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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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Wohle der acht Reiche hat er das geopfert, was er am meisten liebte. Wenn du bei uns wärst, könntest du sehen, wie sehr er darunter leidet. Hasse ihn nicht für das, was er getan hat, denn das hat er nicht verdient. Und vergib ihm. Bitte vergib du ihm, ich kann es wirklich nicht.«

    Das sagte sich so leicht, vergib ihm. Sie war niemals für das Geschick eines ganzen Volkes verantwortlich gewesen, niemals hatte sie sich zwischen ihrem eigenen Wohl und dem all der anderen entscheiden müssen. Sie wusste, es war egoistisch, wenn sie ihren Vater für seine Entscheidung verurteilte, falls Gavrilus eine Wahl gehabt hätte, hätte er niemals eine solche Vereinbarung getroffen. Aber es war ihr Leben, das durch dieses ewige Versprechen zerstört wurde, das Leben von Adilean, Prinzessin des Elbenreiches. Und es ging um das Leben von General Asduvarlun, der die einzige Freude verlor, die ihm jemals gewährt worden war, und um das des Kindes, das sie in ihrem Schoß trug, dessen Schicksal nun bedroht und ungewiss war. Nein, sie konnte ihm nicht vergeben. Bitterer Groll stieg in ihr auf. Man konnte sich dafür entscheiden, sein eigenes Glück für das der anderen zu opfern, aber wie brachte jemand es fertig, der Person, die er über alles liebt, mehr noch als sein eigenes Leben, so etwas anzutun? Keine höhere Gewalt konnte dafür eine Rechtfertigung liefern. Eine Träne tropfte auf Alfargus’ Brief und ließ die schwarze Tinte verschwimmen.
    »Ich bitte dich, lebe in Zukunft auch für mich, und gib die Hoffnung niemals auf. Selbst jetzt, wo ich kaum darauf hoffen kann, den nächsten Morgen zu erleben, kann ich immer noch daran glauben, dass du mit Amorannon vereint sein wirst und dass ihr gemeinsam ein glückliches Leben führen werdet. Dann werdet ihr die dunklen Schatten vergessen, die jetzt so unüberwindlich scheinen. Aber wenn es zum Schlimmsten kommt, dann bete zu Sirdar, dass er meiner Seele Frieden schenken möge.«
    »Was schreibt er?«, fragte Alyssa besorgt und beugte sich zu ihr. Sie hatte die Tränen gesehen und befürchtete nun voller Zuneigung und Mitgefühl, dass Alfargus’ Brief schlimme Nachrichten enthielt. Doch wie schrecklich diese wirklich waren, davon machte sie sich keine Vorstellung. Wie hätte Adilean ihr auch sagen können, dass ihr Vater sie verraten hatte, dass sie in ihrem eigenen Haus verloren und zu einem unseligen Schicksal verurteilt war und für immer von ihrem Verlobten getrennt werden
sollte? Mit welchen Worten hätte sie ihrer Hofdame sagen können, dass ihr Bruder, der sich bestimmt überwinden musste, um ihr diese Nachricht zu schreiben, jetzt höchstwahrscheinlich tot und irgendwo hoch im Norden in fremder Erde beerdigt war?
    Sie vermied Alyssas Blick, verdeckte Alfargus’ Brief, sodass ihre Hofdame ihn nicht lesen konnte, und zwang sich dann zu einem falschen Lächeln, während ihr die Tränen über das Gesicht rannen. »Alles in Ordnung«, flüsterte sie, ohne zu wissen, was sie eigentlich sagte. »Es ist alles in Ordnung, Alyssa.«
    Alyssa nickte mitfühlend. Sie legte ihr einen Arm um die Schultern und nahm ihr vorsichtig den inzwischen völlig zerknitterten und tränendurchfeuchteten Brief aus den Fingern. Schluchzend legte sich Adilean aufs Bett. Vereinzelte Worte stiegen in ihr hoch und verloren sich in unzusammenhängenden Sätzen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, konnte nicht einmal klar denken.
    Alyssa strich ihr tröstend über die Haare und versuchte, ihr wieder Mut zu machen. »Ruht Euch nun aus, bitte«, flüsterte sie. »Was auch immer es sein mag, wir werden darüber sprechen, wenn Ihr Euch beruhigt habt. Denkt doch an Euer Kind.«
    Ganz allmählich versiegten die Tränen, zitterten ihre Hände nicht mehr. Dann streckte sie Alyssa eine Hand hin. »Gib ihn mir wieder«, brachte sie mühsam heraus. »Den Brief, Alyssa, ich möchte ihn wiederhaben.«
    Widerwillig reichte ihn ihr die Hofdame, nicht ganz zu Unrecht befürchtete sie einen weiteren Weinkrampf. Vorsichtig öffnete Adilean erneut den Brief. Einige Worte waren durch ihre Tränen vollkommen verschwommen und unleserlich geworden. Dennoch war die Botschaft klar und unmissverständlich. Sie durfte sich selbst nichts vormachen und so tun, als habe sie etwas falsch verstanden. Sie spürte förmlich, wie sehr Alfargus gelitten haben musste, als er diese Zeilen niederschrieb. Adilean presste die Lippen zusammen und legte den Brief neben sich auf den Nachttisch. Sie zwang sich, nicht mehr zu weinen, denn Tränen

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