THARKARÚN – Krieger der Nacht
doch hör mir gut zu.« Es war das erste Mal, dass er ihn duzte. »Du weißt nicht, von wem du sprichst. Diesen Gegner herauszufordern, wäre das sichere Ende für dich. Suche nicht den Tod, Elirion! Lebe! Kämpfe! Tu es für Alfargus und für deinen Vater. Finde einen würdigen Besitzer für diese Axt. Das kannst du und sollst du tun. Von einer fixen Idee besessen zu sein, wird dich nicht von der Trauer heilen.«
Elirion nickte. Sein Hals war wie zugeschnürt, Sirios Worte hallten in seinem Kopf wider. Wenn er die Augen schloss, konnte er den geheimnisumwitterten Tharkarún vor sich sehen, wie damals, als er sich drohend auf dem Felsen vor ihnen aufgebaut hatte.
»Wann werden wir bei den Shardari sein?«
»Schwer zu sagen.« Sirios Hand glitt von seiner Schulter und Elirion spürte die Leere und die fehlende Wärme dort, wo sie eben noch gelegen hatte. »Sie sind Nomaden und wechseln ständig ihren Standort, sie können überall und nirgends sein. Aber ich denke, um diese Zeit lagern sie am Ufer des Valdalis, einem Fluss im Norden des Faunenreichs. Nicht alle natürlich. Wir suchen ohnehin nur eine bestimmte Shardarifamilie, nämlich meine eigene. Sie könnte ich am ehesten von unserem Plan überzeugen.«
Elirion zog die Knie an die Brust und wickelte sich fester in seinen Umhang. Er wollte mehr über das Nomadenvolk wissen. »Gibt es denn viele Shardari?«
»O ja«, antwortete Sirio. »Girvan der Starke dürfte immer noch ihr Anführer sein, obwohl er jetzt natürlich schon sehr alt ist. Sei vorsichtig, wenn du mit ihm sprichst, und vergiss nicht, dass die Shardari ein freies Volk sind und keine Herrscher anerkennen. Sprich nie als König zu ihnen, denn Autorität ist für sie nur ein Wort. Wenn du ihre Wertschätzung gewinnen willst, dann trete bescheiden auf, sie respektieren dich als Mensch, nicht als König.«
Elirion seufzte tief auf. »Es ist schwierig«, sagte er. »Ich werde es versuchen. Du weißt, ich wollte nie König werden. Ich war ein Prinz, und das genügte mir. Aber gut, ich werde es versuchen.«
Als sie die Heide von Ombra erreichten, begann es prompt zu regnen. Die Pferde mussten den schmalen, rutschigen Pfad hintereinander gehen, der sich zwischen ausgedehnten Flächen, in denen das Wasser stand, und mit glitschigem Moos bewachsenen Felsbrocken dahinschlängelte, im dichten Dunst konnte man kaum die Hand vor Augen sehen. Sie hatten die Kapuzen ihrer Umhänge tief ins Gesicht gezogen, immer darauf gefasst, zwischen den Binsen und Nebelschwaden verdächtige Bewegungen wahrzunehmen. Sirio ritt voran, Herg bildete den Schluss, es galt, Elirion bestmöglich zu schützen. Die Landschaft um sie herum
war öd und leer, es fiel schwer zu glauben, dass es hier jemals Leben gegeben haben sollte. Seit zwei Tagen und Nächten war ihnen kein Lebewesen begegnet.
Elirion war ein überaus gelehriger Schüler, doch je weiter er in die Geheimnisse der Magie eindrang, desto klarer wurde ihm, welch weiten Weg er noch vor sich hatte, ein wahrer Zauberer zu werden.
Seine Verblüffung war groß, als er am ersten Abend Allan Sirio mitten im Morast ein großes Feuer entzünden sah, dem auch der strömende Regen nichts anhaben konnte. Danach war der Druide mit dem Birkenstab in der Hand um die Flammen geschritten und hatte seltsame Worte vor sich hin geflüstert. Elirion vermutete, dass es ein Schutzzauber war, stark genug, alle dunklen Kreaturen fernzuhalten, vielleicht sogar die Gremlins.
Seit Verlassen der Heiligen Erde waren sie auf keines dieser schrecklichen Wesen mehr gestoßen und Elirion war darüber sehr erleichtert. Am zweiten Tag ihres Ritts erreichten sie einen dichten, unwirtlichen Wald, der ihnen wenigstens ein wenig Schutz vor dem prasselnden Regen bieten würde, selbst wenn sie dort schwerer vorankamen. Kurz bevor sie in das Dunkel der Bäume eintauchten, erkannte Elirion in der Ferne die schemenhafte Silhouette von Dun Slaire, »Der Sichere Hügel«. Das war die Hauptstadt der Ombrier, die inmitten eines undurchdringlichen Sumpfgebiets lag.
Elirion hätte gerne in der kleinen Stadt Rast gemacht, wo Huninns Leute sie sicher wohlwollend empfangen hätten, doch ihre Mission ließ keinen Umweg zu und so zogen sie weiter. Im Wald trafen sie nach langer Zeit auch wieder auf einen Mann. Es war ein ombresischer Holzfäller, der einen Packen Holz auf der Schulter trug und sich beeilte, noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Dun Slaire zurückzukehren, er warnte sie vor den Gremlins, die am Vorabend in
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