. »Nach und nach, während ich daran arbeitete, meine Fähigkeiten zu meistern, wurde die Neurose besser. Ich war erst zweiundzwanzig, als ich ins Siegel berufen wurde. So jung hatte das noch niemand geschafft.«
Sie war die Jüngste, aber mit zweiundzwanzig hatte sie bereits mehr Erfahrungen gesammelt als die meisten Ältesten, da sie von Anfang an dazu erzogen worden war, Dämonen zu bekämpfen. Ihre ersten Bücher waren keine Märchen gewesen. Nein, ihre Pflegeeltern hatten ihr Geschichten aus den Kampfberichten der Aegis und aus den Handbüchern diverser Spezies vorgelesen.
»Und jetzt stehst du an der Spitze einer Organisation, deren Name die meisten Dämonen schon dazu bringt, sich vor Angst in die Hose zu machen.«
»Na ja, zumindest diejenigen, die Hosen tragen.«
Er lachte leise – ein rauchiges Grummeln –, und sie beschloss, dass er das unbedingt öfter tun sollte. Sein Lachen
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