The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
das Tuch über die Augen schoben. Ich muß mit dem König sprechen. Ich habe keine Magie benutzt, obwohl es offensichtlich ist, daß Alaire es getan hat. Vielleicht stehe ich ja doch noch irgendwie unter diplomatischer Immunität …
Die Wächter schoben ihn weiter. Vor ihm ertönte das Rumpeln eines Wagens oder Karrens, gefolgt vom Quietschen einer Eisentür. Sie warfen ihn in das Gefährt hinein, und er landete auf einem blanken, kalten Eisenboden. Naitachal spürte, daß noch jemand in dem Gefährt war. Hinter ihm wurde die Tür zugeschlagen, und ein Schlüssel drehte sich knarrend in einem Schloß.
Der Wagen fuhr ruckend an, während der Elf sich bemühte, sich aufzusetzen. Starke Hände halfen ihm, und als er an der Wand lehnte, zog ihm jemand die Binde von den Augen.
»Lyam«, flüsterte Naitachal. Selbst in der Dunkelheit ihres fahrenden Gefängnisses erkannte er die Umrisse seines Gesichts. An drei Seiten hatte der Wagen kleine Fenster, die sowohl Mondlicht als auch Kälte hereinließen.
»Sie bringen Alaire in einem anderen Wagen fort«, sagte Lyam trübselig. »Jetzt haben ihn die Schergen. Ich glaube, mein Sohn konnte entkommen, bevor die Soldaten ihn erwischten. Jedenfalls hoffe ich das sehr.« Lyam blickte den Dunklen Elfen entschuldigend an. »Es tut mir leid, daß ich Euch in eine solche Lage gebracht habe. Ich hatte keine Ahnung, daß Sir Jehan so gerissen ist.«
»Ich auch nicht«, antwortete Naitachal. »Ich muß zugeben, daß uns die Möglichkeiten ausgegangen sind.
Aber solange ich atme, ist noch nicht alles verloren.«
Lyam warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Nein?«
Er klang erschöpft und fuhr sich mit der Hand durch sein zerzaustes Haar. Seine Ketten klirrten laut. »Was könnten wir denn noch tun?«
Naitachal sah aus dem rückwärtigen Fenster. Etwa hundert berittene Königliche Wachen auf Dieren folgten unmittelbar hinter dem Wagen. Es war ein wabernder, dröhnender Schatten, der die Straße bedeckte. »Es wäre wohl nicht sehr wirkungsvoll, das Schloß zu öffnen«, sagte er.
»Nein«, pflichtete Lyam ihm bei. »Ich fürchte, das könnte jemandem auffallen.«
Eine amüsante Situation, wenn uns nicht der Tod drohte. »Ich finde es merkwürdig, daß sie uns gefesselt, aber nirgendwo angekettet haben.«
»Sie wissen, daß wir damit nicht weit kommen«, erklärte Lyam. »Ich hatte keine Ahnung, wie schwer diese Ketten sind«, fügte er hinzu und hob sie mit Mühe an.
»Was sagtet Ihr gerade? Habt Ihr von Möglichkeiten gesprochen?«
»Ich bin immer noch der Botschafter von Althea«, sagte Naitachal eigensinnig. »Das muß doch für etwas gut sein.«
Lyam starrte ihn mit undurchdringlicher Miene an.
Dann lächelte er, und zum Schluß lachte er schallend.
»Ach, seid Ihr das?« stieß er hervor, während er nach Luft schnappte.
»Ihr seid soeben gefangengenommen und in Ketten gelegt worden. Glaubt Ihr wirklich, daß es noch von Bedeutung ist, welches offizielle Amt Ihr in Althea bekleidet? In Suinomen seid Ihr jedenfalls ein Gefangener. Und darüber hinaus auch noch ein nicht-menschlicher.«
»Und welche Rolle spielt das Nicht-Menschliche hierbei?«
Lyam wurde ernst. »Heutzutage bedeutet es gewöhnlich den sofortigen Tod. Elfen, Feen, Zwerge, Spinnenwesen, alles, was nicht menschlich ist, wird nicht nur gefangengenommen. Normalerweise werden sie ›auf der Flucht getötet‹, wie die offizielle Sprachregelung lautet.
Daß sie Euch nicht gleich ermordet haben, ist schon ein gutes Zeichen.«
Naitachal lehnte sich gegen eine Seite des Wagens und versuchte, nachzudenken. »Also, was glaubt Ihr, wird jetzt geschehen? Irgendwelche Vermutungen?«
»Na ja, für den Anfang ist Alaire zweifellos unterwegs ins Gefängnis der Seelen.« Er kratzte sich nachdenklich das Kinn. »Er wurde bereits in Abwesenheit angeklagt und verurteilt. Mal sehen; ich werde vermutlich hingerichtet. Die bevorzugte Methode ist Hängen, obwohl Sir Jehan in Anbetracht der Umstände vielleicht etwas …
sagen wir … Intimeres im Verlies arrangiert. Das hängt davon ab, wie Seine Majestät gelaunt sind. Und was Kai angeht … Ich bezweifle, daß er noch am Leben ist. Vermutlich wurde er schon hingerichtet.«
Naitachal war von der Offenheit verblüfft, mit der der Hauptmann über ihren drohenden Tod sprach. Andererseits war dem Mann der Tod nicht fremd.
»Und Euer Sohn?« fragte der Elf.
»Keiner im Palast weiß, daß er mein Sohn ist. Für sie ist er nur ein einfacher Dienstbote.« Er drehte sich um
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