The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
betrachtete ihn von der Seite. Dann dämmerte es ihm. Er erinnert sich an nichts von dem Moment an, als die Assassinen uns angriffen, bis zu dem, als der Zauber ihn heilte. Entweder kommt das vom Trinken oder von der Magie. Ich kann kaum glauben, daß ich das geschafft habe. Er sah zu der Harfe hinüber, die hinter Kai an der Wand lehnte. Bin ich jetzt ein Barde?
Kai schalt ihn weiter aus. Er dachte offensichtlich, daß Alaire dumm und feige gewesen war und einen Kampf vermeiden wollte.
»Erstens«, erwiderte Alaire geduldig. »Ich bin kein Barde, sondern lerne noch, einer zu werden. Diesen Rang habe ich noch nicht erreicht. Wir haben es vorher nicht erwähnt, weil wir den Befehlen unseres Königs, meines Vaters, gehorchen mußten. Er wollte, daß wir es für uns behielten. Hättet ihr uns die Einreise in euer Land gestattet, wenn ihr es gewußt hättet? Nein«, beantwortete er seine Frage an Kais Stelle. »Die Frage ist ohnehin überflüssig. Ich habe den Zauber beschworen, weil du sonst nicht hier sitzen und mit mir reden würdest. Du warst tot.
Du hast eine tödliche Wunde erlitten. Erinnerst du dich?«
Kais Blick machte deutlich, daß der Kronprinz ihm nicht glaubte. »Wovon redest du?« fragte er ärgerlich.
Alaire seufzte. »Woran erinnerst du dich noch, Kai?«
Der Junge dachte kurz nach. »Wir haben die Taverne verlassen. Zwei Räuber griffen uns an. Du hast mit einem gekämpft, und … und …«
»Und was?« drängte Alaire.
Kais Blick richtete sich in die Ferne, und ein seltsamer, ängstlicher Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.
»Ich weiß nicht mehr. Ich scheine mich nicht mehr erinnern zu können. Irgend etwas ist da geschehen, etwas, das … Es muß an der Magie liegen.«
Alaire musterte ihn prüfend. »Ist das alles?«
Kai sah aus, als wolle er ihm den Käse an den Hals werfen. »Was denn noch?«
Seine Wut verriet, wovor er sich fürchtete. Er weiß es, erkannte Alaire. Er weiß, was geschah, und will es nur nicht zugeben. Wer kann ihm das verdenken? Würde ich es zugeben?
Er beschloß, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. »Die Räuber, wie du sie nennst, waren keine. Es waren gedungene Mörder. Und sie wollten unser Leben, nicht unsere Geldbörsen. Ich weiß das, weil dieselben oder ähnliche Leute Naitachal, meinen Meister, in deinem Palast töten wollten. Ich habe bei dem einen Glück gehabt und konnte ihn erledigen, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen. Das verdanke ich der Übungsstunde mit deinem Hauptmann Lyam. Sie hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Ich habe von deinem Lehrer Dinge gelernt, die mir einen Vorteil verschafft haben. Erinnere mich daran, daß ich mich bei ihm bedanke.«
»Er ist der Beste«, sagte Kai stolz. Dann runzelte er die Brauen. »Wenn du so gut mit dem Schwert bist, warum mußtest du dann Magie beschwören?«
Alaire seufzte. »Weil der Assassine, gegen den du ge-kämpft hast, dich tötete. Oder dich zumindest so schwer verletzt hast, daß du fast gestorben wärst.«
»Klar doch«, erwiderte Kai ungläubig.
»Du erinnerst dich nicht?« fragte Alaire gereizt. »Du weißt nicht mehr, wie der Meuchelmörder dich durchbohrt hat? Oder wie du gefallen bist? Du hast vergessen, wie dein Blut den Schnee gerötet hat und wie ich neben dir saß und gesungen habe?«
»Tja … ich …« Einen Moment war Kais Arroganz verschwunden. Doch dann kehrte sie zurück. »Beweis es mir!« verlangte er streitlustig.
Phh! »Na gut«, sagte Alaire. »Das mach’ ich. Heb dein Hemd hoch.«
Kühn kam der Prinz dieser Aufforderung nach und entblößte, ohne zu zögern, seinen flachen, weißen Bauch.
»Wonach suchst du?« wollte er wissen und sah dann hinab.
Als er die frische, rote Wunde sah, die noch ein bißchen klaffte, sog er scharf den Atem ein. »Ihr Götter!«
flüsterte er. »Wie ist das geschehen? Die war gestern noch nicht da.«
»Da hat der Assassine dich durchbohrt«, erklärte Alaire ihm grimmig. »Ich bin in dem Moment gekommen, als es passierte. Er sah mich und dachte wohl, er habe seinen Auftrag erledigt. Also hat er sich umgedreht und ist weggelaufen. Du lagst im Schnee mit einer Wunde im Bauch und hast so stark geblutet, daß es einen See gefüllt hätte.«
Diese Enthüllung und der sichtbare Beweis erschütterten Kai nachhaltig. »All das Blut«, sagte er schwach.
»Ich dachte, es stammte von dem Räuber.«
Alaire schnaubte verächtlich. »Nein. Es war deins. Ich wußte, daß du sterben würdest, wenn ich nicht etwas dagegen
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