THARKARÚN – Krieger der Nacht
würden an den Tatsachen nichts ändern. Sie musste jetzt stark
sein, wie ihr Bruder es ihr gesagt hatte, wie ihr Mann es gewollt hätte. »Sei unbesorgt«, sagte sie leise und legte ihre Hand auf die Alyssas. »Es war nur ein Moment. Ein schlimmer Moment, aber jetzt ist er vorbei.«
»Es ist vorbei«, wiederholte ihre Hofdame aufmunternd. »Ihr werdet sehen, alles wird sich zum Besten fügen. Was das Problem auch immer sein mag, wir werden gemeinsam eine Lösung finden. «
»Ja«, murmelte Adilean. Noch während sie es aussprach, versuchte sie, daran zu glauben, auch wenn ihr das im Moment unmöglich schien. Alfargus hatte sie gebeten, daran zu glauben. »Ja, wir werden eine Lösung finden.«
» Asith narak andun thíva , geliebte Schwester.«
Sie bestatteten Zarak Fudrigus und Alfargus Sulpicius an einem nebligen Morgen in der Heiligen Erde der Druiden. Weder Gavrilus noch Elirion hatten ihre Angehörigen zur ewigen Ruhe in eine Erde fern ihrer Heimat und den Gräbern ihrer Vorfahren betten wollen, die bald vom Feind geschändet werden würde. Man konnte die Leichen zwar nicht zu den rechtmäßigen Ruhestätten bringen, doch die Heilige Erde war ein würdevoller Ort, wo sie für immer Frieden finden konnten. Dhannam fühlte, wie der Schmerz in ihm hochstieg, als er seinen aufgebahrten Bruder sah.
Die Schwarzen Hexer hatten einen Zauber über die Leichen gesprochen, damit ihnen Zeit und Witterung während des Transportes nichts anhaben konnten, und so wirkte Alfargus, als würde er jeden Moment aufstehen und sie auf seine direkte Art anfahren, warum sie denn alle Trauer trügen. Aber das würde er nicht tun, nie mehr würden sich seine dunklen Augen öffnen, in denen die Flamme des Lebens für immer erloschen war. Die Erde des Waldes würde seinen Körper bedecken und bald würden sich starke und stolze Bäume über seinem Grab erheben. Jemand wie er hätte sich keine würdigere Ruhestätte wünschen können.
Doch er wurde vor der Zeit in die Erde gelegt, Alfargus Sulpicius, Prinz der Elben, für die Krone bestimmt und doch schon gestorben, mit einer Waffe in der Hand, die nicht die seine war.
Um sie herum sah man nur schwarze Gewänder, aus den Gesichtern war alle Freude gewichen. Elirion Fudrigus stand vor der Bahre seines Vaters, dessen verzehrte Gesichtszüge zum Teil von seinen blonden Haaren verborgen wurden. Lange Zeit verharrte er auf Knien, murmelte unverständliche Worte in seiner Sprache, vielleicht ein Versprechen, vielleicht einen letzten Gruß. Hinter ihm standen wie immer seine treuen Beschützer Herg und Huninn. Sie gaben ihm Halt, auch ohne ihn zu berühren.
Dhannam hätte sich auch einen Beistand gewünscht. Stattdessen musste er Gavrilus stützen, wobei er sich nicht einmal sicher war, ob er überhaupt dazu in der Lage war.
General Asduvarlun war bei ihnen und entbot seinem Schüler, einem seiner wenigen Freunde, den letzten Gruß. Er hatte eine Hand auf Gavrilus’ Schulter gelegt, seine Art, ihm stumm Mut zuzusprechen. Doch der Elbenkönig hatte sich zu dem General umgedreht und mit einem untröstlichen Ausdruck in den Augen sachte den weißen Kopf geschüttelt.
»Väter sollten ihre Söhne nicht überleben«, hatte er voller Schmerz geflüstert. »Das ist nicht gerecht, General.«
Nur weniges von dem, was auf der Welt geschieht, ist gerecht, schien ihm der Blick aus Asduvarluns grauen Augen zu antworten. Doch wie immer verschwendete der General keine Worte. Die einzige Stimme, die sich in diesen Momenten einfühlsam und mächtig zugleich durch den Wald der Druiden erhob, war die von Allan Sirio.
An der frisch aufgeschütteten Erde der beiden Gräber hatte der Druide zu den zwölf Göttern gebetet, die Anwesenden hatten ihren Kopf gesenkt und ehrfürchtig seinen Worten gelauscht. Er hatte Sirdar gebeten, Zarak und Alfargus in seine Hallen zu begleiten, dann hatte er sich an Anman gewandt, um ein gerechtes Urteil für sie zu erflehen, und schließlich Doreah gebeten, sie
möge bis ans Ende aller Tage jedes Leid von ihnen fernhalten. Danach hatte er den Wunsch ausgesprochen, dass sie sich alle am Ende der Welt wiedersehen mochten, wenn sich alle Völker zu Füßen von Anmans Göttersitz versammelten, wo ihnen dann der Ausgang des Weltenplans und das Ende der Großen Zeitrechnung enthüllt werden würde. Anschließend hatte Sirio mit seinen eigenen Händen Samen der Bruderbäume in die Erde der Gräber gelegt, die der Esche bei Alfargus und die des Buchsbaums bei Zarak.
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