The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
Furcht und Verachtung im Blick kam er her und ließ mich wissen, dass ich unverzüglich in den Gemächern des Oberhauptes erwartet werde.
„In seinen Gemächern? Und wo sind die?“, fragte ich Payton.
„Ich werde es dir zeigen. Geh du wieder an deine Arbeit, Michael.“
Das ließ sich das Pickelgesicht nicht zweimal sagen. Schnell verschwand er zwischen den anderen Bediensteten. Ein Blick in Paytons funkelnde Augen und ich musste zugeben, seine Gesellschaft war mir tausendmal lieber. Erleichtert, das Essen neben Nathaira überstanden zu haben, erhob ich mich und ließ mich vom Highlander meines Herzens aus der Halle führen.
Schon im Flur war die Stimme von Nanny MacMillan zu vernehmen. Sie klang noch immer ungehalten, aber der besorgte, fast zärtliche Unterton war ebenfalls unverkennbar.
Nach einem knappen Klopfen öffnete Payton die Tür, und wir traten ein. Neben der Tür stand ein schmächtiges Mädchen mit ordentlicher Schürze und einem Häubchen auf den blonden Zöpfen. Sie tat so, als wäre sie nicht da. Vermutlich galt ihr nur zu oft dieser ungehaltene Ton, sodass sie selbst dann ein schlechtes Gewissen plagte, wenn die Amme mit jemand anderem schimpfte.
Die resolute Dame hatte den Hausherrn bereits so weit es nötig war entkleidet und den Verband entfernt. Nun tastete sie die Wunde ab, und als Fingal unter dieser Berührung zusammenzuckte, fing sie von Neuem an zu meckern.
„Unten in der Halle so tun, als wärt Ihr ein junger Spund, der keinen Schmerz kennt, und hier unter der kleinsten Berührung zusammenzucken, das habe ich gerne!“
„Schweig, Weib, dein ewiges Gemecker kann ja kein Mensch ertragen“, rief nun Fingal und bedeutete mir, näher zu kommen. „Das ist übrigens Miss Cameron. Sie hat den Pfeil entfernt.“
Ich knickste vor der älteren Frau, die mich mit einem kurzen Blick maß, ehe sie nickte und zur Seite trat, damit ich mich zu ihr an das Bett stellen konnte.
„Das sieht sehr gut aus“, lobte sie mich und tastete weiter die Wunde ab. „Ich hätte es nicht besser gekonnt, aber die Rötung macht mir Sorgen.“
Auch mein ungeübter Blick sagte mir, dass sich die Wunde leicht entzündet hatte. Ich wusste nicht, wie wir das verhindern konnten.
„Ich habe versucht, es so sauber wie möglich zu verbinden“, rechtfertigte ich mich.
„Zaubernuss und Knoblauch brauchen wir, dazu etwas Schafgarbe und ein wenig Hilfe vom Herrgott, dann wird das wieder.“ Sie scheuchte das Mädchen los, die Kräuter zu besorgen, und machte sich derweil daran, Leinenstreifen aus einem Korb zu ihren Füßen zu holen.
„Ihr habt großes Glück gehabt, dass der Pfeil Euch nicht umgebracht hat“, erklärte sie dem Laird. „Wäre er nur etwas weiter oben eingedrungen, bliebe uns nichts weiter zu tun, als Euer kaltes Grab zu beweinen. Ihr solltet in Zukunft solche Dinge Euren Söhnen überlassen“, schlug sie vor.
Fingal schnaubte. „Ich wünschte mir, solche Dinge wären in Zukunft nicht mehr nötig. Ich bin diese Kämpfe leid. Je älter ich werde, desto mehr sehne ich mich nach Frieden.“
Er lächelte mich an. „Wie siehst du das, Lassie? Bist du ein friedvolles Mädchen oder liegt dir der Kampf im Blut?“
Obwohl seine Frage leicht dahergesagt klang, kribbelte mein Nacken.
„Ich kann kämpfen, Sir. Für die Dinge, die mir wichtig sind, aber ich habe kein Interesse an irgendwelchen Fehden.“
„Vernünftig, Kind“, mischte sich die Amme ein und drückte mir eine Schüssel mit bräunlicher Paste in die Hand. „Hier, trag das um die Wunde herum auf“, wies sie mich an und beendete das Gespräch, indem sie Fingal einen Schluck aus einer Flasche zu trinken gab, woraufhin dieser würgend nach Luft schnappte.
„Willst du mich vergiften, Weib?“, brüllte er, wischte sich den Mund ab und funkelte Nanny MacMillan böse an.
„Was glaubt Ihr wohl? Liegt jetzt still, damit das Kind die Kräuterpaste ordentlich auftragen kann.“
So ging es noch einige Zeit weiter. Wir kochten einen Sud aus den Zutaten, die das Mädchen brachte, tränkten damit die Leinenstreifen und verbanden alles ordentlich. Später am Abend würde die Amme die Breipackung entfernen und die Wunde neu verbinden. Sie dankte mir für meine Hilfe und übergab mich erneut in Paytons Obhut, der geduldig und schweigend gewartet hatte, bis wir unsere Behandlung abgeschlossen hatten.
Nun führte er mich durch die dunklen Gänge, und nur vereinzelt beleuchtete ein blasser Streifen Mondlicht unseren Weg.
Die Tage in dieser
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