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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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Du befolgst meine Befehle, nicht andersherum.«
    »Und wie lauten deine Befehle?«
    »Mich in Ruhe sterben zu lassen.«
    Überzeugend klang das nicht. Ich schob seine Hand von der Schulter, zum Vorschein kam Fleisch, das aussah, als wäre es angenagt worden.
    Summer.
    Seine Augen leuchteten auf, als hätte in ihrem Inneren eine explosive chemische Reaktion stattgefunden. Für einen Moment dachte ich, er würde mich umbringen. Mein Geist drängte unruhig zum Angriff.
    Dann ließ er mein Handgelenk los. Prüfend sah ich ihm ins Gesicht. »Hol mir Wasser«, befahl er so leise, dass ich ihn kaum verstand. »Und … und Salz. Sieh in der Vitrine nach.«
    Mir blieb nichts anderes übrig, als es zu tun. Unter seinem bohrenden Blick schloss ich die Vitrine auf und öffnete die Glastüren. Ich griff nach einem hölzernen Salzfässchen, einer goldenen Schale und einem Fläschchen mit Wasser, dann klemmte ich mir noch ein paar Handtücher unter den Arm. Der Wächter zerrte inzwischen an den Schnüren, die sein Hemd am Hals zusammenhielten. Seine Brust war schweißnass.
    »In der Schublade liegen Handschuhe.« Mit dem Kinn deutete er auf den Schreibtisch. »Zieh sie an.«
    »Warum?«
    »Tu es einfach.«
    Frustriert knirschte ich mit den Zähnen, befolgte aber den Befehl.
    Neben den Handschuhen fand ich sein Messer mit dem schwarzen Griff, säuberlich in einer Scheide verpackt. Sein Anblick ließ mich kurz zögern. Ich wandte dem Wächter den Rücken zu und streifte die Handschuhe über. Nicht einen einzigen Fingerabdruck würde ich hinterlassen. Mit dem Daumen schob ich das Messer aus der Scheide.
    »Das würde ich gar nicht erst versuchen.«
    Ich hielt abrupt inne, als ich seine Stimme hörte.
    »Kalter Stahl kann keinen Rephait töten«, fuhr er sanft fort. »Selbst wenn du mir die Klinge ins Herz stoßen würdest, würde es nicht aufhören zu schlagen.«
    Drückende Stille breitete sich aus. »Das glaube ich nicht«, erwiderte ich schließlich. »Ich könnte dich abstechen. Du wärst zu schwach, um wegzulaufen.«
    »Wenn du dieses Risiko eingehen möchtest, nur zu. Doch vorher solltest du dir folgende Frage stellen: Warum gestatten wir den Rotjacken, Waffen zu tragen? Wenn eure Waffen uns töten könnten, wären wir dann wirklich so dumm, unsere Gefangenen damit auszustatten?« Sein Blick bohrte sich förmlich in meinen Rücken. »Das haben schon viele versucht. Keiner von ihnen ist noch hier.«
    In meinem Arm breitete sich kribbelnde Kälte aus, und ich schob das Messer zurück an seinen Platz. »Ich wüsste nicht, warum ich dir helfen sollte«, sagte ich dann. »Beim letzten Mal hast du dich nicht gerade dankbar gezeigt.«
    »Dafür werde ich vergessen, dass du mich töten wolltest.«
    Das Ticken der Standuhr entsprach genau meinem Pulsschlag. Schließlich warf ich einen Blick über die Schulter. Das Licht in seinen Augen wurde schwächer.
    Ganz langsam ging ich zum Bett zurück und legte die Sachen auf den Nachttisch. »Wie ist das passiert?«
    »Das weißt du.« Der Wächter lehnte sich krampfhaft gegen das Kopfteil des Bettes und biss schmerzerfüllt die Zähne zusammen. »Du hast nachgeforscht.«
    »Emim.«
    »Ja.«
    Diese Bestätigung jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Schweigend mischte ich in der Schale Salz und Wasser zusammen. Der Wächter beobachtete jeden Handgriff. Nachdem ich eines der Handtücher eingeweicht und ausgewrungen hatte, beugte ich mich über seine rechte Schulter. Der Anblick und der Gestank der Wunde ließen mich zurückschrecken.
    »Sie ist brandig«, stellte ich fest.
    Das Fleisch hatte ein fauliges Grau angenommen und nässte. Die Haut ringsum war glühend heiß. Seine Körpertemperatur war bestimmt doppelt so hoch wie es bei einem Menschen gut gewesen wäre, sogar durch die Handschuhe konnte ich die Wärme noch spüren. Das Gewebe im Umfeld des Bisses starb bereits ab. Was ich vor allem brauchte, war ein fiebersenkendes Mittel. Nick verwendete normalerweise Chinin, um bei uns die Temperatur zu senken, aber das hatte ich nicht. Die Beschaffung war einfach, man konnte es problemlos in Sauerstoffbars mitgehen lassen, wo sie es wegen der Fluoreszenz einsetzten. Ich bezweifelte allerdings stark, dass ich hier welches auftreiben könnte. Salzwasser und eine Menge Glück würden reichen müssen.
    Ich tröpfelte etwas Wasser auf die Wunde. Seine Armmuskulatur spannte sich so stark an, dass an der Hand die Sehnen hervortraten.
    »Tut mir leid«, entschuldigte ich mich, bereute es aber

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