THARKARÚN – Krieger der Nacht
manches aus den letzten Ausführungen des Magus nicht verstanden, und er war sich beinahe sicher, dass es dem ersten General genauso ging. Doch er glaubte zumindest mitbekommen zu haben, dass ihr Feind, wer auch immer das war, das Schwarze Idol aus seinem Granitgefängnis befreien wollte, wenn er siegte. Bis zu diesem Moment hatte Präsident Ghadril Thaun das Schwarze Idol nur als göttliches Wesen und Teil der Legende betrachtet, aber es gehörte nicht gerade zu den Fabelwesen, die man gern in der Wirklichkeit gesehen hätte. Falls es tatsächlich in den acht Reichen auftauchte, um dort Angst und Schrecken zu verbreiten, wäre es die größte Bedrohung, die die Völker je erlebt hätten.
Anscheinend gab es nur eine Möglichkeit, diesem Schicksal zu entgehen: eine Truppe zu bilden, die aus den schlimmsten Schurken der Völker bestand.
Der Präsident hätte solchen Leuten nicht einmal vertraut, um eine Kundgebung auf der Straße aufzulösen. Sie sollten eigentlich einen Strick um den Hals tragen und zwanzig Zentimeter über dem Boden hängen und nicht ohne jede Kontrolle versuchen, die Welt zu retten. Sicher, da gab es noch den Magus. Aber konnte es nicht sein, dass dessen größter Fehler schon die Entscheidung gewesen war, diesem Abschaum zu vertrauen? Außerdem, wenn das Schicksal der Völker wirklich in den Händen der Verbrecher lag, warum forderte der Magus dann noch, dass die Völker das größte Heer aller Zeiten versammeln sollten?
Der Präsident betrachtete den ersten General und bemerkte erleichtert, dass der Goblin wohl genauso wie er ins Grübeln kam. Er verzog die Lippen zu einem müden Lächeln.
»Ich glaube, wir müssen heute Abend eine Versammlung einberufen, um die Leute da unten zu beruhigen«, meinte er seufzend. »Ich muss jetzt überlegen, was ich ihnen sagen werde, denn ich habe noch nicht die geringste Ahnung.«
ACHT
M OROSILVO DAN NA’Hay konnte sein Glück kaum fassen: Er war frei! Oder jedenfalls fast. Na ja, er war auf der Flucht durch die Wälder der Heiligen Erde der Druiden und die ombresische Garde hatte seine Spur verloren. Damit hatte sich seine Situation deutlich verbessert. Wie er das geschafft hatte, wusste er selbst nicht so genau. Er hatte zwei Wachmänner fesseln, den Hauptmann betäuben und in die Toilette einschließen müssen. Was hatte er für ein Glück gehabt! Der Wachposten hatte geschlafen und mit Geschick und äußerster Vorsicht hatte Morosilvo ihm den Dolch abnehmen können. Und dann noch der Hauptmann, der just um diese Zeit einem dringenden Bedürfnis nachkommen musste …!
Aber jetzt hatte er die Schlüssel in seiner Jackentasche und war endlich wieder frei. Es würde bestimmt eine ganze Weile dauern, bis die Wachen sich von ihren Fesseln befreit hatten.
Sein einziges Problem war der Grüne Strom, aber er glaubte nicht, dass ihm die Überquerung Schwierigkeiten bereiten würden. Ihm war natürlich bekannt, dass die Brücke plötzlich verschwand, wenn jemand mit bösen Absichten den Fuß auf sie setzte, und man in die todbringenden Fluten stürzte. Doch soweit er wusste, galt das nur für diejenigen, die auf die Insel gelangen wollten.
Außerdem hatte er keine bösen Absichten, im Moment zumindest. Augenblicklich hatte er nur den einen Wunsch, sich zu
retten und irgendwohin zu flüchten, wo man ihn nicht finden würde, und Selbsterhaltungstrieb konnte wohl kaum als böse Absicht gelten. Bisher war das Glück auf seiner Seite gewesen und er glaubte fest daran, dass es ihm auch in Zukunft treu bleiben würde, so viel Vertrauen in das Schicksal hatte er sich bewahrt.
Er schob einige Zweige zur Seite und spähte zwischen ihnen hindurch. Kaum ein Wölkchen trübte den azurblauen Himmel, die Sonne stand tief und ihr strahlendes Gold begann bereits zu verblassen. Die merkwürdig giftgrünen Wasser des Stroms klatschten heftig gegen das Ufer der Druideninsel, ihre Gischt schillerte in allen Farben des Regenbogens. In der Ferne hörte man einen Vogel singen, eine leichte Brise ließ die Blätter der Pappeln erzittern. Morosilvo sog die würzige Abendluft tief in sich ein: Seit er dem Höllenloch entronnen war, hatte er sich nicht mehr so wohlgefühlt.
Doch sein Hochgefühl fand ein jähes Ende, als sich am Ufer etwas bewegte und Morosilvo erkannte, dass eine Gestalt am Wasser kniete.
Er hatte sie nicht gleich bemerkt, da sich ihr braun-grüner Kapuzenumhang kaum von der Umgebung abhob. Die Farbe sprach für einen kräuterkundigen Druiden. Obwohl er dort
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