THARKARÚN – Krieger der Nacht
die Bombarde immer noch feuerte und gerade noch ein Geschoss am Rand des Totenheeres explodiert war, nein, es war Allan Sirio gewesen. Dhannam hätte nie geglaubt, dass der freundliche Druide so schreien könnte. Seine Stimme durchschnitt all den Lärm wie ein Sonnenstrahl,
der durch die Wolken bricht, und jagte Dhannam einen Schauer über den Rücken.
Der Elbenprinz wandte sich der Großen Mauer zu, obwohl er wusste, dass es gefährlich war und er es besser nicht tun sollte. Dort stand Sirio, doch der wirkte überhaupt nicht wie der Druide, den er kannte. Er stand aufrecht auf der Mauer und sah auf einmal viel größer und schöner aus. Sein Umhang war nun nicht mehr grün, sondern weiß, und seine Haare, die er sonst immer zusammengenommen trug, fielen ihm jetzt offen über die Schultern und flatterten um seinen Kopf. Er umfasste seinen Birkenstab, hatte die Arme hoch zum Himmel erhoben, und Dhannam hätte es nicht verwundert, wenn Anman selbst ihm einen Blitz in die Hand gegeben hätte.
Als Dhannam sich wieder Tharkarún zuwandte, sah er, dass der den Kopf gehoben hatte, und obwohl der Hut immer noch sein Gesicht verbarg, war offensichtlich, dass auch er die überraschende Erscheinung Sirios anstarrte: Ob erstaunt, neugierig oder sogar ängstlich, konnte Dhannam nicht sagen.
»Die Zauberer mit mir«, schrie Sirio wieder und im Handumdrehen stand er nicht mehr auf der Mauer, sondern unterhalb, ohne dass Dhannam begriff, wie er dahin gekommen war. Inzwischen hatte man das große Tor geöffnet und nun strömten die Magier hinaus und schleuderten Zauber wie bunte Blitze auf die Feinde. Da war Araneus Calassar und auch er wirkte nun viel furchterregender, als Dhannam ihn kannte. Nur Lay Shannon führte seine Schwarzen Hexer nicht an, er stand immer noch mit General Asduvarlun auf der Mauer. Dhannam blieb keine Zeit mehr, die Lage eingehender zu studieren, denn etwas stürzte sich auf ihn, in der eindeutigen Absicht, ihn zu töten, und diesmal war es kein Toter, sondern ein Gremlin. Alles um ihn herum verlor an Bedeutung. Jetzt ging es um sein Leben.
Elirion Fudrigus senkte den Stab und beobachtete keuchend die Wirkung des zischenden gelben Lichtpfeils, den er gerade gegen den Gremlin vor ihm geschleudert hatte. Zu seinem Glück schien der Angriff dem Wesen schweren Schaden zugefügt zu haben. Das war wirklich sein Glück, denn fünf weitere Gremlins umringten ihn, und er hatte Herg und Huninn vollkommen aus den Augen verloren.
In diesem Durcheinander zusammenzubleiben, war ein Ding der Unmöglichkeit, und nun, da auch die Zauberer mitkämpften, war die Schlacht noch unübersichtlicher geworden. Die Bombarde feuerte nicht mehr, um die Truppen der Völker nicht zu treffen, und die Bogenschützen suchten sich seit einiger Zeit nur einzelne Ziele.
Herg und Huninn waren ihm für beachtliche Zeit wie zwei Schatten gefolgt, vor allem wenn man bedachte, wie schnell sich die anderen Kampfeinheiten verloren. Aber Elirion wusste, dass sie früher oder später unausweichlich getrennt werden würden, er hätte sich nur gewünscht, dass es nicht gerade in diesem Augenblick geschehen wäre. Er konnte zwar auf seine eigenen Fähigkeiten vertrauen, aber fünf Gremlins blieben fünf Gremlins. Zumindest war er in Gefahr, wenn ihm nicht jemand schnell zu Hilfe eilte oder besser gleich mehrere. Elirion wusste nur zu gut, dass er den Gremlins nicht standhalten konnte. Der magische Schutzschild, den er um sich beschworen hatte, begann unter ihren Hieben schon gefährlich nachzugeben. Sehr gut, dann würde er sie eben bis zum Letzten bekämpfen, solange er konnte, und dann sollte geschehen, was geschehen musste. So fällt der letzte König des Menschenreiches, dachte er. Er hätte sich lieber eine andere Zukunft vorgestellt, in der er weder König sein noch auf dem Schlachtfeld fallen musste, sondern Naime heiraten und nur Elirion, ein Zauberer wie jeder andere, sein durfte. Doch das Schicksal hatte es anders bestimmt und er würde dieses Urteil ehrenvoll annehmen.
Der Zauber aus seinem Stab traf den ersten Gremlin und dann
einen zweiten, den er allerdings nur streifte. Ohne dass er wusste wie, rollte er sich weg und entging so dem Angriff der restlichen drei. Keiner der fünf schien gewillt aufzugeben. Elirion stand keuchend wieder auf und schleuderte noch einen Zauber, doch der war zu schwach und zu ungenau und verfehlte sein Ziel um einiges. Womit er nur erreichte, dass der Gremlin, auf den er es abgesehen hatte, sich auf ihn
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