THARKARÚN – Krieger der Nacht
Antwort auf diese Frage bedeutend gewirkt. Er hatte dem kleinen Bruder imponieren wollen und sich betont erwachsen gegeben. Dhannam hatte an seinen Lippen gehangen, als sei jedes seiner Worte eine Offenbarung. »Natürlich wird sie nicht wiederkehren!
«, hatte er geantwortet. »Die Zauberer haben die Gefahr für immer verbannt, es wird nie wieder nötig sein, mit Cailín in die Schlacht zu ziehen. Unser Frieden wird ewig währen.«
Damals hatte er ihm geglaubt, alles schien so gut und richtig zu sein an diesem fernen Nachmittag in Astu Thilia. Wie hätte er damals ahnen können, dass sich die Dunkelheit wieder über die Erde ausbreiten würde und dass ihr niemand würde entfliehen können? Doch der Augenblick von damals war lange entschwunden.
Alfargus weilte nicht mehr unter ihnen und ruhte in weiter Ferne von seinen Ahnen, die gleichfalls auf dem Schlachtfeld den Heldentod gestorben waren, den Tod, mit dem er selbst so oft spielerisch geliebäugelt hatte. Und jetzt war auch General Amorannon Asduvarlun tot, er lag zu seinen Füßen im Staub, das zerborstene Schwert neben sich, das er nie mehr zur Rettung der acht Völker schwingen konnte.
Dhannam Sulpicius war kein schwärmerischer Junge mehr, sondern ein desillusionierter junger Mann, der inzwischen vieles erlebt hatte, was er lieber nicht gesehen hätte, und der an seine Grenzen gestoßen war. Und zu allem Überfluss war er der Erbe eines Thrones geworden, der ihm eigentlich nicht zugedacht war. Und jetzt, wo es darauf ankam, in der Schlacht, die dem Untergang aller vorausging, war er nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, die eines zukünftigen Königs würdig war, eine Entscheidung, an die sich zukünftige Generationen voller Hochachtung erinnern würden, sofern es überhaupt eine Zukunft geben würde.
Sarandon Sulpicius’ legendäres Schwert lag vor ihm, aber das alles ergab keinen Sinn, es konnte einfach nicht sein.
Cailín ruhte seit Ewigkeiten in einer Vitrine, niemand hatte je daran gedacht, es herauszunehmen, nicht einmal als die Gefahr, die alle für gebannt hielten, wieder aufgetaucht war.Wie war das Schwert in die Hand dieses mysteriösen Reiters gelangt? Es gab nur einen Weg, das Rätsel zu lösen. Wieder legte er die Hand an
den Helm und aus irgendeinem Grund lief ihm ein Schauer den Rücken hinunter.
Er holte tief Luft, hielt den Atem an und klappte das leicht quietschende Visier hoch.
Die Welt schien zusammenzustürzen. Seine Welt. Sein Verstand setzte aus, das konnte nicht sein, dieses selbst noch im Tod schöne Antlitz konnte nicht seiner Schwester Adilean gehören. Warum hatte sie Astu Thilia verlassen? Warum hatte sie sich als Mann verkleidet und sich neben dem geliebten Mann in den Tod gestürzt? Sie wusste doch nicht, dass sie Thix Velinan versprochen war. Was konnte sie nur dazu veranlasst haben, die Heimat zu verlassen, in der sie sicher gewesen war? Wollte sie nur ihren Verlobten sehen und ihm von der Geburt seines Kindes berichten? Das wäre leichtsinnig gewesen und passte nicht zu ihr. Doch der Wahrheit konnte man nicht entfliehen.
Das war Adilean. Das magische Schwert Cailín und der markerschütternde Schrei, als der eiserne General tödlich getroffen zu Boden stürzte, all das ergab nun einen Sinn. Erst jetzt wurde Dhannam vollends bewusst, wie schrecklich Tharkarún unter seiner Familie und seinem Volk gewütet hatte.
Er hatte seinen Bruder getötet, die Seele seines Vaters zerstört, den eisernen General erstochen und jetzt auch noch das Leben seiner Schwester genommen. Dhannam erinnerte sich daran, wie alles angefangen hatte: an ihren Abschied von Astu Thilia, als sie die Ratsversammlung auf der Heiligen Erde besuchen wollten, zu einer Zeit, als alles noch ruhig und friedlich war. Von allen, die damals dabei waren, war nur noch er am Leben, sah man einmal von König Gavrilus ab, der gebrochen an Leib und Seele nur noch auf den erlösenden Tod wartete. Sicher, Dhannam lebte, aber all seine Hoffnungen waren gestorben. Es war ein Fehler gewesen, nach einem Sinn zu suchen, es gab keinen.
»Prinz Dhannam!«
Vaskas schrie seinen Namen, um ihn zu warnen. Der Kampfmeister der Ritter der Finsternis wurde von zwei Gremlins gleichzeitig
attackiert und konnte ihm dieses Mal nicht zu Hilfe eilen. Der Elbenprinz war in höchster Gefahr, zumal er im Schmerz um Adileans Tod sein Schwert zu Boden fallen gelassen hatte. Ein weiterer Gremlin bedrohte ihn, er schwebte wie ein dunkler Schatten über dem toten General und schickte
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