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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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versucht, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr Kopf war noch betäubt, aber trotzdem schien sie wie im Nebel etwas zu erkennen. Der Mann neben ihr, wer auch immer das war, musste hier zwischen den Feldern leben und er würde ihr helfen. Bestimmt hatte er sie mitten auf der Straße liegen sehen und hatte angehalten, um ihr zu Hilfe zu eilen. Seine Hände waren groß und stark und die Schütte auf seinem Rücken roch nach Stroh und verbranntem Holz. Adilean gelang es, einen Blick auf sein unter der Kapuze verborgenes Gesicht zu erhaschen: Es war das Gesicht eines Mannes, in dem sich nur wenige Falten um die grauen, gütig lächelnden Augen zogen. Kurz darauf bemerkte sie, dass der Fremde nicht allein war. Da stand noch jemand. Er hielt einen Esel am Zügel, und als er den Mann ansprach, der immer noch über Adilean gebeugt stand, hatte er ihn mit heller Mädchenstimme Vater genannt.
    »Soll ich gehen und Hilfe holen?«, hatte das Mädchen ängstlich gefragt. Und der, der ihr Vater sein musste, hatte aufgeschaut und knapp genickt. »Ich bleibe hier bei ihr«, hatte er gesagt. »Geh zu deiner Mutter und deinem Bruder, sag, sie sollen jemanden herschicken. Wir bringen sie in unser Haus.«

    Adilean hatte die Worte zwar aufgenommen, aber erst begriffen, was sie bedeuteten, als das Mädchen auf dem Esel davongeritten war. »Wir bringen sie in unser Haus«, hieß wohl, man würde sie an einen sicheren Ort bringen und vielleicht sogar etwas tun können, um ihren Sohn, um Amorannons Sohn zu retten. Sie versuchte, Dankesworte zu stammeln, doch ihr versagte die Stimme. Der Fremde hatte sie gebremst.
    »Sagt lieber nichts, Herrin, das ist besser. Meine Tochter wird bald zurück sein, keine Sorge. Versucht Euch zu beruhigen.«
    Danach versank Adileans Erinnerung in einem dunklen Abgrund. Sie konnte sich nur noch Dunkelheit, undeutliche Geräusche und furchtbaren Schmerz ins Gedächtnis rufen. Dann wild durcheinanderredende, erregte Stimmen, eine Lampe, Schreie, vielleicht ihre Schreie. Aber sie erinnerte sich wirklich nicht, warum sie hätte schreien sollen.
    Einige Frauen in ihrer Umgebung meinten, sie solle ganz ruhig bleiben. Dann wurde es wieder dunkel. Das Licht, das sie dann sah, war das einer Öllampe, die an einer Kette über dem Bett hing, auf dem sie lag. Sie trug weder ihren blauen Umhang noch die Tunika und, was sie bestürzt bemerkte, auch nicht mehr Sarandons Schwert. Sie konnte kaum glauben, dass sie noch lebte, und noch weniger begreifen, was geschehen war.
    Sie hatte sich suchend nach jemandem umgeschaut, der ihr alles erklären könnte. Erst in diesem Moment war ihr bewusst geworden, dass sich eine beträchtliche Menge Leute um ihr Bett versammelt hatte. Da war der Mann, der ihr geholfen hatte, als er sie auf der Straße gefunden hatte. Er hatte freundlich blickende graue Augen und mit weißen Strähnen durchzogene kastanienbraune Haare. Dann das Mädchen, das er Tochter genannt hatte, sie hatte die gleichen Augen und ebenfalls kastanienbraune Haare. Dazu ein junger Mann, der ein wenig älter sein musste als das Mädchen, mit schwarzen, zu einem Zopf zusammengebundenen langen Haaren. Und viele Frauen in bunten Gewändern, die sie besorgt ansahen, eine von ihnen hielt ein kleines Kind im Arm.
Sie waren so hochgewachsen wie die Elben aus dem Binnenland, hatten die gleiche Figur wie Adileans Mutter und ihr Bruder Alfargus. Ganz bestimmt waren sie Bauern von den nahen Feldern. Endlich hatte Adilean ihre Stimme wiedergefunden.
    »Was ist mit mir geschehen?«, fragte sie und befürchtete schon das Schlimmste. Die Frau, die am Kopfende ihres Bettes stand, die schwarzen Haare zu einem Knoten aufgesteckt, schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln.
    »Euch ist geschehen, was uns allen früher oder später geschieht, Herrin«, antwortete sie: »Zum Glück hat mein Mann Euch gefunden und wir haben Euch helfen können. Ich heiße Quanya und er ist Virgo und das hier sind unsere Kinder und meine Schwestern. Wir haben nicht sehr viel, Herrin, aber das, was wir haben, steht Euch zur Verfügung.«
    »Und das Kind? Wo ist das Kind? Geht es ihm gut?«
    Noch vor der Antwort beruhigte sie Quanyas Lächeln. Doch die Überraschung war so groß, zu groß, um sie in Worte zu fassen. »Die Kinder, meint Ihr wohl, Herrin«, verbesserte sie die Frau. Adilean konnte sie nur stumm anstarren.
    »Es sind Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen, und es geht ihnen gut«, erklärte Virgos Tochter. »Sollen wir sie Euch bringen? «
    Adilean nickte und

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