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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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Innenhöfe herum errichtet worden. Während ich den ersten überquerte, stellte ich im Kopf eine Liste der Dinge zusammen, die ich benötigen würde, um im Niemandsland zu überleben: Waffen natürlich, für das, was zwischen den Bäumen lauerte, aber auch Medikamente wären definitiv von Vorteil. Falls ich in dem Minenfeld einen falschen Schritt machte, würde ich Verbandsmaterial und Antiseptika brauchen. Der Gedanke war grauenhaft, aber ich musste mich damit auseinandersetzen. Adrenalin war unschätzbar wertvoll: Damit konnte ich nicht nur meine Energiereserven auffüllen und Schmerzen betäuben, sondern es konnte auch zur Wiederbelebung dienen, falls ich meinen Körper verlassen musste. Auch zusätzliche Anemonenpollen wären hilfreich, genau wie jede andere Substanz, die mir in die Finger käme: Flux, Astern, Salz … vielleicht sogar Ektoplasma.
    Ich ging an einigen Gebäuden vorbei, aber keines davon eignete sich für eine schnelle Durchsuchung – zu viele Räume. Erst als ich mich von den Innenhöfen entfernte und Richtung Grundstücksgrenze lief, fiel mir ein besseres Ziel ins Auge: ein Gebäude mit großen Fenstern und jeder Menge Klettermöglichkeiten. Nachdem ich einen Torbogen durchschritten hatte, musterte ich seine Vorderseite. Hier wuchs dichtes, rotes Efeu an der Fassade. Auf der Suche nach einem offenen Fenster umrundete ich das Gebäude. Es gab keins. Also würde ich mir mit Gewalt Zutritt verschaffen müssen. Nein, Moment … Im ersten Stock entdeckte ich ein kleines Fenster, das einen Spaltbreit geöffnet war. Ich zog mich auf ein Mäuerchen hoch, von dort aus kletterte ich die Regenrinne hinauf. Das Fenster klemmte, aber es gelang mir, es mit einem Arm aufzustemmen. Ich schob mich in einen kleinen Raum, wahrscheinlich eine Art Besenkammer, in der eine dicke Staubschicht lag. Vorsichtig öffnete ich die Tür.
    Vor mir lag ein Korridor mit Steinboden. Leer. Mein kleiner Ausflug in das Haus hätte gar nicht besser laufen können. Langsam ging ich von Tür zu Tür, musterte sie und versuchte herauszufinden, was sich dahinter befand. Plötzlich rührte sich mein sechster Sinn: zwei Auren, hinter der Tür zu meiner Rechten. Abrupt blieb ich stehen.
    »… weiß gar nichts! Bitte … «
    Ein dumpfes Poltern ertönte. Ich drückte ein Ohr an die Tür.
    »Die Blutsherrscherin interessiert dein Gewinsel nicht.« Eine männliche Stimme. »Wir wissen, dass du sie zusammen gesehen hast.«
    » Einmal habe ich sie gesehen, nur einmal, auf dem Gelände! Sie haben nur trainiert. Ansonsten habe ich gar nichts gesehen, das schwöre ich!« Diese Stimme war schrill vor Angst, dennoch erkannte ich sie: Das war Ivy, die Handleserin. Nur mühsam brachte sie die Worte hervor. »Bitte, nicht noch mal, nicht noch mal, ich halte das nicht aus … «
    Ein grauenhafter Schrei.
    »Die Schmerzen werden enden, wenn du uns die Wahrheit sagst.« Ivy schluchzte. »Komm schon, 24. Du musst doch irgendetwas für mich haben. Nur eine kleine Information. Hat er sie berührt?«
    »Er … er hat sie vom … vom P-P latz getragen. Sie war erschöpft. Aber er trug Handschuhe … «
    »Bist du ganz sicher?«
    Sie fing an zu keuchen. »Ich … ich weiß es nicht mehr. Tut mir leid. Bitte, aufhören … « Schritte. »Nein, nein !«
    Bei ihren gequälten Schreien drehte sich mir der Magen um. Am liebsten hätte ich ihrem Peiniger das Bewusstsein zermalmt, aber das Risiko, dabei erwischt zu werden, war zu hoch. Wenn ich nicht an diese Sachen rankam, konnte ich niemanden retten. Zähneknirschend und zitternd vor Wut lauschte ich weiter. Was machte er mit ihr?
    Ivy schrie immer noch. Als er endlich aufhörte, hätte ich mich fast übergeben.
    »Nicht mehr, bitte .« Jetzt schluchzte Ivy so stark, dass sie kaum noch Luft bekam. »Das ist die Wahrheit!« Ihr Peiniger schwieg. »Aber … aber er nährt sich von ihr. Das weiß ich. Und sie … sie sieht immer ganz sauber aus. Und die Leute sagen, dass sie von Sehern Besitz ergreifen kann und dass er … dass er das vor der Blutsherrscherin geheim halten muss. Sonst wäre sie … sonst wäre sie längst tot.«
    Drückende Stille, gefolgt von einem schweren, dumpfen Poltern. Dann ertönten Schritte, und eine Tür wurde zugeworfen.
    Lange stand ich wie erstarrt da. Schließlich drückte ich die wuchtige Tür auf. In dem Raum stand ein einzelner Stuhl. Auf der Sitzfläche und dem Boden klebte Blut.
    Mir brach der kalte Schweiß aus, und ich wischte mir mit dem Ärmel die Oberlippe ab. Einen Moment

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