The Bards Tale 02 - Festung aus Feuer und Eis
einen Eber rösten wollt, Paladin, dann holt ihn Euch.« Oder verschwindet und eßt, was Ihr wollt. Der Gedanke war ihm so deutlich vom Gesicht abzulesen, als hätte er ihn laut geäußert. Der Paladin warf ihm einen mißtrauischen Blick zu und gab nach.
»Ja. Es gibt gewiß Zeiten, in denen ein Krieger auch ohne Fleisch auskommt, um seine Seele auf größere Aufgaben vorzubereiten und …« Naitachal unterbrach ihn mit einer unwilligen Handbewegung, beugte sich vor und deutete auf Ilya, der auf der anderen Seite des Feuers saß und an einem Stück dunklen, fast schon verschimmelten Brotes herumkaute. »Erzählt uns doch ein wenig von diesem Tal, hm?«
Ilya nickte heftig, kaute und schluckte. »Nun, früher, als meine Großmutter noch ein Mädchen war, gab es dort angeblich eine Weide … Sie sagte, es hätte dort Gras, Blumen und all das gegeben, was man auch in unserem Dorf und in der Nähe fand. Wilde Zwiebeln wuchsen auf den Hügeln, ein Fluß mit einem Weiher war dort, wo die Gänse im Frühling und im Herbst rasteten. Doch dann kam ein Winter, der Großvater aller Winter. Der Schnee lag hoch bis zu den Dachrinnen aller Häuser. Wölfe und Eisbären durchstreiften die Straßen und kratzten an den Türen. Und mitten in diesem furchtbaren Winter, zu einer Zeit, in der es nur soviel Sonne gibt«, er deutete mit den Händen eine Fingerlänge an, »in einer langen, schrecklichen Nacht erhob sich ein Wind, der an den Schornsteinen rüttelte und den Ruß herunterrieseln ließ und den Schnee von der Straße durch den Kamin drückte. Die Menschen verkrochen sich in ihre Häuser und warteten auf den nächsten Sturm, der gewißlich jede Hütte und jeden Schuppen im Dorf wegreißen würde. Doch als der Morgen kam, stand alles im Dorf noch so wie immer.
Nur die Schneewehen zeigten, wo der Wind entlanggestürmt war. Und das Tal war von einem geheimnisvollen weißen Wall umgeben.«
»Die Leute waren natürlich neugierig. Einige gingen hin, um es sich anzusehen. Meine Großmutter erzählte, daß einige von denen, die dort waren, berichteten, daß der Wall tatsächlich echt sei und daß einem die Hand erfror, wenn man ihn berührte. Und dann gab es noch diejenigen
…« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. »… die über den Wall geklettert sind … und niemals zurückkamen.«
In dem folgenden Schweigen hörte man nur das Knacken des Feuers und das leise Blubbern des Eintopfs, den Raven zusammenköchelte. »Der Sommer kam«, fuhr Ilya schließlich mit normaler Stimme fort. »Aber der Wall blieb, wo er war, und es war immer Eis darauf, selbst im heißesten Hochsommer. Selbst jetzt ist dort noch Eis, und als ich noch ein dummer Junge war, bin ich auf die Schultern eines Freundes geklettert und habe herübergeschaut. Überall ist Schnee und Eis, und mittendrin ist ein Turm, oder vielleicht ist es auch eine Burg. Es ist schwierig zu erkennen, weil es genauso weiß ist wie der Boden drumherum. Aber es haben auch andere über den Wall geschaut, und sie bestätigen das, was ich gesehen habe.«
»Und was ist aus denen geworden, die hineingegangen sind?« wollte Naitachal wissen.
Ilya steckte sich den letzten Bissen des Brotes in den Mund, schaute einen Moment ins Feuer und stand dann auf. »Ich sagte, ich würde Euch dorthin führen, Herr, und das werde ich auch tun. Aber nur bis dorthin, von wo aus Ihr den Wall sehen könnt. Zu meinem Dorf und vielleicht noch ein kleines Stückchen weiter. Aber nicht mehr.
Denn diejenigen, die den Wall überklimmen, kommen nicht zurück. Nie mehr.«
8.
KAPITEL
Der Barde lag noch lange wach, nachdem seine plötzlich so zahlreichen Gefährten schliefen. Magische Bögen, dachte er mißmutig. Nun, es war jedenfalls eine weit einfallsreichere Lüge als diese albernen Visionen von Arturis. Dieser Ausdruck auf dem Gesicht meines Schülers, als der Paladin diese Nummer zum besten gab! Und es war natürlich nur ein Spiel: Gawaine mochte vielleicht jung und weltfremd sein, aber Naitachal erkannte einen Betrug, wenn er auf einen stieß.
Vielleicht war es nicht direkt Betrug: Es bestand die Möglichkeit, daß Arturis auch sich selbst etwas vormachte. »Trotzdem, ich werde diesen angeblichen Paladin sehr genau im Auge behalten, damit er nicht plötzlich verschwindet und etwas mitgehen läßt, was nicht ihm gehört
– einschließlich meiner Barschaft und meines Schülers!«
flüsterte der Barde vor sich hin.
Eins war jedenfalls sicher: Nach der Geschichte, die Ilya erzählt hatte, würde er
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