The Cutting
zurückzuschauen.«
»Und du hast Casey bekommen. Die perfekte Lösung, oder nicht?«
»Nicht ganz. Ich war ursprünglich davon ausgegangen, dass Sandy ihre Tochter wenigstens ab und zu mal sehen wollte. Einen Tag in der Woche, ein Wochenende im Monat, die Ferien im Wechsel, irgendwas in der Art.«
»Aber das wollte sie nicht?«
»Nein. Sie hat ja kaum einmal angerufen. War immer viel zu beschäftigt damit, shoppen zu gehen. Oder zur Pediküre. Oder was zum Teufel sie sonst mit ihrer Zeit so anstellt. Casey war zehn Jahre alt und sehr, sehr verunsichert, und dann macht ihre eigene Mutter ihr auch noch deutlich, dass sie sich nicht einmal in ein Taxi setzen und sie besuchen oder auch nur mit ihr telefonieren will. Ich fand das damals absolut unverzeihlich. Wahrscheinlich werde ich das auch immer so sehen.«
»Hast du jemals mit Sandy darüber geredet?«
»Ich hab’s versucht. Vielleicht nicht intensiv genug, aber ich hab’s versucht. Nur leider ging es in jedem Gespräch mit Sandy über kurz oder lang nur noch um Sandy. Wie viel sie in ihrem neuen Leben zu tun hätte. Wie schwierig es sei, sich auf einen neuen Mann einzustellen. Ganz besonders auf einen, der keine Kinder haben will. Wie unsicher sie sei, ob sie emotional schon wieder so weit wäre, die Rolle der Mutter anzunehmen. So ging es die ganze Zeit. Ich kann jedes einzelne Gespräch wortwörtlich wiedergeben. Jedes Mal sind wir irgendwann an einen Punkt gelangt, wo ich nicht mehr zuhören konnte und wütend den Hörer auf die Gabel geknallt habe. Und dann hat es Wochen gedauert, bis ich die Energie für einen neuen Anlauf zusammenhatte.«
»Und während der letzten drei Jahre hat es keinerlei Kontakt gegeben?«
»Nein. Abgesehen von ein paar ziemlich kostspieligen Weihnachts- und Geburtstagsgeschenken. Beim letzten war nicht mal eine Karte dabei. Es wurde einfach geliefert. Wir nehmen an, dass es von Sandy war, weil wir sonst niemanden kennen, der ihr etwas von Tiffany’s schenken würde.« Er klang leicht gereizt. Die Wut keimte langsam wieder in ihm auf. Sie fühlte sich an wie eine gute, alte Bekannte.
McCabe ging in die Küche, um sich noch einen Scotch einzuschenken. Doch dann ließ er es bleiben. Er wollte unbedingt klar im Kopf sein, falls Casey mit ihm über die ganze Sache sprechen wollte. Er spülte das Waterford-Glas aus und stellte es hoch oben ins Regal, damit es nicht aus Versehen heruntergerissen werden konnte. Dann setzte er sich wieder ans Fenster.
»Weißt du, als ich dieses Jobangebot aus Portland bekommen habe, da habe ich den Leuten – und mir selbst – gesagt, dass das Leben in einer Kleinstadt für Casey besser wäre. Die Arbeit würde mich nicht so sehr in Anspruch nehmen. Ich hätte mehr Zeit, ihr ein guter Vater zu sein. Das hat auch alles gestimmt, aber ich wollte ihr damit gleichzeitig helfen, die Vernachlässigung durch Sandy zu verarbeiten. Ich habe gedacht, dass diese Entfernung von über fünfhundert Kilometern es vielleicht leichter machen würde zu akzeptieren, dass ihre Mutter nicht einmal genügend Interesse aufbringen kann, um sich zu erkundigen, wie es ihr so geht.«
»Und, hat es funktioniert?«
»Nicht so richtig. Als sie mir heute Morgen das Bild von Sandy gezeigt hat, da ist mir klargeworden, dass sie immer wieder darüber nachgedacht haben muss, wie es wohl wäre, wenn sie eine Mutter hätte. Ich habe sie gefragt, ob sie Sandy wiedersehen möchte. Sie hat Nein gesagt. Dann hat sie mich gefragt, ob wir beide heiraten würden. Du und ich. Sie wollte wissen, ob du dann ihre Mutter wärst.«
»Was hast du geantwortet?«
»Dass es irgendwann durchaus sein kann, dass wir aber noch nicht so weit sind.«
»Das war die richtige Antwort.«
»Bist du sicher?«
»Ja. Im Augenblick jedenfalls. Kann ich dich noch etwas anderes fragen? Es könnte sein, dass du es als verletzend empfindest, und du kannst mir jederzeit sagen, dass ich die Klappe halten und mich um meinen eigenen Kram kümmern soll – aber da du schon übers Heiraten sprichst, geht es mich vielleicht doch etwas an. Gerade hast du gesagt, dass du wegen Casey nach Portland gezogen bist. Aber meinst du nicht, dass du das zumindest ein kleines bisschen auch für dich gemacht hast?«
Er wusste nicht so recht, worauf sie hinauswollte. »Wie meinst du das?«
»Nach der Scheidung, hast du dich da nicht auch ein bisschen gefreut? War da nicht eine Stimme in deinem Herzen, die jubiliert hat? ›Jippie! Ich habe den Hauptgewinn gezogen. Ich darf dieses
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