THARKARÚN – Krieger der Nacht
Er hatte sich seit ihrer letzten Begegnung, als sie in unterschiedliche Richtungen aufgebrochen waren, sehr verändert. Sein Blick hatte schon immer entschlossen gewirkt, doch nun besaß er eine neue Kraft. Und dann dieser Stab in seiner Hand, der Stab eines Zauberers. Dhannam war vollkommen überrascht. Noch nie war ein Herrscher über das Menschenreich zugleich auch ein Magier gewesen. Elirion trug immer noch Alfargus’ Doppelaxt bei sich, und als er sie sah, hatte Dhannam einen Kloß im Hals. Er dachte an seinen Bruder und daran, wie ähnlich ihm Elirion im Grunde war. Konnte er dem König des Menschenreiches seine Sorgen mitteilen, obwohl der der heftigste Gegner seiner Familie im Rat war?
»Wir sehen uns«, verabschiedete sich Elirion. Dann setzte er den Weg aus dem Raum fort und Dhannam erhaschte einen flüchtigen Blick auf Gavrilus, der sich über General Asduvarluns Trage beugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der General nickte. Dhannam wandte den Blick ab, weil er sich keineswegs sicher war, ob er diesen Anblick ertragen konnte, und er war froh, als ihn Elirion auf den langen, mit Wandteppichen geschmückten Flur führte. Der junge König des Menschenreiches war sehr ernst, beinahe düster.
»Also wissen wir immer noch nicht mehr über diesen Tharkarún? «, fragte er und machte eine ärgerliche Handbewegung. »Ich hatte gehofft, dass zumindest du gemeinsam mit den Rittern der Finsternis etwas entdeckt hättest. Von den Shardari habe ich nichts erfahren können, aber ich hatte auch nicht damit gerechnet, dort jemanden zu finden, der mehr weiß als Allan Sirio. Haben dir die Ritter wirklich nichts sagen können?«
Dhannam schüttelte den Kopf. Ihm stand immer noch das Bild von General Asduvarlun vor Augen. »Meister Calassar ist überzeugt,
er hätte den Namen irgendwo schon mal gehört«, berichtete er schließlich. »Aber er erinnert sich nicht mehr, wo. Dennoch habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Er ist ein so weiser Mann, gut möglich, dass er sich wieder an etwas erinnert, das nur wenigen bekannt ist.«
»Das hoffe ich«, rief Elirion. »Im Augenblick wissen wir nur eines ganz sicher, nämlich dass er die Gremlins anführt. Und ich habe keine Ahnung, ob ich mich wirklich darüber freuen soll. Was hältst du denn von der Idee des Generals?«
Diese letzte Frage verwirrte Dhannam. Es war noch nie vorgekommen, dass ihn jemand in einer so heiklen Angelegenheit nach seiner Ansicht fragte. Doch jetzt war er der Thronerbe im Elbenreich, die Lage hatte sich dramatisch verändert, und alle Entscheidungen betrafen ihn nun unmittelbar selbst. Eines Tages würden er und Elirion Fudrigus die mächtigsten Herrscher sein und anscheinend hatte Letzterer vor, ihn jetzt schon als ebenbürtig zu behandeln. Früher oder später würde auch er sich der neuen Situation mit all ihren neuen Verpflichtungen stellen müssen.
»Ich weiß nicht«, gab er zu. »Auf den ersten Blick sieht es fast wie der blanke Selbstmord aus, doch Asduvarlun irrt sich fast nie. Und ich kann mir vorstellen, dass es zumindest eine Zeit lang funktionieren kann.Wir können nicht viel gegen die da draußen unternehmen, deshalb sollten wir eigentlich froh sein, wenn wir irgendetwas tun können. Uns immer hinter der Mauer zu verschanzen und darauf zu hoffen, dass der Magus und die Übrigen rechtzeitig ihre Mission beenden können, wäre viel schlimmer.«
»Genau«, stimmte Elirion zu. »Ich glaube, es könnte wenigstens zum Teil funktionieren, weil wir jetzt die Verstärkung mitgebracht haben. Die Ritter der Finsternis verfügen über magische Waffen, die Shardari ebenfalls, und wenn alle Ritter genau wie Brennus und seine Männer kämpfen, haben wir eine vorderste Frontlinie, die nur sehr schwer zu besiegen sein wird. Wenn du es recht bedenkst, sollen wir doch nur Zeit gewinnen. Wir müssen die Gremlins nicht allein mit unseren Kräften besiegen, das wissen
wir alle. Wir müssen doch nur so lange durchhalten, bis die anderen den Undurchdringlichen Hort erreichen und den Weißen Stein zerstören. Die Frage ist nur: Können wir den Feind so lange hinhalten? Ich glaube schon.«
Dhannam nickte. Elirion hatte recht, sie mussten durchhalten und wenn nötig auch ihr Leben opfern. Dies und nichts anderes sollte General Asduvarluns Tat sie lehren. Er fuhr mit der Hand über den Griff des Schwertes an seiner Seite und erinnerte sich plötzlich an dessen Namen: Synfora, Unglück. Doch das Unglück sollte für seine Feinde und nicht für ihn
Weitere Kostenlose Bücher