THARKARÚN – Krieger der Nacht
herbeigelaufen, was Adilean fast rührte. »Ich habe eine einfache Frage«, sagte sie. »Ich möchte nur wissen, ob Ihr eine Rüstung besitzt.«
Arturus war überrascht. Eine solche Frage war von einer Frau, die noch dazu von edlem Geblüt zu sein schien, nicht zu erwarten. Aber er nickte. »Ja, wir haben eine«, sagte er. »Sie hat meinem Bruder gehört. Er hatte vor, sich dem Heer anzuschließen, und nach seinem Tod wollte mein Vater nicht, dass ich an seiner Stelle gehe, und deshalb liegt sie nun nutzlos herum. Wir haben schon versucht, sie zu verkaufen, aber anscheinend ist niemand daran interessiert.«
»Dann kaufe ich sie euch ab«, erwiderte Adilean. Als sie sah, wie Arturus die Augen aufriss, sprach sie schnell weiter. »Noch etwas«, sagte sie rasch, um seiner Frage zuvorzukommen. »Könnt Ihr mir ein Pferd besorgen? Meines ist davon gelaufen. Ich werde es ebenfalls bezahlen.«
Dieses Mal antwortete der Junge vorsichtiger. »Na ja, doch, das könnten wir«, sagte er. »Aber, wenn Ihr gestattet, darf ich fragen, warum Ihr Euch dafür interessiert? Eine Rüstung und ein Pferd, so etwas braucht ein Mann, der in die Schlacht zieht. Aber Ihr?«
Adilean holte tief Luft und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Es war dumm von ihr gewesen, anzunehmen, sie würde noch einmal ohne Erklärungen davonkommen. »Ich gehe an die Front«, gestand sie und konnte Arturus dabei nicht in die klaren aufrichtigen Augen blicken. »Ich war auf dem Weg dorthin, als Euer Vater mich fand, und muss nun wieder dorthin.«
Arturus konnte es nicht glauben. »Seid Ihr eine Kriegerin?«, fragte er und in seiner Stimme schwang auf einmal noch mehr Ehrfurcht mit. »Ich habe Euer Schwert gesehen. Verzeiht mir, edle Dame, ich verstehe nichts von Waffen, Hacken und Mistgabeln sind eher mein Gebiet, wenn Ihr versteht. Aber Euer Schwert wirkt recht alt, ist es vielleicht magisch?« Schuldbewusst biss er sich auf die Lippe. »Entschuldigt, ich habe zu viel geredet, Ihr müsst mir gar nichts sagen.«
»Da ist doch gar nichts dabei.« Adilean hasste es, diesen netten, freundlichen Jungen anlügen zu müssen, der sich immer so rührend um sie gekümmert hatte, aber sie hatte keine Wahl. »Ja, ich bin eine Kriegerin. Mein Mann ist beim Heer und ich wollte zu ihm.« Das war zumindest nur zur Hälfte gelogen. »Meine Rüstung ist mit meinem Pferd verloren gegangen. Deshalb benötige ich eine neue. Nennt mir einen Preis und ich werde Euch das Doppelte geben. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um euch zu entschädigen.«
»Ich verstehe«, sagte Arturus und nickte. Er war immer noch sehr beeindruckt. »Ich glaube nicht, dass Ihr darüber mit mir reden solltet. Ich werde meinen Vater rufen und dann könnt Ihr alles Weitere mit ihm besprechen. Eins kann ich Euch jedoch noch sagen«, ein etwas verlegenes Lächeln glitt über sein Gesicht, »meine Mutter ist bestimmt nicht damit einverstanden, dass Ihr so früh wieder aufbrecht, und mein Vater wird von Euch nicht eine Münze mehr annehmen, als Pferd und Rüstung gekostet haben. So sind sie nun einmal.« Mit einer unsicheren Verbeugung zog er sich zurück. »Ich werde ihn sofort zu Euch schicken.«
Er verschwand aus dem Zimmer und Adilean hatte ein schlechtes Gewissen. Sie sollte ihnen die Wahrheit sagen und sie vielleicht sogar um Rat bitten, anstatt so eigenmächtig zu handeln und weiter alle anzulügen. Aber jetzt war es zu spät. Sie versuchte, ruhig und gefasst auszusehen, als Virgo ziemlich besorgt hereinkam.
»Arturus hat mir von Euren Absichten erzählt«, begann er stockend, er war ähnlich unsicher wie sein Sohn vor ihm. »Ich weiß, dass ich Euch nichts vorschreiben kann, aber meine Frau meint, es sei noch viel zu früh, und ich stimme ihr zu. Ihr habt Euch noch nicht vollständig erholt.« Er überlegte einen Moment, ehe er weitersprach. »Wenn wir Euch schon nicht von Euren Plänen abhalten können, dann erlaubt uns wenigstens, Euch noch ein paar Tage unsere Gastfreundschaft anbieten zu dürfen. Zumindest solange es dauert, um die Rüstung anzupassen.«
Das war ein vernünftiger Vorschlag und Adilean wusste, dass sie
ihn nicht ablehnen konnte. Sie nickte knapp und war insgeheim froh, dass sie den Tag noch etwas hinausschieben konnte, an dem sie diese unverhofft geschenkte Zuflucht verlassen musste. Hier hatte sie einige der glücklichsten Momente ihres Lebens verbracht und diese Leute waren so freundlich zu ihr gewesen. Virgo wollte schon gehen, sichtlich erleichtert, dass sie seinen
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