The Black Club, London - 3
Vermischt mit der Panik, ihnen schutzlos gegenüberzustehen, war sie wie gelähmt.
„Wie heißt du, Kind?“, versuchte es die schöne Asha mit ihrer sanften Stimme. In Libbas Ohren klang sie geradezu melodiös. Ein Singsang, der sich vom Kopf bis in den Brustkorb fraß und ihr Herz zwang, sich nicht länger vor Aufregung zu überschlagen.
„Libba“, sagte sie tonlos, überrascht, dass sie überhaupt etwas über die Lippen brachte. „Mein Name ist Libba.“ Sie fragte sich, warum ihre Stimme sich so fremd anhörte.
„Dann komm, Libba.“ Die Schöne fasste sie am Arm und wollte die Führung übernehmen. Libba ließ sie gewähren. „Ich bringe dich in einen Raum, in dem du dich ausruhen kannst.“ Pete folgte ihnen wortlos. In gewisser Weise war er froh, dass Asha sich der Menschenfrau annahm. Er konnte dieser Libba nichts abgewinnen und er hätte auch nicht gewusst, was er mit ihr anfangen sollte.
Eine geheime Fähigkeit
Eliza hockte in einer Baumkrone und stierte hinab auf den Verschlag, durch den Cedric mit seiner Menschenfreundin verschwunden war. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Erst eine Kirche und nun die Kapelle auf einem Friedhof. Was dachte sich dieser Vampir eigentlich?
Sie streckte sich auf einem starken Arm des Baumes aus und überlegte in dieser Position, ob sie den beiden folgen sollte. Was konnte sich schon dort unten befinden? Nur ein weiterer Unterschlupf. Nichts, was ihr gefährlich werden konnte. Und doch sagten ihre Instinkte, dass sie lieber vorsichtig sein sollte. Beim Betreten des Friedhofes hatte sie den Geruch anderer Werwölfe wahrgenommen, was nüchtern betrachtet nicht sein konnte.
Alle Werwölfe Londons hielten sich in Damians Club auf. Sie alle waren seine Gefolgsleute. Eine Weile blieb sie liegen. Wie eine schnurrende Katze, die darauf wartete, dass die Maus aus ihrem Loch hervorkam, schmunzelte sie in sich hinein.
Die Beine ließ sie baumeln, den Kopf stützte sie mit den Händen ab. Der Mond schien ihr durch das Geäst ins Gesicht. Er war beinahe rund. Schon morgen Nacht würden sie Vollmond haben. Eliza sehnte diese Zeiten stets herbei. Vollmondnächte waren zugleich auch Wolfsnächte und somit etwas ganz Besonderes. Ein Schatten huschte aus dem Verschlag über den Friedhof. Eliza fuhr hoch. Beinahe im gleichen Augenblick war sie auf die Füße gesprungen. Die Äste raschelten unter ihr. Zuerst fürchtete sie, sich durch ihre hektischen Bewegungen verraten zu haben. Doch das flüchtende Wesen – der Vampir – registrierte sie nicht. Er schien es sehr eilig zu haben. Geschwind löste er sich vom Erdboden. Er sprang in die Luft und verwandelte sich in eine Krähe, die sich rasend schnell in die Nacht hineinstürzte.
Das alles geschah in nur wenigen Sekunden. Als Eliza vom Baum hinabsprang, war sie wieder allein. Die Stille um sie herum wirkte regelrecht unheimlich. Obwohl die Aura des Vampirs an ihr vorbeigeströmt war, hatte sie das Gefühl, sie hinge noch immer in der Luft. Außerdem gab es da diesen anderen Geruch, der ihr nicht aus der Nase gehen wollte. Als wäre sie von Werwölfen umzingelt.
Sie entschied, dass dies der richtige Zeitpunkt für ihre geheime Fähigkeit war. Wie lange hatte sie darauf gewartet, ihren ganz persönlichen Trumpf ausspielen zu können. Die Gabe, die ihre Mutter – ein Mischwesen – an sie weitergegeben hatte, bevor sie in Elizas Klauen gestorben war.
Eliza fühlte sich nicht schuldig, wenn sie an diese Tat zurückdachte. Ihr Vater hätte sich nicht mit einer solch dreckigen Hure einlassen sollen, die letztendlich ihre Familienehre zerstört hatte. Aber wenigstens verhalf diese Herkunft ihr zu einer Fähigkeit, den kein anderer Werwolf beherrschte.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen. Im Geiste beschwor sie das Bild des Vampirs herauf. Sie musste sich stark konzentrieren, um keinen Fehler zu machen. Ihre letzte Verwandlung war lange her. Daher gelang es ihr nicht auf Anhieb, in die Gestalt von Cedric zu schlüpfen. Sie verharrte still. Jeden Windzug und jedes Rascheln um sich herum vernahm sie in vielfacher Lautstärke. Die Welt begann, sich zu drehen. Schneller und schneller. Eliza wurde in einen gewaltigen Strudel gerissen, der sie taumelnd stolpern ließ. Sie fiel zu Boden, würgte, weil sich die Luft mit einem Schlag aus ihren Lungen presste, und blieb auf dem Rücken liegen. Ihre Glieder zuckten unkontrolliert, begannen jedoch im nächsten Moment mit der Verformung.
Arme und Beine nahmen an
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